51.

Ein geitziger verzagter pfaff kleppert mit beiden henden auf der kantzlen zůsammen und schrey: ›Gelt har! Dschů sind pletz.‹

[67] Es ist ein groß dorff im Elsaß am gebürg gelegen, darinn saß ein langer dürrer pfaff, wie der mann im kästenholtz; der was gantz eines verzagten hertzens; auff kein kantzel kond man in gar nit bewegen, das er dem gemeinen volck das evangelium verkündet hett. Das war aber sein brauch, wann er meß hielt, wandt er sich gegen den leüten, sobald er das evangelium gesungen oder gelesen hatt, sagt er es dann in teütsch. Nun was ein würt oder weinsticher im flecken, ein seer gůter fatzbrůder, der sagt zům offtermal an den pfaffen, er solt doch ein mal das evangelium auff der kantzlen sagen; wann er semlichs einmal von im hort, wolt er im einen gulden schencken. Das treib er so lang und vil mit im, das sich der gůt herr zůletst vor den leuten schamen můst.

An einem sontag kam es im eben in sinn, das er den[67] gulden verdienen wolt; er ließ es dem weinsticher ansagen, damit er nachmalen kein außredt sůchen noch haben mocht. Also kam er inn die kirchen mit vil gůten gesellen; die stalten sich allsamen gerad gegen der kantzeln, damit sy den pfaffen understůnden zů erschrecken, das er nit hinauffgieng. Als er nun kam und sahe sy also bey einander stan, erschrack er auß der massen übel; noch dannocht faßt er im ein hertz, steig hinauf, stůnd ein gůte zeit, daß er gar erstummet was; dann der weinsticher mit seiner geselschafft wandten die augen nit ab im. Zůletst fieng er doch an, das evangelium zů verkünden und thet aber gar ein kurtze sermon. Darnach, alsbaldt er nun die offen schuld gesprach und die absolution daruff, schlůg er mit beiden henden zůsamen und pleppert gar laut auff der kantzeln und sagt: ›Engelhart, gelt her! Die schů sind gepletz.‹ Da můst yederman hören, ob er von wegen der armen scheflin oder des guldens halben auff die kantzlen gangen was.

Als er nun von der kantzel kam und demnach sein ampt inn der kirchen vollbracht, nam in der weinsticher, lůdt ein gute bursch zů ihm inn sein herberg, machten dem pfaffen gůt geschirr. Als er nun ein trunck überkam, beretten sy in, das er den gulden ins gloch schencket; hat er vor der predig nichts, so hat er hinnach aber nichts, allein das er ein vollen kropff darvonbringen thet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 67-68.
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