17.

Einer leidt mit seiner frauwen lieb und leidt.

[23] Ein schneider, fast ein zenckischer mensch, welchem die frauw, wiewol sie frumm unnd treüw was, so kundt sy im doch nimmer recht thůn; er war allweg mit ir zů unfriden, schlůg unnd raufft sy stetz. Deßhalb die oberkeit darinn sehen můßt und legt in ein zeitlang in gefencknuß. Unnd als man meint, er hette nun wol gebüßt, er solt witzig werden und mit seinem weib furthin freüntlich läben, ließ man in wider herauß; er aber můßt ein eydt schweren, das weib nimmer zů schlahen, sunder solt freündtlich mit ir leben, auch lieb und leid mit leiden, wie sich under eeleüten gebürt. Der schneider schwůr.

Als er nun ein zeit lang fridlich mit ir lebt, kam im seine alte weiß wider an, daß er mit ir zanckt; er dorfft sy aber nit schlagen, darumb wolt er sy bey dem har erwütschen. Das weib aber war im zů geschwind und entsprang; do erwütscht er die schär und warffs ir nach, jagt sy im hof umb, und was er erwütscht, warff er ir nach. Wenn er sy traff, so lachet er, unnd wenn er iren felt, flůcht er. Das treib er so lang, biß ir die nachpauren zů hilff kamen.

Der schneider ward wider für die herren beschickt, die[23] hielten im für, ob er nit wußt, was er geschworen hett. Antwort der schneider: ›Lieben herren, ich hab mein eyd gehalten; hab sy nit geschlagen, sunder, wie ir mir befolhen haben, sol lieb und leid mit ir leiden, das hab ich gethan.‹ Die herren sagten: ›Wie kan das sein? Sy fürt doch ein grosse klag.‹ Er antwortet unnd sprach: ›Ich hab sy nur ein wenig bey dem haar wöllen ziehen, also ist sy mir entwichen; do bin ich ir nachgeilt, nach ir mit benglen und, was ich erwütscht hab, geworffen. Wenn ich sy hab troffen, ist es mir lieb gewesen und ir leid; wenn ich hab gefelt, ist es ir lieb gewesen und mir leid. Also hab ich ir lieb und leid mit ir gelitten, wie ir mir befolhen haben.‹ Solch findt man etwan fantasten, mit denen man ein gantz jar zů schaffen hett, so man inen losete. Die herren geboten im, er solt sy nit mer schlagen, auch kein lieb noch leid in solcher gestalt mer mit ir leiden, sunder lůgen, daß das weib kein klag mer über in fůrt, es wurde im nümmen mit einem schertz außschlitzen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 23-24.
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