25.
Wie die junckfrawen einer der künigin ertzettin ir heymliche liebe zů wissen thůndt, irs raths und hilff darinn begeren.

[254] Nit lang nach disen dingen begab sich, das Philomena und auch Rosamunda allein bei einander waren. Philomena anhůb aber von irem allerliebsten ritter zů reden unnd sagt: ›Rosamunda, mein allerliebste, geb doch gott einmal das glück, das uns mit unser allerliebsten rittern ein geniegen sein möchte unnd aber ein semlichs on alle sorg beschehen möcht. Fürwar ich darumb gern leiden wolt etwas, so mir übel bekäm, ich sprich schier, ich wolt mich hernach nit widern zů sterben. Nun aber ist uns allein solchs nit müglich zůwegen zů[254] bringen, wir müßten dann einen gehilffen darzů haben. Darnach laß uns mit löchstem fleiß bedencken!‹

Rosamunda sprach: ›Mein liebe junckfraw, mein begeren warlich auch dermaßen gericht wer, das wir uns einmal allein bei unsern allerliebsten rittern möchten finden. Das ir aber sprechen, uns ein gehilffen von nöten sein, beduncket mich warlichen ein fast sorgliches ding sein, kan auch darzů gar keinen raht nit finden. Sagend mir doch, wem wolten wir unser sach so gar vertrawen, da uns nit zwyfaltige sorg in alleweg umbgeben würd! Dann nyemandts an disem hoff wonet, so gern ettwas wider ewern brůder, den künig, handlet. So will uns auch nit gebüren, die ding ausserhalb dem hoff anzůfahen. Wo wir aber yemandts finden möchten, so uns in gantzen trewen meynet, es müßt aber ein weib unnd kein mann sein; dann sunst wer aller anschlag umbsunst.‹

Philomona sprach: ›Rosamunda, die ding ich alle wol ermessen kan. Aber mich gedaucht, ich mir ein vertrewte person an disem hoff finden solt; unnd das ist mein ertzettin, so allweg sich freündtlich gegen mir in allen trewen erzeyget hat; ich hab sye auch all mein tag nye in einem stuck ungerecht gegen mir befunden. Nach deren, meynt ich, wolt ich schicken unnd ir die sach von weitem erkleren. So ich dann ein antwort von ihr bringen möcht, wolt ich bald an ir vernemen, wes sinns oder willens sye wer.‹

Rosamunda sprach: ›Liebe junckfraw, es möcht villeicht also sein. Die ertzettin aber auch vil bei meiner frawen, der künigin, wonet, gegen deren sye sich etwann möcht hören lassen, darauß uns dann zůvor der gröst unraht entstohn möcht.‹ – ›Dem will ich wol vor sein‹, sprach Philomena, ›dann ich mich dermaßen gegen ihr will hören lassen, das sye ettwas von den beyden rittern [nit] vernemmen mag, so lang ich ihrer trewe gantz gewissz bin. Deßhalb, mein Rosamunda, du on allen zweifel sein solt unnd gang hin, heyß mir die fraw kummen! Dann mir endtlichen vor ist, sye werd sich nach allem unserm begeren halten.‹

Die junckfraw Rosamunda wol zůfriden was, schnell hingieng, da sye die ertzettin wußt zů finden, die dann in irem gemach was. Als nun Rosamunda ir der junckfrawen Philomena[255] bottschafft zů wissen thet, die zůstund bereyt was, zů Philomena kam. Die sye mit grossen freüden empfahen thet sye zů ir nidersitzen hieß, anhůb und sprach: ›Mein allerliebste Laureta, darumb ich nach dir hab geschicket, will ich dir kürtzlich zů verston geben. Das ist allein beschehen, das ich deines raths pflegen mög. Du solt wissen, das ich mit einem schweren [ge]dancken beladen bin, davon mich nyemandts dann du oder der todt entladen mag. Und so du mir dein hilff und trost entyiehen thůst, will ich mich williglich dem todt angesicht deiner augen ergeben. Darumb, mein allerliebste Laureta, mir dein hilff unnd trost nit entziehen wöllest.‹ Damit Philomena stillschweygend hertziglich anhůb zů weinen.

Als nun Laureta, die ertzettin, der junckfrawen red vernam, sye ein groß bedauren mit ir haben ward, anfieng und sprach: ›Gnädige liebe junckfraw, nit völlend einsmals also erschlagen sein, sunder entdeckend mir ewer anligen; will ich mich mit allem fleiß darein schicken. Dann mich kein ding auff erden beschweren soll, damit ich euch berathen und beholffen sein wißt, unnd ob ich schon mein leib unnd leben darumb verlieren solt. Des sond ihr euch zů mir in allen trewen versehen.‹ Philomena sprach: ›Mein liebste Laureta, ich hab dich nye anders dann in waren und rechten trewen befunden; darumb ich dann yetzund auch meinen besten trost auff dich gestelt hab. Aber ich besorg, so du mein anligen vernemen werdst, du dich nit darzů begeben, wiewol die sach an ihr selbs nit so sorglich ist.‹ Laureta anhůb und sprach: ›Ir sond, allerliebste junckfraw, nit lenger verziehen unnd mir ewer anligen entdecken. Ihr sond sehen, das ich mich in keinen weg sparen will, sunder meinen dienst unverzogenlich an euch beweisen.‹

Als nun Rosamunda fraw Laureta also reden hort und ir aber Philomena nit antwurt geben wolt, hůb sye an und sprach zů Philomena: ›Liebe junckfraw, dieweil euch fraw Laureta mit semlichem trost und zůsagen so vil versprochen und zůgesagt hat, so wolt ich mich nit so lang bedencken, sunder ir mein anligen zů wissen thůn, damit die gůt fraw nit also in zweiffel wer.‹ Philomena anhůb unnd sprach: ›Mein allerliebste Laureta, mich hat vor langer zeit ein edler ritter mit züchtiger[256] unnd eerlicher liebe umbfangen, und hab seydher nye mögen also vil zeit haben, in deren ich doch mich mit einem freündtlichen gespräch mit im het mögen ergetzen, wiewol ich des in keinen andren weg beger, dann was mit zucht und ehr beschehen mag; das will ich dir allhie versprechen und zůsagen. Nun bist du allein die, so mir ein semlichs zůwegen bringen mag. Darumb du dich, mein allerliebste Laureta, gegen mir gnädiglich beweisen wöllest unnd mich nit also in sinnen und verlangen lassen umbkummen.‹

Als nun fraw Laureta das frembd begeren von Philomena vernam, sye sich nit gnůgsam verwundren mocht, ein klein weil also ungeredt auff ir selb stund, darnach anfieng und sprach: ›Ich kan mich, allerliebste junckfraw, ewers begerens halb nit gnůgsam verwundren, das ir sagen euch also größlich mit liebe gegen einem ritter entzündt sein, dieweil ir doch noch wol funden, so euch gleich an geburt unnd küniglichem stammen weren. Yedoch bekenn ich, was ich euch versprochen hab, das will ich euch trewlich halten, so es anders ewern ehren unverletzlichen zůgon mag. So zeygendt mir den jüngling an, will ich verschaffen, das ir nit ein tag, sunder manchen on alle sorg bei einander wonen mögen.‹ Die junckfraw von den worten Laureta mercklichen trost empfieng, zůhand auffstund, ir umb iren hals fiel, also sprach: ›O du mein getrewe fründin, wie mag ich dir ewiglich semlicher gůthat vergelten, dieweil du mir also hertzlichen trost versprechen thůst! Ich versprich dir auch in warer und rechter trewe, das ich den ritter und er mich in allen züchten unnd ehren lieb habe.‹

›Nun wolan‹, sprach Laureta, ›dieweil ich dann ein semlichs von euch verstand, des auch sunder zweiffel keinen mangel mer hab, so mercken auff meinen anschlag, so ich in mir selb bedacht und für den unsorgsamsten weg ansih! Ir müssendt gleisen und euch annemen, als ob ihr mit ettwas kranckheyt beladen werendt. In dem mögendt ir on menglichs yrrung allein in ewerem gemach allein bleiben. In dem will ich mich gäntzlich ewer underziehen unnd bei euch bleiben. So sich dann begeb, das man zů hoff den ymbiß nemme, wolt ich den ritter on alle yrrung mit mir zů euch bringen. Darzů müssen[257] ihr ewer kammermeysterin auch gen hoff mit ewerem frawenzimmer zů essen schicken, damit ihr die ding gantz verborgen bleiben. Dann so wolten ich unnd Rosamunda uns einen gůten můt mit euch nemmen. Es müßte uns auch an gůter speiß hieram nichts manglen; dann ich die nach aller notdurfft weyß zů überkummen unnd zů bereyten.‹

Rosamunda den anschlag Laurete vast tobet, der auch junckfrawen Philomena nit minder gefallen thet. Laureta anhůb unnd sprach: ›Junckfraw, auff welchen tag ihr das haben wölt, so zeygendt mir das an! Ihr sond nun auch den ritter zů erkennen geben, damit ich ihm den anschluss öffnen mög.‹ Junckfraw Philomena anhůb unnd sprach: ›Laureta, dir ist der tugendtlich unnd edel ritter Gabriotto, als ich meyn, wol bekannt. Das ist der, so mir ob aller welt lieben thůt. Denselbigen sampt seinem gesellen Reinharten solt du auff den mornigen tag zů mir bringen. Du aber die weil alle ding, so du uns meynest nodtwendig sein, bekummen solt.‹ Mit disen worten sye Laureta ein summe gelts in einem seckel geben thet, darumb sye dann alle notdurfft zůwegen bringen möcht.

Laureta versprach, irem befelch trewlich nachzůkummen; damit urlaub von Philomena nam, wider in ir gemach gieng. Demnach Rosamunda lang zeit bei Philomena gewesen was, mancherley gespräch mit einander hatten, zůletst auch ein abscheyd machten, von einander giengen, biß schier die zeit kam, das man zů dem nachtmal gon solt. Wider zůsamenkamen, mit grossen freüden gen hoff kamen, das nachtmal mit andren junckfrawen vollbrachten, demnach ein kleine weil in dem garten nach irer gewonheyt spacieren giengen, zůletst sich zů bett niderlegten, den zůkünfftigen tag mit grossen freüden erwarten thetten.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 254-258.
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