Hagwardus der liebhaber

[206] Im grünen ton Heinrich Frauenlobs.


31. mai 1546.


1.

Hagwardus war aus Schweden

ein edler schöner jüngeling

am denmerkischen hofe,

der war in lieb entzünt gehling

gen des künigs tochter Signe,

dergleich so liebet sie in auch von herzen.

Durch neid und hinterreden

fing der adel ein lermen an;

des königs sun erschluge

er und balt aus Denmark entran;

im gschach der jungfrau halben we,

entlich überwant in der liebe schmerzen,

Legt an ein frauengwande

und bracht dem könig einen brief

von Haco aus dem lande

und kam ins frauenzimer.

die junkfrau in gar balt erkent,

ließ in ir kemnat in behent

bitten, als hets mit im zu reden imer.


2.

In freudenreicher liebe

lag bei der allerliebsten sein

Hagwardus; der tet sagen:

»ergriff mich der her vatter dein,

ich müst leiden ein harten tot;

was wolstu tun?« da antwort sie hinwider:

»On dich ich auch nit bliebe;

ich wolt, herzliebes lieb, mit dir

sterben oder genesen.«

in dem ward er verkuntschaft schier[207]

und wurt gefangen da, in not

in einen kerker tief geleget nider.

Frü wart das urteil geben,

das er solt sterben an dem strang.

die jung küngin sprach eben

zu all iren junkfrauen:

»weliche mit mir sterben wolt?«

nun hetten sie die alle holt,

wolten mit ir all sterben mit vertrauen.


3.

Als aus gefüret wurt der teuer,

sach er sein lieb im fenster wol,

er neiget ir sein haubet,

gesegnet sie vor, leides vol;

nachdem entzündet sie den sal

und henket sich mit all iren junkfrauen.

Als nun aufging das feuer,

sah ers an dem galgen und sprach:

»nun wil ich geren sterben

und meinem herzlieb faren nach,

die ir treu helt an mir zumal

und stirbt um mich, als ich ir tet vertrauen;

Die lieber dan mein leben

mir hie auf diser erden was,

wil ich beleiten eben.«

der henker tet in henken,

also nam er ein frölich ent –

die schwedisch cronica bekent.

lieb tut von lieb in lieb noch leit nicht wenken.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 206-208.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Arnim, Bettina von

Märchen

Märchen

Die Ausgabe enthält drei frühe Märchen, die die Autorin 1808 zur Veröffentlichung in Achim von Arnims »Trösteinsamkeit« schrieb. Aus der Publikation wurde gut 100 Jahre lang nichts, aber aus Elisabeth Brentano wurde 1811 Bettina von Arnim. »Der Königssohn« »Hans ohne Bart« »Die blinde Königstochter« Das vierte Märchen schrieb von Arnim 1844-1848, Jahre nach dem Tode ihres Mannes 1831, gemeinsam mit ihrer jüngsten Tochter Gisela. »Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns«

116 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon