Rübezahl gräbet Rüben.

[90] Es hat mir ein alter Fuhrmann aus Schlesien für warhafftig beygebracht / daß er vor 10. Jahren über das Gebürge haben gehen müssen; da ihm unterwegens ein grosser Durst angekommen / aber nicht gewust /wie er denselbigen stillen solte. In dem er also ziemlich matt gewesen / da siehet er nicht weit von der Strassen einen Mann Feldrüben graben: Zu solchem war er hingangen / und hatte umb ein paar dergleichen Rüben fleissig gebeten / die ihm auch nicht waren versaget worden / sondern bald gegeben. Wie nunmehr der Fuhrmann sie habhafft gewesen / und sie auch fein safftig befunden; da hat er sein Messer außgezogen / eine davon geschelet / und[90] gantz auffgegessen / wie groß sie auch gewesen: Die andern hat er bey sich verwahret gehalten / biß auff weiter Bescheid. Und in dem geschihet es / daß er in ein Wirtshaus unter dem Gebürge einkehret / da er die ander Rübe beym Kopff zu kriegen willens war. Siehe da zeucht er keine rechte Rübe mehr hervor / sondern in Gestalt einer Rüben ein grosses Stück Bergwerck /welches mehrentheils klar Gold gewesen. Das lasse mir einen reichen Rübezahl seyn / der lauter Geld zur Verehrung giebet / denen die nicht arglistig / sondern freundlich mit ihm umbgehen!

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 90-91.
Lizenz:
Kategorien: