Zehnter Auftritt


[39] Quecksilber. Linda. Später Hassar.


LINDA. Aber was haben S' denn gmacht? Warum hats denn keine Dukaten geregnet?

QUECKSILBER. Still, ich bin froh, daß keine Schläg geregnet hat, zum Tröpfeln hats schon angefangen. Aber was nützt das? Ich bin doch ein gschlagner Mann; die Falsche hat mir meinen Stock vertauscht.

LINDA. Machen Sie sich nix draus. Es gibt ja noch mehr Stöcke in der Welt. Vergessen Sie sich selbst nicht über Ihren Stock, sein S' lustig.

QUECKSILBER. Was nützen mich jetzt alle Stöcke in der Welt! alle Weinstöcke, alle Haubenstöcke, alle Hackstöcke – dieser war der erste. –

LINDA. Nun, so lassen S' halt jetzt den ersten Stock gehen, und ziehen wir uns in zweiten oder in dritten hinauf, so haben wir eine schönere Aussicht.

QUECKSILBER. Ach, du bist noch die einzige treue Seele, die ich habe. Meine Dienerschaft hat mich verlassen.


Hassar horcht an der Türe.


LINDA. Verlassen Sie sich auf mich, ich gehe mit Ihnen durch, wann S' wollen.

HASSAR. Nun wart, du Katze!

QUECKSILBER. Ich weiß jetzt kein anders Mittel, als daß ich mein goldenes Schiff ins Versatzamt schick, damit wir ein Reisegeld kriegen.

LINDA. Aber wie kommen wir denn fort?

QUECKSILBER. Das ist Kinderei. Da setzen wir uns zusammen, hängen die bezauberte Binde um, und wo wir uns hinwünschen, können wir sein.

HASSAR. Der Kerl beutelt die Talismane nur aus dem Ärmel heraus.

LINDA. Nun, und da bist du so mutlos und willst davonlaufen? das ist ja eine Kinderei. Mit dieser Binde wünscht du dich in das Kabinett der Prinzessin, wenn sie allein ist[39] – drohst, sie zu massakrieren, wenn sie dir dein Horn und deinen Stab nicht zurückgibt, und du wirst sehen, sie bittet dich noch um Pardon.

HASSAR. Ein sauberer Plan, das entdeck ich augenblicklich meiner Gebieterin. Wart, du Hexe! Ab.

QUECKSILBER. Richtig, du hast recht; so gehts prächtig! Da wär ich mit meinem Plutzerkopf nicht drauf kommen! Mädel, du bleibst schon bei mir; und wenn ich wieder reich bin, so vergold ich dir den Drathnerhof und mach dir 'n zum Präsent.


Duetto


QUECKSILBER.

O liebes Madel, schau mich an

Und denke dir, der schöne Mann,

Der Füßchen hat als wie ein Pfau,

Macht dich zu einer gnädgen Frau.

LINDA.

Dann geb ich täglich Assemblee,

Und meine Schalen zum Kaffee,

Die müssen von Brillanten sein,

Und goldne Kipfel tunkt man ein.

Dann fahren wir mit Roß und Wagen,

QUECKSILBER.

Die Pferd laß ich mit Silber bschlagen.

LINDA.

Ich lad die schönsten Herrn ins Haus.

QUECKSILBER.

Und ich, ich wirf sie wieder 'naus.

BEIDE.

Die Möbeln sind von Ebenholz,

Und wir sind beide schrecklich stolz,

Ich steig daher als wie ein Hahn

Und schau schon gar kein Menschen an.

LINDA.

Die Binde hier trägt uns mit flüchtigem Sinn

QUECKSILBER.

In einem Tag durch die vier Weltteile hin.[40]

LINDA.

Im Morgenland nehmen das Frühstück wir ein,

QUECKSILBER.

Und ich trink in Grünzing geschwind ein Glas Wein.

LINDA.

Dann bleibn wir in Holland ein wenig zu Haus

QUECKSILBER.

Und schaun in Brasilien zum Fenster heraus.

LINDA.

Des Mittags, da speisen wir beide allein,

QUECKSILBER.

Da kehrn wir beim Sperl in Afrika ein.

LINDA.

Ein Gfrornes sollt halt auf die Jausen wohl sein.

QUECKSILBER.

Da setz ich dich mitten ins Eismeer hinein.

LINDA.

Und wanns zum Soupieren aufn Abend wird kühl,

QUECKSILBER.

Da essn wir in Ofen, so friert uns nicht viel.

LINDA.

Doch gehen wir schlafen, das fällt mir nicht ein,

Wo wird unsre Ruhe am sichersten sein?

QUECKSILBER.

Das sollst du schon wissen, das ist ja bekannt,

Am sichersten ruht sichs im Östreicher Land.


Beide tanzen ab.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 39-41.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Barometermacher auf der Zauberinsel
Historisch kritische Ausgabe Band 1: Der Barometermacher auf der Zauberinsel, Der Diamant des Geisterkönigs
Raimundalmanach / Der Barometermacher auf der Zauberinsel

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Unsühnbar

Unsühnbar

Der 1890 erschienene Roman erzählt die Geschichte der Maria Wolfsberg, deren Vater sie nötigt, einen anderen Mann als den, den sie liebt, zu heiraten. Liebe, Schuld und Wahrheit in Wien gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

140 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon