83.

Wie ein geschwinder kund in Italien die juden umb gros gelt bracht, das sie im mit gutem willen gaben onverdient.

[108] In einer statt in Italien was ein mönch predigerordens. Derselbig fast wider die juden auff der cantzlen schrey und in sonderheit wider ire gebett, so sie täglich der christenlichen oberkeit und gemeinen christenheit zuwider betten unnd sprechen müssen, sampt andren verfluchungen, so sie in anschawung der christen sprechen; und damit ein yeder christ selb lesen und vernemmen mag, wil ich sie alle zu end diser historien setzen, wiewol ich mir fürgenummen hab, ein eygens tractetlin wider solche ire bösen gebreuch zu schreiben, so mir anderst gott das leben verleicht. Nun diser predicant bracht die sachen dahin, das die juden in gantzem Italien solche schmäliche gebett aus iren bettbüchlin austhun müssten; dann wo man von einem gewar ward, das er des orts ungehorsam was, ward er an seinem leib gestrafft. Dise ursach bracht die juden alle gar in einen solchen has gegen gedochtem predigermönch, das sie alles böses auff in erdachten, domit sie in mechten umbs leben bringen; aber alles umbsunst was.

Nun was ein jud an demselbigen ort mit namen Nata, der hatt einen lantzman in dem kloster, der was ein beckenknecht[108] gewesen und hat faulkeit halben den orden angelegt, was ein leybruder worden und buch dem convent alles brot, so sie bedorfften. Diser brůder was aus Teutschland geboren, wie dann auch Nata jud; darumb er dann vil zu dem juden wonet umb des willen, das der jud zu zeiten in Teutschland reyset, im der brůder hin unnd wider bottschafft ausrichtet. Dis hatten etlich juden wargenummen, gedachten, durch in durch gemelten bruder mittel und weg anzurichten, sich an vil gemeltem mönch zu rechen. Die fůgten sich zu dem teutschen juden, boten im ein summa duckaten an zu schencken, wo er sein lantzman, den bruder, dohin bringen möcht, das er dem mönch ein venedisch sipplin kochen und zu essen geben wolt; im, dem bruder, solten auch nit minder duckaten gestecken. In summa, der jud bewilliget, ir anmutung auffs fleissigest auszurichten.

Er fůgt sich zu dem brůder unnd mit langen umstenden zeigt er im zuletst sein meinung an. Der brůder, so auch mit dem teufel zu schulen gangen, sagt zu dem juden: ›Ach mein lieber Nata, wo aber die sach außkummen solt, wie wird es mir armen brůder gon?‹ Drauff sagt der jud: ›Bruder, du weist, das ich dich an dem ort nit vermelden wird; sunst müste [ich] als der, so dich darzu verursachet, in vil grösser gfar ston dann du selbs. Darumb mag die sach niemermer geoffenbaret werden, es sey dann durch dich oder durch mich.‹ Darauff antwort der brůder: ›Nata, ich wist ein andern weg, wan dich das gelt nit hieran verhinderet. Wir haben einen koch im convent, ein gar geltgirigen menschen. Derselbig mus zum offtern mal dem predicanten sonderlich kochen; dann sein brauch ist, vor der predigt nit zu essen. Diser koch kund die sach zum basten zu end bringen.‹ Diser anschlag gefiel dem juden fast wol, beschlos also mit dem brůder, er solt die sach auff die ban bringen, es solt an keinem gelt erwinden; schieden damit von einander.

Der bruder was wol zumut; dann er gedacht, die juden umb das gelt zu bringen, und must dannocht dem predicanten kein leid widerfaren. Er kam zu dem koch und sagt zu im: ›Compani, wann du es zu danck annemen [wölltest], wolt ich dir ein gute zerung zuwegen bringen, so du mit eeren unnd[109] frumkeit wol nemen magst.‹ Sagt im domit die meinung. Die beid wurden zu rhat, fügten sich zu dem predicanten und baten in inn der sachen beholffen zu sein, damit sie die juden umb das gelt bringen mechten. Des sagt er inen zu; er hat auch gar fleissigs nachgedencken auff die sach.

Nun hat der predicant auff nechstkünfftigen sonnentag ein sunderlich zusag gethon, von der juden schalckheit zu offenbaren! Dis waren die schantlichen juden schon innen worden; darumb sie dem bruder ernstlich anlagen, mit der sach auffs schnellist fürzufaren, damit der predicant an seinem fürnemmen verhindret wirdt. Das alles sagt der bruder dem predicanten; dem gefiel die sach gar wol, und sagt zu dem bruder, er solt eylentz zu dem juden gon unnd im zubereit gift geben heissen, sagen, er wißt sunst keins sunder grossen arckwon zuwegen zu bringen. Das geschach also nach seinem befelch. Der bruder nam das gift, so in einem gleßlin ingemachet was, bracht das dem prediger und sagt: ›Domine lector, nemmend hin das gift und essen das! Dardurch mag ich vil gelt überkumen. Aber wo es euch zuwider ist, mögt ir sein müssig gon. Ich habs euch geben zu essen, wie ich den juden zugesagt; ir aber mögt thun, was ir wolt.‹ Der predicant nam das glas mit dem gift, verwaret das gar wol, damit er das zu seiner zeit brauchen möcht.

Auff den kunfftigen sontag nam er sich eines grossen wehtagens an, legt sich zu bett, gehub sich fast übel, nam auch ettlich artzney wider gift ein, als wann er das gessen. Als nun die stund kam, das er predigen solt, versamlet sich ein grosse menige in der kirchen. Bald kam das geschrey durch ein andern mönch, so auff die kantzlen stund, der leßmeister hett ein schweren zufal überkumen und wer zu sorgen, im wer mit gift vergeben worden, deß sich menigklich übel behub. Dise meer kam auch geschwind für die juden, dann sie ir kuntschafft alle zeit in der predigt hetten. Sie waren wol zu mut, sagten unverholen, diß wer ein sundere straff von gott, dieweil sich der mönch mit so starckem predigen wider die Hebreer gelenet. Nun hat er wol gewißt, das gott von alter har alle die, so sich wider die juden erhebt hatten, hart gestrafft; darumb solt er sein müssig gangen sein und [die][110] hebreer nit so gar verfolgt haben. Deren worten schlugen die juden gar vil aus unnd waren in grossen freuden, umb das ir widersecher dem tod so nahend sein solt.

Als aber nun den leßmeister zeit daucht, befalch er den beyden brüdern pfister und koch, sie solten sich aller gstalt risten, als wann sie aller dingen wegfertig weren und darvon lauffen wolten, dann der argwon wer gantz auff sie gefallen; solten eylentzs zu den juden gon und in solche meinung anzeigen, damit ir versprochne belonung fordern. Das geschahe also. Sie kamen gantz angsthafft zu den juden, zeigten inen solche meinung an, sie müsten sich trollen, dann das gemümmel wolt auff sie fallen; wer zu sorgen, wann sie lenger bliben, mechten sie in gefencknis knmmen; alsdann wird man die warheit von in erfaren wellen; wo dann die solt an tag kummen, möchten sie (die juden) solcher fhar auch nit entgon. Derhalben begerten sie ir versprochnen lon. Die juden, so nit anders glaubten, dann im wer also, wie die zween anzeigten, waren fast wol zu mut; und damit sie nur bald irs pfads kemen, gaben sie in mer, dann in versprochen was. Das namen sie mit freuden und zugen den nechsten weg inn das predigerkloster, zeigten diß gold dem leßmeister oder predicanten, der nun des handels halb nit wentzig freud nam, bracht auch an einem gantzen convent zuwegen, das beiden brůdern ir gelt blib; sunst hets der orden genumen.

Des andern tags nam der lector die zween brůder zu im, gieng mit in zu marckt spatzieren und sunderlich, do am allermeisten juden waren, die solchen anblicks gar seer erschrocken, und sunderlich die, so den beiden brüderen das gelt geben hatten. Dann sie wol gedachten, ir anschlag und pracktick wird außbrechen. Also habend sie bald das loch getroffen, unnd haben die bruder mit dem gelt ein guten mut haben lassen, dieweil sie nicht an inen wusten zu gewinnen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 108-111.
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