Von Sanct. Anna/ Der Mutter Mariæ

[1.]

Sanct[.] ANN die Edle Fraw/

Sehr hoch gebohren/

Wol außerkohren/

Hie als ein Spiegel schaw.

Jst aller Frawen/

Ein Spiegel von Cristall/

Darinn die Frawen all/

Sich können schawen.


2.

Sie förcht vnd liebte Gott/

War wol erfahren

Von jungen Jahren/

Jn Göttlichem Gebott/

Wol könt sie betten/

Folgt jhrer Eltern Rath/

Den sie mit keiner That/

Nie vbertretten.


3.

Jm Ehstand war zu sehn/

Wie sie erzogen/

War zu gewogen/

Wo sie jhr Hertz hat stehn/

Sehr früh am Morgen

Richt sie jhr betten auß/

Darnach das gantze Hauß

Thät sie versorgen.
[85]

4.

Kein Gut der gantzen Welt/

Mit allen Schätzen/

Mocht sie ergätzen.

Sie hatt kein ligend Gelt/

Ließ sich erbarmen/

Was jhr vermögen war/

Jhr Gut theilt sie all Jahr

Kirchen vnd Armen.


5.

Jhr Nam thut sagen wol/

Wer sie gewesen/

Wie außerlesen/

Wie Gnad vnd Tugendt voll/

ANNA gnade heist

Die jhr mit voller Handt

Vom Himmel hat gesandt/

Gott der heylig Geist.

6.

Was ist gleich diesem Weib?

Das hoch zu loben/

Den Himmel oben

Getragen hat im Leib/

O Maria schon/

Sanct. ANN dein Mutter ist/

Vnd du der Himmel bist/

O du Gottes Thron.


7.

Ey Mutter/ Mutter gut/

Wir Kinder lauffen

Zu dir mit hauffen/

Halt vns in guter Hut.

Jesus Maria/

Sanct. ANNE Schoß ist groß/

Setzt vns zu euch in Schoß/

Jesus Maria.

Quelle:
Friedrich Spee: Die anonymen geistlichen Lieder vor 1623, Berlin 1979, S. 83-86.
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