Das III. Capitel /

Von denen Personen / derer Lohenstein gedencket.

[8] Die Personen / derer im Arminius gedacht wird /haben entweder Nahmen oder nicht; Auf den letztern Fall sinds mehrentheils Leute / die nach Arminius Tode gelebet / und dahero ihre Nahmen ihme ohne Prophetischen Geist nicht haben bekant seyn können. Weil aber dennoch nichts neues unter der Sonnen geschieht / hat Lohenstein1 seine Leute als vor ihrer Zeit geschehene Dinge erzehlẽ lassen / was doch erst nach seiner Zeit geschehen ist. Diese weder mit wahren[8] / noch erdichteten Nahmen benennte wahrhaffte Personen zu errathen / dürffte manchem schwer genug gefallen seyn; weßwegen demselben nicht unangenehm seyn wird / daß man in denen bald folgenden absonderlichen Anmerckungen / solche Mühe ihm zu ersparen / an gehörigen Oertern geflissen gewesen ist.

Die ausdrücklich-angeführten Nahmen aber sind dreyerley Art / und haben entweder nirgends /oder allenthalben / oder nur da und dort eine verdeckte Bedeutung. Zur ersten Art gehören die meisten Haupt-Personen2 und die ihnen bekant und bedient gewesen /3 deßgleichen alle /4 derer Nahmen ietztbesagten Alters halben haben bewust seyn / und daher in ihren Gesprächen gemeldet werden können. Und von diesen allen ist unnöthig gewesen in denen absonderlichen Anmerckungen etwas zu gedencken; weil entweder solche dem Leser bekant seyn /oder doch aus des Hoffmanns / Lloyds / Stephani und anderen Lexicis leichtlich bekant werden können. Dannenhero / wenn der geneigte Leser über den und jenen Nahmen am gehörigen Blate in offt-gedachten absonderlichen Anmerckungen nichts angemerckt finden solte / soll er wissen / daß er solchen Nahmen zu dieser ersten Gattung rechnen müsse. Wolte man nun auch diesen Personen eine geheime Bedeutung aufdichten und also aus der Liebes-Geschichte ein blosses Rätzel machen / würde man des Verfassers Absehen eben so grosse Gewalt thun / als jener dem Gvarini / der dessen Pastor Fido, der vor seine Liebste sich aufopffern lassen will / auf den vor seine geliebte Gemeine sterbenden Christus gedeutet / oder andere dem Virgilius / die seine vierdte Ecoglam auf Christi Geburt gezogen; Allerseits nicht ohne Nachsinnen / schwerlich aber nach des Guarini oder Virgilius eigenen Sinn und Meynung.

Zur andern Gattung gehören lauter solche Personen / von denen in deren absonderlichen Anmerckungen ein genugsamer Bericht erstattet worden; Zum Exempel: Valuscenes /5 Mars /6 Facsarif /7 Sekkes /8 Tirchanis /9 Asteloth /10 Gotart /11 Gunholm12 / und so weiter.

Die zur dritten Art gehörigen hat man in denen Anmerckungen mit Fleiß übergangen / wenn kein geheimer Verstand darunter steckt; Hingegen aber erkläret /wenn unter solchen alten Nahmen etwas neues verborgen liegt. Wie beym Marbod /13 Cariovalda /14 Aembrich15 und dergleichen zu sehen seyn wird.[9]

Hierbey ist zu mercken / daß solche falsche Nahmen mehrentheils durch Versetzung der Buchstaben unkentlich gemacht worden; offters auch wohl wahrhafft seyn / aber aus beystehenden falschẽ Namen gleichfalls für falsch müssen erkant werden. Zum Exempel: Im I. Theil II. Buch / könte Hermion wohl von einem Unverständigen vor einen rechten alten Teutschen gehalten werden / weil wahrhafftig unter den alten Teutschen ein Fürst mit Nahmen Hermion gewesen. Allein daß es Rudolph von Habsburg / erster Römischer Käyser aus dem Hauß Oesterreich sey / giebt unter andern der seltzame Nahme seines Schwieger-Sohns Valuscenes zu erkennen / aus welchem durch Buchstaben-Versetzung Venceslaus heraus kö t. Gleicher gestalt würde beym Orismanes16 wol niemand an den Marechal de Biron gedencken /wenn nicht dabey des Trebosserex (das ist / Robert Esser /) zugleich Meldung geschähe.

So ist auch nicht aus der acht zu lassen / daß öffters ein einiger Nahme mehr als eine Person bedeute. Zum Exempel: Divitiac ist im I. Theil p. 982. D. Martin Luther / p. 985. aber Heinrich IV, Königin Franckreich; Lissudaval ist p. 132. col. a. Vladislaus Sigismundus König in Pohlen / und doch eben daselbst col. b. Vladislaus König in Ungarn / Käyser Ferdinand I. Schwäher-Vater. Gegentheils hat eine einige wahrhaffte Person unterschiedene erdichtete Nahmen an unterschiedenen Oertern. Zum Exempel /die Königin Christina in Schweden heist Canistria /17 Thinacris18 Tirchanis /19 Vocione20; die Königin Elisabeth von Engeland wird Telesbia21 / Boudicea22 / und Antiope23 genennet. König Heinrich der IV. in Franckreich wird durch den vierdten Induciomarer24 / Rubonor Fürst der Bigerrionen25 /Divitiac König der Suessoner26 und Ambiorich27 angedeutet. Wenn bey Einmischung einer kleinen Geschichte gesagt wird / diß oder jenes sey vor wenig Jahren / neulichst / nechsthin / und so weiter geschehen / so ists gewiß und fast allezeit eine Geschichte / die Lohensteins Zeit weit näher als der Zeit des Arminius kömmt; wenn aber etwas vorlängst soll geschehen seyn / so ists eine Geschichte / die nicht lange nach Arminius / lange aber vor unser Zeit geschehen. Man besehe zum Exempel I. Theil p. 142 /allwo Thinacris Königin Christina in Schweden / Rakimis König Johann Casimir in Pohlen / Heerulk Valer. Maximianus Herculeus / Nidotical Diocletianus ist. Ingleichen wenn eine Jahrzahl ausdrücklich gemeldet wird / ist gewiß eine neue Geschichte angedeutet worden; wovon Exempel zu finden in denen absonderlichen Anmerckungen zum I. Theil p. 125. b. 674. a.

1

Besiehe zur Probe unsere absonderlichen Anmerckungen über I. Theil p. 91. b. 94. a. 118. a. 167. a. 169. a. 270. a.u.s.w.

2

Zum Exempel: Thußnelda / Asblaste Arpus / Ganach / Melo / Ismene / Leitholde / Arngrim / Erato /Augustus / Tiberius / Germanicus / Rhemetalces /Zeno / Flavius / u.s.w.

3

Adgandester / Salonine / Slawata / Schweinitz / die Gräfin von der Lippe / und dergleichen.

4

Alexander der Grosse / Scipio / Hannibal / Marius /Bojorich / Plato / Aristoteles / Herostratus / u.a.m.

5

Das ist: Wenceslaus / Böhmischer Erb-Printz.

6

Das ist: Rudolph / wie auch Albrecht von Oesterreich / Käyser Rudolph des I. Söhne.

7

Fairfax.

8

Essex.

9

Christina Königin in Schweden.

10

Der Graf von Athol (oder Atholes.)

11

Gustav Adolph / König in Schweden.

12

Gustav Horn.

13

So ferne er wider Briton seinen Herrn einen Aufruhr erwecket / ist er Olivier Cromwell; so ferne er den Bojen-König Critasir vertreibet / ist er Carl Gustav König in Schweden; so ferne er aber mit denen Römern / Cheruscern / Gothonen / Semnonern zu streiten hat / ist nichts mehr / als er Marobodus beym Cornelius Tacitus.

14

Dieser ist I. Theil p. 365. der Printz von Uranien /nunmehr König von Engeland) Wilhelm Heinrich; sonst nichts mehr / als der bey dem Tacitus erwehnete Fürst der Bataver Cariovalda.

15

So ferne er mit dem Julius Cäsar Händel hat und Cattivolck sein Bruder / Ingviomer sein Sohn / Asblaste seine Schwieger-Tochter / Herrmann sein Enckel ist / ist er der alte beym Cäsar gedachte Ambiorix /Hertzog derer Lande / so heute Tage Braunschweig und Lüneburg heissen / so ferne er aber den Löwenmuth zum Sohn und die Teutsche Feldherrschafft hat /auch mit Arabarn / Briton und Gotarten krieget / so ferne ist er Ferdinand II. Römischer Käyser.

16

I. Theil p. 304.

17

I. Theil p. 229.

18

I. Theil p. 142.

19

I. Theil p. 1328.

20

II. Theil p. 522.

21

I. Theil p. 229.

22

I. Theil p. 1016.

23

I. Theil p. 304.

24

I. Theil p. 226.

25

I. Theil p. 984.

26

I. Theil p. 985.

27

II. Theil p. 1268.

Quelle:
Daniel Caspar von Lohenstein: Großmütiger Feldherr Arminius, Zweyter Theil, Leipzig 1690, S. VIII8-X10.
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