Das sechste Capitel.

Nicht verschoben, sondern alsobald soll die Buß verricht werden.

[886] Die Bereuung der Sünden, soll gleich jetzt der Beicht vor, der Genugthuung nachgehen.


Von einem jungen Cistercer-Mönch erzählet mehr gedachter Cæsarius l. 3. c. 5. und bewehret diese Geschicht durch Aussag eines Dom-Herrns zu Münster.

Weyland P. Prior zu Seywelt, von der Ungestimmigkeit des Teufels einen Besessenen zu erlösen, beruffen, gehet in Begleitung eines jungen Mönchs, mit seinem guten Gewissen [886] ausgerüstet dahin, und als er nahend darbey kommen, ruffet der Sathan: den jungen Mönch förcht ich nicht, etlich Stücklein weiß ich von ihme. Dieser Ruf macht ihm einen, aber keinen grossen Schröckē, weilen er sich nur etlich läßlich einschleichenden kleinen Sünden schuldig gewußt: verfügt sich derowegen zuruck, reumüthig diese seine Sünden zu beichten: nach verrichter Beicht eylet er geschwind dahin, und erkühnet den Sathan zu fragen, ob er ihme noch einiges Stücklein vorrupfen konte? zweifle nicht antwortet der Teufel: dann die Geisel ist ausgeblieben: der junge Mönch versammlet seine Gedancken, und befindt, daß er die auferlegte Buß verschoben: gehet noch einmahl ins Closter solche zu verrichten. Demnach konte er ihm weiter nichts vorrupfen.

Die auferlegte Buß soll nicht verschoben werden, damit nichts in der Sacramentalischen Buß ermangle.

Es geschiehet zwar, daß manche Beicht-Vätter, aus gewissen Ursachen solche Bussen aufgeben, welche sich auf ein Zeit lang erstrecken, damit die Büssende ihrer sündlichen Neigung, oder bösen Gewohnheit sich mehr und öfter erinnern, und solcher sich abthun mögen.

Einen im Sumpf der Geilheit steckenden, wurd durch die Buß auferlegt, wochentlich, ein oder zweymahl, in kalten Winter, in einem Weyer, oder tieffen Wasser ein Stund lang zustehen, die muthige Hitz der Unkeuschheit abzukühlen. Was die Unbescheidenheit des Beicht-Vatters auferlegt, das hat der einfältige Büsser mit Gefahr seines Lebens verrichtet. Doch kan niemand dessen Thun schimpfen, und jenes seinen Eyfer gut heissen.

Einen hochgebohrnen Ritter, welcher zu einem Königlichen Freuden-Fest und Fürstlicher Tafel eingeladen worden, am Dienstag, an welchem er sein Andacht verrichtete, gab der Beicht-Vatter die Buß, jenen Tag keinen Wein zu trincken: diesem Cavallier war diese kein geringe, doch weilen er die Nüchterkeit liebte, ein geliebte Buß, am Tag der Frölichkeit nichts vom Saft der Frölichkeit verkosten. Er verbleibt darbey, mit der Gnad, welche ihm die Sacramentalische Buß eingegossen, vergnüget.

Hierbey wünsch ich hertzlich allen Beicht-Vättern die werthe Tugend des Heil. Abbten Antonii. Dieser fragt einsmahls seine versammlete Brüder, welche die werthiste Tugend seye, die alle bewerth machet? Die Aussag ergieng auf den Glaub, auf die Lieb, auf die Demuth, auf die Beständigkeit, etc. Geliebte Brüder, ihr sagt zwar recht, aber ihr habt die Tugend aller Tugenden hiemit nicht benennet: die Tugend aller Tugenden ist die Bescheidenheit, welche St. Paulus nennet, rationabile obsequium, die vernünftige Dienstleistung.

Mit Bescheidenheit soll der Beicht-Vatter hören, fragen, solche Bussen auflegen, welche von keiner Tod-Sünd unterbrochen, (so viel es seyn kan) bald mögen verrichtet werden.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 886-887.
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