Rübezahl steckt in einer Feder.

[82] Es wolte auff ein andermal ein vornehmer Mann seinen Beleidiger in Schreiben greulich außmachen / und setzte derowegen die Feder an / und hatte grausame Worte vor auffs Papier zu verzeichnen; Aber solches gelung ihm nicht / in deme die Feder weit andere Buchstaben mahletee als er sie anführete; Nemlich /er schrieb immer fort: Hör du guter Mensch: Ich bin ein Hahnrey / du bist ein ehrlicher Mann: Ich bin ein Schelm / mein Frau ist[82] eine Hure: Du bist ein auffrichtiger Kerl; Und mit solchen Wörtern brachte er unwissend den gantzen Brieff zu / da er doch vermeinte / er hätte ihn weit anders gestellet / und seinem Feinde dichte gegeben. Ey / ey / eine hüpsche Sache: Würde es noch heutiges Tages also zugehen / und der Rübezahl in wehrer Leute Federn sitzen / vielleicht würden die meisten Brieffe auff einerley Weise stillisiret / und schlechte Verenderung in der Phrasiologia gebrauchet. Ich meine / es würde mehrentheils auff Hahnereystäten hinaus lauffen: Doch würde noch eins dabey zu betrachten seyn / daß man die Siegel nothwendig ins Horn müste graben lassen / und kein ander Metall nach diesem mehr gebrauchen: Es sey denn /daß das Hahnereyische Seculum bald aus werde. Und auff diesen Schlag könnten die Hörner stattlich genutzet werden / man könte nemlich auch die alte Manier zugleich hervor suchen / aus den Hörnern zu[83] trincken / da ein Hahnrey dem andern würde bescheiden thun; Man könte den Gänsen die Federn lassen / damit sie desto höher fliegen lerneten / und endlich mit des Gonsali Schwänen in den Mond zufliegen gewohnten / hingegen könte man sich der Hörner gebrauchen /Schreibfedern davon zu schneiden. Solte einer aber zweiffeln / wo man die Hörner hernehmen wolte /weil nicht Ochsen gnug darzu in der Welt seyn möchten / und ein iedweder Hahnrey seine eigene derenthalben herunter müste sägen lassen: So riethe ich /daß man den Depositorem abschaffte / welcher den Knaben in der Jugend die besten Hörner vermutzet /und sie schwerlich zum Wachsthum gerathen lässet. Würde nun ein ieglicher auch die Hörner so man aus Mutterleibe bringet / behalten / so könte ein ieder zweyerley Hörner haben / und könte gar wohl ein paar zur Nothdurfft im reiffen Alter entbehren / und hingegen das beste paar der Hahnreyschafft[84] behalten. Weiter könten die Cantores auch den Clavem damit angeben. Und endlich dürffte das Ding auch so gar unehrlich nicht seyn / denn es kömmt mir nicht anders vor /als wie Horn von Honor komme. Hahnrey lautet fast wie Honori: Also / daß einer nur wünschen möchte /in die kützlichte Ehre hinein zukommen: Und solches zwar viel rathsamer / als der Isaacus Peyrerius wünschet in die Freundschafft der Jüden zu seyn / umb ihre künfftige Erlösung mit zu erwarten: Die wir Gott lob ohne das richtig haben / die Schelmischen Jüden aber schwerlich erwarten dürffen.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 82-85.
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