Statik, chemische

[254] Statik, chemische, Lehre vom chemischen Gleichgewicht.

Wenn eine chemische Reaktion vollendet, d.h. wenn der Endzustand erreicht ist, tritt chemisches Gleichgewicht ein. Es ist dies aber keineswegs ein Zustand von völliger Ruhe, denn es vollziehen sich im chemischen Gleichgewichtszustand immer noch chemische Reaktionen, allerdings nur umkehrbare. Letztere erzeugen von jedem einzelnen Stoff ebensoviel als sie zerstören. Als einfaches Beispiel einer umkehrbaren Reaktion nennen wir die Umsetzung zwischen Wasserstoffgas und Sauerstoffgas, bei welcher neben der Zersetzung des Wasserstoffmoleküls und des Sauerstoffmoleküls (Vereinigung beider zu Wasser), welche durch die Gleichung[254] 2H2 + O2 = 2H2O veranschaulicht wird, eine Zersetzung des durch Vereinigung der Wasserstoff- und Sauerstoffatome gebildeten Wassers stattfindet, wobei sich die freiwerdenden Atome wieder zu Wasserstoffmolekülen und Sauerstoffmolekülen vereinigen: 2H2O = 2H2 + O2. Ein weiteres Beispiel ist die Bildung von Jodwasserstoff (2HJ) aus je einem Wasserstoff- und einem Jodmolekül: H2 + J2 = 2HJ und 2HJ = H2 + J2.

Solche Reaktionen also, die zu demselben Endzustand führen, einerlei ob man von dem einen System von Stoffen (in den Beispielen 2H2 + O2 und H2 + J2) ausgeht oder von dem andern (2H2O und 2HJ), heißen umkehrbare Reaktionen, und wenn der Endzustand erreicht ist, sagt man: die Systeme stehen miteinander im Gleichgewicht. Bei einem flüssigen Gemisch, aus welchem keine Abscheidung eines festen oder gasförmigen Körpers erfolgt und welches während der vor sich gehenden chemischen Reaktion weder Gase absorbiert noch einen im Ueberschuß zugesetzten festen Körper auflöst, leitet sich nach Guldberg und Waage folgendes Massenwirkungsgesetz ab: Tritt durch Mischen zweier oder mehrerer Stoffe, eine chemische Reaktion ein, so steht nach Erreichung des chemischen Gleichgewichtes das Produkt der erzeugten Stoffmengen zu dem der unveränderten Stoffmengen in einem festen Verhältnis. Näheres s. in Ostwald, Grundriß der allgemeinen Chemie, Leipzig 1899. Vgl. a. Erdmann, Lehrbuch der anorganischen Chemie, 4. Aufl., Braunschweig 1906; Hollemann, Lehrbuch der anorganischen Chemie, Leipzig 1903 und andre Lehrbücher der Chemie.

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 254-255.
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