Rübezahl verwandelt sich in einen Esel.

[266] Ich weiß mich zuentsinnen / daß ich einsmals mit einem Manne geredet habe / welcher aus der Frembde gekommen / und sonderlich in Ost-Indien sich lange auff gehalten hatte: Dieser sagte / daß er einsmals des Nachtes gereiset hette / und nach dem er müde gewesen / sich beym Monden Scheine nach etwas umb gesehen / drauff er sitzen und ruhen möchte; da habe er gemeinet / es lege nicht ferne[266] von ihm ein Klotz oder Block worrauff er sich alsbald nieder gelassen. Doch ist er hernach inne geworden / daß es eine greuliche dicke Schlange gewesen / in dem es sich gereget / und fort gekrochen. Diesem Betruge soll auch der Rübenzahl einmal ziemlich nach gekommen seyn: in dem etwan ein Glaser / so über das Gebirge gegangen / und über die schwere Last des Glases / so er auffn Puckel gehabt / müde geworden / und sich ebenmessig nach einen Sessel umb geschauet / worauff er ein wenig aus ruhen mögte. Was geschicht? der Rübezahl / als ein schlauer Geist und Gedancken-Kündiger Gast / verstehet des Glasers Verlangen / und verwandlet sich drauff in einen rundten Klotz; denn der Glaser im Wege nicht lange hernach antrifft / und mit frohen Muthe auff solchen sitzen gehet. Doch weret[267] diese Freude auch mit den ermüdeten Glaser nicht lange; Sintemal / da er in besten Ruhen ist / und auff kein arges oder Hinterlist Besorgung trägt / der runde Klotz sich freywillig unter dem Glaser so geschwinde weg weltzet / daß der arme Kerl mit sampt dem Glase zu boden schläget / und alle Scheiben in etzliche tausend Stücklein zerbricht. Nach diesem Fall hat sich der Mann wieder in die Höhe gericht / und zwar nach dem Blocke sich weiter nicht umb gesehen / als welcher sich schleunig aus dem Staube gemacht und in etwas anders verwandelt hat / wie wir hernach hören werden: doch hat selbiger betrübter Glaser bitterlich angefangen zu weinen / und seinen Schaden / den er ungefehr erlitten beseufftzet; ja er ist auch zu gleich in etwas mit weiter fort gegangen. Da ist ihm bald der verstellete[268] Rübezahl in eines Menschen / und zwar reisenden Gestalt erschienen / fragende: was er doch so weine / und worüber er Leid trage? drauff hat der befragte Glaser den gantzen Handel von forne an erzehlet; wie er nemlich allhier auff einem Blocke gesessen / in willens habend / etwas aus zu ruhen / da were er von solchen mit sampt den Glase herunter geschlagen / und hette alles Glaß / daß ihme wohl acht Thaler kostete / zerbrochen; ja er wüste nicht / wo er sich wieder erholen solte und diesen Schaden aus wetzen oder ersetzen. Hierauff hat der mitleidente Rübezahl ihme erstlich zu gered / er solle sich zufrieden geben: Er wolle selber helffen / daß er in kurtzen zu allen Verlust wiederumb gerathe / und auch noch wohl profit erhalte. Nemlich er hat weiter gesagt / und den Possen entdecket / daß er es gewesen:[269] als welcher sich zu erste in Bloche verwandelt / und hernach fort geweltzet hette. Doch solle er nur guts Muths sein. Er (der Rübezahl) wolle sich ferner in einen Esel verwandlen; solchen solte der Glaser mit sich führen / und unter dem Gebirge einem Müller verkauffen / doch nach überkommenē Gelde sich bald davon machen. Was geschicht? in Eyle wird Rübezahl zum Apulejum oder Creutz-Thier / das ist / auff gut deutsch / in einen Esel verwandlet: drauff setzt sich der Glaser nach überkommene Parol, getrost / reitet solchen vom Gebirge hinunter / und præsentiret ihn einem Müller / bietet ihn auch feil vor zehen Thaler / und bekömpt darauff bald neune / weil der Esel den Müller so sehr wohl gefallen / welcher doch nie gewust / quid serus vesper veheret. Der Glaser aber hat solches Geld ohne[270] Seumung eingestecket / und ist seines Weges fort gegangen. Was den Calvinischen oder reformirten Esel weiter belanget; so ist solcher domaln in einen Stall gethan oder gesperret worden: in welchen des Müllers Knecht ihn hernach besuchet / und Heu zufressen vorgeleget: darzu er auff Bileamsche Esels Weise an gefangen zu reden / und gesprochen: Ich fresse kein Heu; sondern lauter Gebratens und Gebackens. Wie der Knappe pro ruditu diesen eruditum asinum so ungewöhnlich Apuleisiren mit Bestürtzung gehöret / ist er flugs davon gelauffen / als wie ihm der Kopff und der Arsch brente: Und hat seinem Herrn diese neue Post gebracht; daß er einen Sprachkundigen Esell hette. Solches nimpt den Müller auch nunmehr Wunder und eylet flugs zum Stalle zu dem Gesellen[271] zu hören: Aber so bald er auff sichet / ïst er verschwunden; und hat den guten Müller umb neun Thaler betrogen; Doch welcher zu vor vielleicht anderer Leuten so viel werths Mehl abgestolen hat. Hat also der Rübezahl hierinne Abrechnung gehalten.

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Praetorius, Johannes: DaeMonoLogia RVbInzaLII sILesII. Leipzig, Arnstadt 1662, S. 266-272.
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