Rübezahl carniffelt einen Becker was ab.

[26] Anno 1658. soll der Schlesische Wundergeist nach Hirschberg gegangen seyn / und allda bey einem berüchtigten Becker allerhand Gattungen Brodt eingekauffet haben; Welches der[26] leichtfertige Geselle mit einander über die massen sehr hatte auff schwellen oder blehen lassen / und mit den hineingethanen Hefen unbillicher massen in die höhe getrieben und locker gemacht hatte. Von dieser Materie nimmt der verstellte Rübezahl die betrüglichsten Stücke zu sich /und verschaffet gleich zur Stunde ein Gewerbe / daß der Becker über das Gebürge dieselbe Zeit reisen muste: Wie nun dieser Becke gleich auff des Rübezahls seinen erkohrnen Platz gerathen / siehe / da kömpt der Rübezahl in voriger Gestalt mit seinen Semmeln und andern eingekaufften Brodte herfür / præsentiret darneben einen gedeckten Tisch / und heist den gegenwärtigen Becken nieder sitzen: Fänget allerhand Discurs mit dem Oelgötzen an / und fraget auch endlich von ihm: Obs müglich sey / weil man das Gewissen an einen Nagel hengen könne / daß man auch die Seele ins Brodt zu backen vermöchte? Darauff erstarrte der / ihm übel bewuste /[27] / und nunmehr bestürtzte Becker-Kuntze: Und konnte kein Wort hervorbringen / weil er sich mit gegenwärtigem Brote in seinem sündhafftigen Hertzen überzeiget befand. Rübezahl aber hingegen fieng weiter an / und / in dem er die Semmeln auffbrach / und die holen Löcher zeigete / sprach er: Siehe / in diesen Klüfften steckt deine Seele: In dieses Brodt hastu sie hinein gebacken: Und weil du mir nunmehr dein Brodt verkauffet hast / so hastu auch zugleich deine Seele drinnen verkauffschlaget / verhandelt und verhudelt? Darauff stellte er sich ungebärdiger / und rastete den Becker bey der Cartause an / sich erzeigende / als wolte er ihn hinweg reissen / oder gar in Stücken zureissen / wiewol er ihn nur was druckte / Maultaschen außtheilete / und so viel harte Schläge zubrachte / als der Ubelthäter grosse Löcher im Brodte hatte auffqvellen lassen. Drüber denn der Becke greulich zu schreyen begunte /und[28] mit einem Schwur betheurete / daß er sein Lebenlang nicht mehr das Brodt so vortheilhafftig und betrüglich backen wollen; sondern es derber kneten /dichter und an sich selber grösser machen / gesonnen wäre. Hierauff ließ er den Brodtdieb lauffen / sagende: Wo du dich nicht besserst / so will ich dich auff eine andere Art zaufen.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 26-29.
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