[162] C.

S.

C.S.E.S.C.

S.

C.


Casparus Schvvenckfeldius est Sanctus Christianus

Caspar Schwenckfeld Ein Seeliger Christ

Vnd Zeug der reinen Warheit ist/

Sein gedechtnüß bleibt jederfrist/

Wird nicht gedempfft durch Satans list.


Der Frommen Lob breittet auß mit reden und schreiben/

Der Gerechten gedechtnüß wird im Segen bleiben,1

Kein Teuffel oder böser Mensch wird sie vertreiben.
[162]

Caspar Schvvenckfeld von Ossing ist

Der Warheit zeug, ein Frommer Christ;

Hat Gottes Wort bey seiner zeit

Durch red und schreiben außgebreitt/

Vnd umb deßwillen viel gelitten/

Weil Satan wieder ihn gestritten/

Vnd seine Hund' an ihn gehetzt/

Die ihm starck haben zugesetzt/

Vnd hätten ihn zerrissen gern:

Aber er war im schutz des Herrn/

Sie musten ihn passieren lassen

Frey unbeschädigt seine strassen.

Er hat gelebet Gott zum preiß/

Vnd ruhet itzt im Paradeys:

Sein Bücher gehn/ Satan zum trotz/

Durch Stät und Land/ sind vielen nütz/

Auch kommen Gott sey lob zu mir/

Viel gutes ich darinnen spühr/

Des waren Wortes Eigenschafft/

Sein lebendige würcklich krafft/

Sein wesen her von Ewigkeit/

Wird uns hirin klar angedeut.

Auch vom Buchstab der Heilig'n Schrifft/

Was sein Würckung und art betrifft/

Vnd daß er nur sey ein Figur/

Des Waren Worts contra-factur/

So für den eussern Menschen ist;

Aber Gottes Wort Jesus Christ/

Ist Geist und Leben/ redt inwendig/

Machet allein das hertz verständig/

Endert der Menschen sinn und muth/

Reicht weiter dann der Buchstab thut.

Das Eußer nur die Ohren rührt/

Das Inner wort zum Geist einführt;[163]

Bringt mit ihm lebens krafft und safft/

Ohn diß das Eußer weinig schafft/

Drumb soll man nach dem Innern trachten/

Das Eußer aber nicht verachten;

Sondern zum zeugnuß nemen an/

Weil es uns dazu dienen kan/

Vnd ist darumb gebracht ans Liecht/

Daß es uns sey zum unterricht/

Vns tröst/ lehr und vermahn mit fleiß2

Zuführ/ und auff das Inner weiß:

Kan sonst nichts mehr/ ist viel zu schlecht;

Der Geist ist Herr/ der Buchstab knecht.

So ich des Worts krafft soll geniessen

Muß der Herr selbst mein hertz auffschliessen.

Gleich wie der Purpur Krämerinnen/

Alß wir in Actis lesen künnen.3

Vmbsonst ist was man hört und list/

So nicht das Wort inwendig ist.

Paulus pflantzt/ Apollo begeust/

Vom Herren das gedeyen fleust,4

Das inner kan sein wirckung haben/

Ohn eußer mittel und Buchstaben:

Aber ohn krafft des innern liechts/

Wircken die eußern mittel nichts.

So uns soll nutz seyn hörn und lesen/

Muß wircken diß das ware wesen.

Das Wort das uns die Schrifft erklert/

Die Salbung die uns alles lehrt/

Ist die warheit die niemand treugt/

Ein Mund ohn falschheit/ der nicht leugt/

Der Schlüssel Davids der auffschleust/

Der Brunn darauß die Weißheit fleust/

Ein Liecht so das hertz illustrirt;

Der Weg so uns zum Vater führt.

Im Anfang war dieß Lebens Wort/

War bey Gott/ war Gott/ bleibt hinfort/[164]

Bey Gott und Gott in Ewigkeit.

Vnd diß Wort ward Fleisch in der zeit/

Ist zu uns in die Welt gekommen/

Ward von der Welt nicht angenommen:

In der finsternuß scheint diß liecht/

Die finsternuß begreifft es nicht.

Druch diß Wort ist die Welt gemacht/

Vnd/ was man sicht/ ans liecht gebracht:

All' wachsende ding kommen fort

Noch täglich/ durch diß kräfftig Wort.

Diß Wort ist der Balsam in allen/

In Thieren/ Kräutern und Metallen.

Alles wird durch diß Wort bewegt/

In diesem Wort sich alles regt.

O blinder Menschen unverstandt/

Möcht euch diß Wort seyn recht bekant!

Ihr würdet ander sachen spühren/

Vnd viel ein bessers leben führen/

Aber wer ist der darnach fraget?

Man schreyt und schreibt/ man singt und saget/

Ist alles umbsonst und verlohren/

Verstockt und verstopfft sind die ohren.

Das mach't der böse will allein/

Keiner begehrt recht weiß zu seyn;

Jedermann meynet er sey klug/

Der Buchstab geb' ihm liechts genug.

Kompt einer her und sagt vom Geist/

Der wird sehr übel abgeweist/

Vnd alß ein Ketzer hart verklaget/

Incarcerirt oder verjaget/

Genant Schwenckfelder und Phantast/

Rosencreutzer/ Enthusiast/

Chiliast/ Weigelianist/

Davidianer/ Neutralist.

Welche nicht mit dem grösten hauffen

Den breiten Welt-weg wollen lauffen:[165]

Sondern nach Christi Lehr sich halten/

Die sind verhasst bey Jung'n und Alten.

Ja, alle die den innern grund/

Mit hand und mund recht machen kund/

Vnd vom Geist sagen oder schreiben/

Können nirgend mit frieden bleiben.

Der Dreyköpffige Hund der Hellen/

Kan's lassen nicht/ muß sie anbellen:

Ihr keiner vom Geist hören will.

Wilt haben fried/ schweig davon still;5

Das inner wort redt viel zu hart/

Wieder des alten Adams art.

Es ist dem fleisch ein schweres Creutz/

Keiner von den Welt-kindern leidts/

Weil sie zu weit sind außgefallen;

Der alte Wahn ist starck in allen.

Die breite Bahn ist leicht zu lauffen/

Man helt es mit dem grösten hauffen.

Welt gunst und freundtschafft hindert viel/

Daß man nicht kompt zum rechten Ziel.

Der Gelerten Authorität/

Vielen frommen im liecht auch steht/

Daß sie nicht wieder kehren ein/

Zu dem darauß sie kommen seyn.

Der Ketzer Name manchen schreckt/

Daß er den kern der Schrifft nicht schmeckt.

Keiner will sich gern schelten lassen/

Vnd sehn daß ihn die Freunde hassen.

Man liebet mehr Welt-freund' und Ehr/

Alß Gottes Wort und reine Lehr.

Darumb bleiben auch viel dahinden/

Werden die Weißheit nimmer finden.

Aber all' die sich hertzlich gern

Woll'n lassen lehrn vom Geist des Herrn/

Vnd nach dem schatz im Acker trachten/

Welt-kunst/ gunst und freundtschafft verachten/[166]

Schmach/ schelt- und Läster-wort vertragen/

Nach Ehr und Ansehn nicht mehr fragen/

Die Welt und alle ding verlassen/

Ja, auch ihr eigen leben hassen/

Die sind durch Gottes gnad geschmückt/

Würdig gemacht und wolgeschickt/

Im innern Tempel einzugehn/

Des Herren Herrlicheit zusehn.


Oratio


O Wesen das all' ding beweg't/

In dem sich alles Wesen reg't/

O inner Kern/ O Morgenstern/

O glantz der Herrlicheit des Herrn/

O sprechendes Wort/ Gottes Sohn/

Sende herab von deinem Trohn

Deine Weißheit/ zu lehren mich/

O Gott von Gott, erbarme dich.

O Liecht von Liecht brich doch herein/

Vnd meiner Seelen grund beschein:

Mach auff das thor meins Hertzen weit/

Zeuch ein/ laß sehn dein Herrlicheit.

O du mein Leben, Lieb und Liecht/

Komb doch/ erleucht mein angesicht:

Laß mich nicht mehr im finstern gehn/

Weil meine augen auff dich sehn/

Wie auff die händ der Herrn und Frawen/

Der Knecht und Mägde augen schawen.

Vertreib die finsternuß inwändig/

Vnd mache mich doch recht verständig:

Mein unverstand ist dir bekant/

Helff mir davon/ sonst kan niemand.

Kom Herz besuch dein eigen hauß/

Die Tauben-krämer treib darauß/

Stoß umb die bänck der Wechseler/

Daß sie darin nicht handlen mehr;[167]

Dir geb ichs gantz/ befehl dirs gar/

Mach doch dein werck drinn offenbar/

Nach deinem guten wolgefallen;

Der du alles regierst in allen/

Schick alles zu deins Namens Ehr/

Diß und nichts mehr begehr ich Herr/

Dein Reich zukomb/ dein Herrlichkeit

Werd allenthalben außgebreitt/

Dein Nahm sey Hochgebenedeyt/

Heut und auch Ewig nach der zeit.


Amen.


H.

I.

K.

L.

D.

H.I.K.L.D.S.D.L.K.I.H.

D.

L.

K.

I.

H.


HErr Iesu Komb LDoch Scheinen

Deines Liechts Klarheit Im Hertzen.

Gib wiederumb nach dem weinen

Trost und Underung in schmertzen.

Fußnoten

1 Prov. 10. vers. 7.


2 Rom. 15. 4.


3 Cap. 16. vers. 14.


4 1. Cor. 3.v.6.


5 C.

C.L.C.

C.

Cerberus Lästert Chrillum.


Quelle:
Anna Ovena Hoyers: Geistliche und Weltliche Poemata, Amsteldam[!] 1650, S. 162-168.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche und Weltliche Poemata
Geistliche und Weltliche Poemata (Deutsche Neudrucke)

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Bozena

Bozena

Die schöne Böhmin Bozena steht als Magd in den Diensten eines wohlhabenden Weinhändlers und kümmert sich um dessen Tochter Rosa. Eine kleine Verfehlung hat tragische Folgen, die Bozena erhobenen Hauptes trägt.

162 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon