[185] In meinem kleinen Sans Souci,
O liebster Freund, besuche mich!
In seinem großen Sans Souci
Ist unser Cäsar Friederich,
Mit seiner reichen Politik,
Mit seiner lieblichen Musik,
Mit seiner gründlichen Kritik
Und Taktik und Metaphysik,
So glücklich lange nicht, als ich
Mit meiner armen Poesie
In meinem kleinen Sans Souci.
Klein ist es, größer könnt' es seyn.
Auch meine Kämmerchen sind klein;
Zwey Musen, Amor, ich und Du,
Mehr, wahrlich! gehen nicht hinein;
Doch, sehn wir uns darin allein,
So schließen wir die Thüren zu,
Und lassen keinen mehr hinein![186]
Wozu sollt' es denn größer seyn?
Das große Sans Souci gönn' ich
Von Herzen meinem Friederich.
Ihm folgen allenthalben Haufen
Von königlichen Sorgen nach;
Ins Kabinet, ins Schlafgemach
Wird nachgeritten, nachgelaufen;
Geruhig unter seinem Dach
Läßt Eichel1 ihn nicht Einen Tag;
Couriere kommen angeflogen,
Er liest, ein großes Wetter dräut,
Beweise geben zwanzig Bogen
Voll schändlicher Treulosigkeit.
Verbunden wider einen Weisen
Sieht er um sich die ganze Welt;
Er sinnt, beschließet, ist ein Held;
Die Götter und die Menschen preisen
Den Philosophen und den Held,
Und wer ihn stürzen wollte, fällt.
Allein, was hat er von der Ehre,
Daß er ein Fels im Meere war?
Daß er die rasende Megäre[187]
Zurück in ihre Hölle zwang,
Und sie mit Ketten feste band,
Und sein geliebtes Vaterland
Errettete vom Untergang?
Was hat der Held von dieser Ehre,
Von dieser täglichen Gefahr?
Im fünften und im sechsten Jahr
Von diesen zwanzig großen Siegen?
O, liebster Freund! ich schwör' es Dir:
Bist Du mit Deiner Muse hier
In meinem Sans Souci bey mir;
Von meinem täglichen Vergnügen
Geb' ich ihm keinen Tag dafür!
1 Geheimer Kabinetsrath des Königs.
Buchempfehlung
Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro