Das Eingebinde

[127] Frau Löwin kam im Cedernwald

Mit einem Knäblein wohlgestalt

Ins erste Wochenbette.

Da war im ganzen Reich kein Thier,

Das nicht dem Prinzen oder ihr

Was eingebunden hätte.


Der Esel trat zuerst herbey

Und sang mit bardischem Geschrey

Ein Lied zu beyder Lobe.

Sogar gedruckt verehrt ers ihr.

Gut, sprach sie, das ist zart Papier,

Tragts in die Garderobe.


Drauf goß der Tieger wohlgemuth

Drey Löffel voll von seinem Blut

Dem Löwchen in den Rachen:

Nun kannst du kalt auf Leichen stehn,

Rief er, und ohne wegzusehn

Der Unschuld Thränen lachen.
[128]

Herr Fuchs strich seinen Schwanz mit Lust

Dem Kind auf Stirne, Mund und Brust

Und sprach: Erlauchter Knabe,

Dir bring ich den Machiavell,

Gebunden in ein Lämmerfell,

Zur treuen Opfergabe,


Gleich einem Stutzer balsamiert

Ließ nun der Geißbock hoch frisiert

Sich mäckernd also hören:

Nimm hin die Kunst zum Zeitvertreib

Der Wittwe Kind, des Armen Weib,

Hochfürstlich zu entehren.


Das nöthigste Geschenk, versetzt

Der Salamander, kömmt zuletzt;

Hier bring ich Molchpomade:

Nur brav das Herrchen mit geschmiert,

Auf daß ihm, wenn es einst krepirt,

Der Hölle Glut nicht schade.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 1, Tübingen 1802, S. 127-129.
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