Rübezahl hauet Späne.

[181] Vor etlichen Jahren sol ein Mägdlein ungefähr einen Holzhacker auff dem Gebürge erblicket haben / zu solchen ist sie (wie mir alhier ein Goldschlägers Gesell beygebracht hat / der des Ortes gereiset / und gar wohl kündig ist:) hingegangen / und hat umb eine Schürtze voll Späne gebeten / welche sie auch leichtlich erhalten / wie wol sie / sie schwerlich[181] behalten hat: Denn als sie eine Ecke weg gekommen / da seynd ihr die gesamleten Splitter so schwer geworden / daß sie etliche hat müssen wegwerffen / nach welcher Verlust sie eine Erleuchterung vermercket / und mit den übrigen fortgetrabet ist. Aber wie sie wiederumb ein bißgen weiter gerathen / da deuchtet ihr abermahl /daß das Holtzwerck unmüglich / wegen vermerckte Beschwerung / könte mit einander fort geschleppet werden / drauff sie von neuen etliche Späne wegschmeisset: und solches etliche mahl verrichtet / biß sie endlich den Rest vollendes auff die Erde und zu Boden aus Unbilligkeit wirfft / und also leer nach Hause schleicht: Weil sie so gesehen / daß sie durchaus mit dem Qvarge nicht möge fortkommen. Wie sie nunmehr so gut nach ihren Herren wiederumb kömpt /als sie weggegangen gewesen / wird sie zu Rede gestellet / da sie sich denn weinend entschuldiget / sprechende / es were ihr etliche mahl so[182] ängstiglich geworden / daß sie endlich froh gewesen / wie sie der Last überhoben geworden / durch freywillige Außschüttung des Holtzwerges: Und in dem siehet der Mann auff ihre Schertze etwas blanckes und gläntzendes Ding / gehet hinzu / und krieget sie dabey / aber bey das blancke Ding meine ich: Da er denn befindet /daß es ein stücke Gold gewesen / und derentwegen das Mädgen zurücke schicket / das verwährlosete zu suchen: Aber da war eine Eule gesessen / und nichts befindlich gewesen. Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 181-183.
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