39.

Von einem einfeltigen bawren, der da beicht und kund nit betten.

[45] Ein einfeltiger baur beicht einem pfaffen; und als er schier alle seine böse stuck erzellt hett, als nemlich wo er sahe ein andern zwen rote nestel in den hůt ziehen, so zohe er allweg drey darein, unnd am tantz lůgt er allweg, das im die hüpschte metz aufzůziehen ward, und so im das geriet, lůgt er alweg, das er höher dann ein anderer sprang, und solche schwere sünden bekant er im viel, sprach der pfaff zů im: ›Kanstu auch betten?‹ Der bauer sprach: ›Neyn.‹ Der pfaff sprach: ›Du můst es lernen.‹ Der baur sagt: ›Ich kans nit lernen, ich habs offt versůcht.‹ – ›Wolan,‹ sprach der pfaff, ›so gib ich dir zůr bůß, das du ein gantz jar lang altag wollest sprechen: O du lamb gottes, erbarm, dich über mich! Und wann du das in einem jar lernest, so wil ich dich darnach mer leeren.‹ Der bawr sagt: ›Ich wils thůn.‹ Also war er absolviert.

Do er nun die bůß anhůb zů betten, sprach er alweg: ›Du lamb gottes, erbarm dich mein!‹ biß umb sanct Johanstag, do sprach er darnach: ›O du schaff gottes, erbarme dich mein!‹ Und do es weiter ins jar hineinkam biß auff den herpst, sprach er: ›O du hammel gottes, erbarme dich mein!‹

Auff das ander jar in der fasten kam er wider zů dem pfaffen, seinem pfarrer, der fragt in, ob er auch seine bůß hette gebett, wie er im hett auffgesetz. Der baur sagt im, wie er die namen dem jar nach verwandelt hette. Der pfaff sprach: ›Warumb hastu es gethan?‹ Der baur sagt: ›Ist es nit zum ersten ein lamm und darnach ein schaff und zůletst ein hammel?‹ Do lacht der pfaff und gedacht: ›Hatt dich bißher niemant können leeren betten, so will ichs auch nit understan.‹ Und ließ in gleich also betten, was er wolt. Es stat auch woll darauff, der bawr solt frömmer sein geweßt dann der pfarrer.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 45-46.
Lizenz:
Kategorien: