36.

Von einem, der ein fürsprechen überlistet, und hatt in der fürsprech das selbs gelert.

[43] Einer ward vor dem gericht umb ein sach angesprochen, des er sich wol versach, er wurde on gelt nicht darvonkomen. Das klagt er einem fürsprechen oder redner; der sprach zů im: ›Ich will dir zůsagen auß der sach zů helffen unnd on allen kosten und schaden darvonbringen, so ferne du mir wilt vier gulden zů lon für mein arbeit geben.‹ Diser war zůfriden und versprach im, die vier gulden, so verne er im auß der sach hulffe, zů geben. Also gab er im den radt, wann er mit im für das gericht keme, so solt er kein ander antwort geben, god geb, was man in fragt oder schalt, dann das einig wort ›blee.‹

Do sie nun für das gericht kamen, unnd vil auff disen geklagt ward, kunt man kein ander wort auß im bringen dann blee. Also lachten die herren und sagten zů seinem fürsprechen: ›Was wölt ir von seinetwegen antworten?‹ Sprach der fürsprech: ›Ich kan nichts für in reden; dann er ist ein narr und kan mich auch nichts berichten, das ich reden sol. Es ist nichts mit im anzůfahen; er sol billich für ein narren gehalten und ledig gelassen werden.‹ Also wurden die herrn zů rath und liessen in ledig.

Darnach hiesch im der fürsprech die vier gulden. Do sprach diser: ›Blee.‹ Der fürsprech sprach: ›Du wirst mir das nit abblehen; ich will mein gelt haben,‹ unnd bot im für das gericht. Und als sie beide vor dem gericht stunden, sagt diser alweg: ›Blee.‹ Do sprachen die herrn zum fürsprechen: ›Was macht ir mit dem narren? Wist ir nit, das er nit reden kan?‹ Also můst der redner das wort blee für seine vier gulden zů lon han, und traff untrew iren eygen herrn.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 43.
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