Architekturmalerei [2]

[23] Architekturmalerei. Die Entwicklung der Architekturmalerei folgt nur langsam und zögernd dem Gange der koloristischen Probleme, die den malerischen Bestrebungen und Anschauungen unsrer Zeit eigen sind und ihr zum Ruhme gereichen.[23]

Dies ist erklärlich aus der vorwiegend formalen Art der Darstellungsmotive, deren architektonischer Formgehalt zu wichtig erscheint, um nur als Träger malerischer Farbstimmung unter dieser zu verschwinden; so tragen denn die meisten wertvollen Architekturbilder das Gepräge zeichnerischer Konzeption. So hat z.B. Menzel in minutiöser Beobachtung von Lichtwirkungen in seinen Architekturbildern eine Verbindung dieser zwei Auffassungsarten zu geben gewußt, oft von höchstem farbigen Reiz bei feinstem Verständnis der Form. Und oft ist die Mißhandlung der architektonischen Formgedanken durch ein nur dem malerischen Eindruck zugängliches Auge, trotz malerischer Qualität und wohltuender Größe der Auffassung, gerade in neuerer Zeit ungenügend, gewaltsam und des Gegenstandes nicht würdig. Und doch wird es das kommende Problem unsrer Zeit werden, die ganze Fülle und Größe der errungenen Licht- und Farbauffassung dem Darstellungsbereiche der großen lebendigen Architektur würdig zuzuwenden. Sie ist uns in unerschöpflicher Schönheit immer neu in Beleuchtung und Stimmung vor Augen, gebadet im breiten Licht der überflutenden Sonne, oder verloren im Dunkel mystischer Ferne und Entformtheit, oder umspielt vom Zufall einzelnen Strahls und zitternder Bewegtheit auf den Gebilden reicher Phantasie. Dies im Einklang farbiger Harmonie zu schaffen, Duft und Rausch des Lichts um hohe Form, im Wissen um Leben, Wesen und Unverletzlichkeit der Form, und Wesen und Leben des Lichts und der Farbe, unbekümmert um eine der wechselnden Darstellungsweisen! Wir dürfen sagen, wenn dies erreicht, daß erst dann das große Architekturbild erstanden sei, ebenbürtig den Meisterwerken der anderen Künste.

C. Stoeving.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 23-24.
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