Ammoniakharz

[176] Ammoniakharz (Ammoniakgummiharz, Ammoniakgummi, Ammoniacum, Gummi resina Ammoniacum), der eingetrocknete Gummiharzsaft der in den persischen Steppen und im Gebiete des Amu- und Sir-Darja wachsenden, bis 3 m hohen Umbellifere Dorema Ammoniacum Don. (Peucedanum Ammoniacum Nies).

Es fließt insbesondere aus dem Wurzelschopfe und wohl auch aus den übrigen oberirdischen Teilen der Pflanze freiwillig aus, wahrscheinlich infolge von Verwundungen durch Tiere [1], [2], [3]. Die mit dem Harze bedeckten Pflanzen werden nach Bombay, gebracht, wo erst das Harz von den Pflanzenteilen abgetrennt und sortiert wird. Die wichtigste Sorte ist das Körnerammoniakharz (Ammoniacum in granis), das aus einzelnen, rundlichen, hirsekorn- bis nußgroßen, außen gelblichweißen bis blaßbräunlichen, innen bläulichweißen, opalartigen und wachsglänzenden Körnern beliebt, die schon in der Handwärme erweichen und daher häufig in der Droge zusammengekittet sind. Spez. Gew. 1,2; Geschmack bitter, scharfwidrig; Geruch eigentümlich balsamisch, unangenehm. – Eine unreine Sorte in das Kuchenammoniakharz (Ammoniacum in massis), große, bis 600 g schwere, braune, meist weichere, im Innern oft klebrig-schmierige Stücke, in deren dunkler, grünlichbrauner, mit Erde, Sand und Pflanzenteilen verunreinigter Grundmasse hellere Körner eingebettet sind. Mit Wasser gibt Ammoniakharz eine weiße Emulsion, mit konzentrierter Schwefelsäure erwärmt eine dunkelblutrote Flüssigkeit; der wässerige Auszug färbt sich mit Eisenchlorid rot, die alkoholische Lösung gibt mit konzentrierter Schwefelsäure eine klare, morgenrote Flüssigkeit. Weder mit Aetzammoniak noch mit kaustischem Kali (nach Behandlung mit Schwefelsäure) läßt sich eine Fluoreszenzerscheinung hervorrufen, wodurch die Abwesenheit des Umbelliferons, eines Bestandteiles der nächstverwandten Harze (z.B. des Galbanum), angezeigt wird. Ammoniakharz besteht aus ca. 70% geschmacklosem Harz, der Rückstand enthält ätherisches Oel (1/3%), Gummi (dem arabischen Gummi sehr ähnlich [5]), Pektin und gegen 1% Asche. Das Harz in Salizylsäureresinotannolester und gibt bei der Verseifung nebst andern Stoffen einen Harzalkohol, das Ammoresinotannol C18H29O2(OH) [6]. Es kann nur in der Kälte gepulvert werden; das Pulver soll über Kalk in Blechbüchsen oder in Wachspapierbeuteln in einer Trockenkammer aufbewahrt werden [4]. Gegenwärtig wendet man behufs Reinigung und leichterer Pulverisierung ein besonderes Verfahren [4] an. 10 kg werden mit 2,5 l Alkohol übergossen, im Dampfbade erwärmt und 12 Stunden beiseitegestellt; hierauf wird die Masse geknetet, auf 40° erwärmt, nochmals mit 21/2 l Alkohol versetzt und das Ganze durch ein Sieb gepreßt; schließlich wird eingedampft. Dieses Gummi resina Ammoniacum expurgatum eignet sich für die praktische Verwendung weit besser. Ammoniakharz wird pharmazeutisch zu Pflastern, in der Technik als Zusatz zu Kitten verwendet [2]. Aus Marokko kommt das sogenannte afrikanische oder marokkanische Ammoniakharz (früher Thymiama genannt) in den Handel, das[176] von Ferula tingitana L. stammt und Umbelliferon enthält (Fluoreszenzerscheinung). – Für die Technik ist es ohne Bedeutung.


Literatur: [1] Vigier, Gommes résines des Ombellifères, Paris 1869. – [2] Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Bd. 1, S. 202–206, Leipzig 1900. – [3] Die Pharmakognosien von Flückiger, Vogl, Wigand, Moeller u.a. – [4] Tschirch, in Moeller-Geißlers »Realencyklopädie der ges. Pharm.«, 2. Aufl., Bd. 1, S. 535–538, Wien 1904. – [5] Max Frischmuth, Untersuchungen über das Gummi des Ammoniak-, Galbanum- und Myrrhenharzes, Dorpat 1892, Inaug.-Diss. – [6] Tschirch und Luz, Archiv der Pharmazie, Bd. 233, S. 540 (1895).

T.F. Hanausek.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 176-177.
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