[39] Denen Hoch-berühmten Gerenschäffern. Glykandern Hypsilas und Dafnis. Eigenet dieses Zweite Zehen der Geharnschten Venus dienstlich zu Filidor der Dorfferer.


Treues Kleeblat dreyer Hirten/

die der Zefyr außgesezzt/

die kein Nordwind ferner hezzt

an des Amors falsche Syrten.

Werden meine Venus-Grillen/

meiner Liebe Wiederwillen/

welch' ihr in der Ruh verlacht

auch bey Euch was sein geacht?


Was? geachtt? ich muß ja schreiben

was die kühne Feder will

besser was/ als in der Still'

allzeit um Vakunen bleiben.

Wen die donnernde Melpose

treibt auß ihrem ernsten Mose/

muß auß Venus Kanzeley

nehmen seine Schreiberey.


Wo mich kan ein Beyspiel schüzzen/

zieh' ich die Poeten an/

die dergleichen auch gethan

mit Ergezzen und mit Nüzzen.[39]

Wer die allzugrossen Lasten

über können an- wil -tasten/

mag es tuhn. Ich bin zu schwach/

meine Schultern geben nach.


Lieben/ das gepreißte Lieben

wekket meine Musen auff.

Amatusens Myrten-Hauff'

Hat mein Feuer auffgetrieben.

darmit straal' ich. Nennt es Dünste/

nennt es Thorheit oder Künste/

gönnt mir Venus einen Tanz:

Wol! fahr hin du Lorbeer-Kranz!


Wo Ihr noch nicht zu den Alten/

alte Freunde/ seyd gezehlt/

wo ihr Freude noch erwehlt

und vor wilde nicht zuhalten:

wird Euch/ was ich von dem Lieben

hab' in diesem Zehn geschrieben/

eben so genehme sein/

als führt' ich was ernstlichs ein.


Freyer Geister freye Sinnen

sehn nicht allzeit sauer auß.

Denn ein Scherz und denn ein Schmauß

müssen uns die Zeit gewinnen.

Den hat Ammon nicht gemachet/

der nicht auch zuweilen lachet.

Besser ist es/ nie gelebt

als in Sturm-sehn stets geschwebt.


Kenn' ich noch das alte Herze

daß ihr habt vor dehm geführt/

wie auch Euch offt Lust gerührt

und wie ehmals Ihr im Scherze[40]

manches Liebes-Lied gesungen

daß die Hütten wieder klungen:

Bild' ich mir beglaubet ein/

diß werd' Euch nicht wiedrig sein.


Nehmt derhalben/ Liebste/ nehmet

dieses frohe Venus-Werk/

als ein kleines Gunst-gemerk.

Venus wird ja nicht beschämet/

daß sie frische Rosen träget/

Die der Floren Garte heget.

Ein betrübter Amarant

ist der Venus unbekant.


Hamburg den 21. Augustm. 1657.


Euer Hertzensvertraute Herrn und Freunde/

Durch so viel Jahre unverenderter

Diener Filidor/ der Dorfferer.

Quelle:
Kaspar Stieler: Die geharnschte Venus, Stuttgart 1970, S. 39-41.
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