Psalm. 91. Qui habitat in

[669] Trostpsalm, Daß so wir auff Gott trawen, in seinem Wort bestendig bleiben, In in nöten anrüffen, Er vns gnediglich schützen, vnnd endlich selig machen wölle.


1.

Wer Gott zum schirm vnd schutzherrn hat

vnd kan sich jm vertrawen,

Gelebt seinr gnaden frü vnd spat,

auff seine handt thut schawen,

Der spricht zum HERR ›Mein zuuersicht,

mein hoffnung, trost vnd leben!

Ich hoff auff dich, verlaß mich nicht,

errette mich gar eben

vons jägers strick,

von Pestilentz vnd vngelück.‹


2.

Wann du vndr seinen fettichen bist

vnd dich sein flügel decken,

Bist sicher vor des teuffels list,

dich mag keyn vnfal schrecken,

Wann du seinr warheyt glauben wilt

vnd was sein wort zusagen,

So wil er sein schirm, schutz vnd schildt,

daß du nit kanst verzagen,

vnd fleugt zu rück

list, freuel, gwalt, all böse tück.


3.

Daß dich des nachts keyn Graw vertrag

durchs feindes list vnd triegen,

Des tags keyn pfeil nicht schaden mag

die plützlich einher fliegen.

Ob Pestilentz fast vmbher schleich,

vil tausend würd verschlingen

Vnd zehen tausend stürtz die seuch,

so muß dir doch gelingen,

vnd trifft dich nicht,

weil Gott ist deine zuuersicht.


4.

Auch wirstu deines hertzen lust

an den Gottlosen sehen

Vnd Gottes sterck erkeunen must,

wann die Rach ist geschehen,

Daß Er jr Sünd vnd missethat

gar reichlich wirdt vergelten,

Vnd wer wartet auff seine gnad,

der wirt sein nicht entgelten,

jm mangelt nicht,

weil Gott ist seine zuuersicht.


5.

Der seinen Engeln hat befohln

daß jn auff all seinn wegen

Vor aller plag behüten solln,

keyn vbels mög begegen,[669]

In auff den henden tragen schön,

daß Er seinn fuß nicht letze,

Auff Lewn vnd Ottern wirt er gehn,

soln sich widr jn nicht setzen,

Lew oder Drach

mögen jm thun keyn vngemach.


6.

Gott spricht ›Weil Er meiner hülff begert

vnd auff mein gnad kann trutzen,

Sol Er seinr bitt auch sein gewert,

ich wil jn ewig schutzen,

In aller not wil bei jm sein,

jn gnediglich erhören,

In reissen auß der hellen pein,

bringen zu grossen ehren,

durch meine gab

heyl vnd Ewig leben hab.‹


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 669-670.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Neukirch, Benjamin

Gedichte und Satiren

Gedichte und Satiren

»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon