Auf Adelaides Fächer

[197] Der Fächer:


Zephyr! du Menschenfreund!

Komm aus deinen Gebüschen,

Komm, wir wollen vereint

Adelaiden erfrischen.


Zephyr.


Vereint mit dir?

Ich, dessen rosigte Schwingen

Die ganze Natur verjüngen?

Es winken mir

Lilien und Narcissen;

Es rufen mich zu Tänzen und Küssen

Im fröhlichen May

Götter und Nymphen herbey.[198]

Dich aber schuf, mein Säuseln nachzuahmen,

Die Mode-Tändeley

Am Putztisch eitler Damen,

Ein kleines Spielwerk ohne Namen,

Verdammt zu ew'ger Sklaverey.

So wehe denn mit deinem gebrechlichen Flügel,

Du thörichtes Ding!

Und ich erwart', am Sonnenhügel,

Den goldnen Schmetterling.


Der Fächer.


Achte mich immer gering,

Du, mit deinem schönen Flügel,

Welchen der Himmel bethaut!

Ich, mit Adelaiden vertraut,

Und von ihrer Hand getragen,

Lasse dir, in Frühlingstagen,

Deine Götter und Nymphen, sonder Neid;

Denn, von diesen Sterblichen getragen,

Eil' ich manche leise Klagen,

Manches Lächeln zu verstecken,[199]

Und der Wangen Röthe zu decken,

Still besorgt, daß ihre Lieblichkeit

Dieser ungeheiligten Erde

Nur im Schleyer sichtbar werde.

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 2, Zürich 1819, S. 197-200.
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