Allegorische Auslegung

[344] Allegorische Auslegung, diejenige Auslegungsmethode, welche den geheimen Sinn einer Schrift zu ermitteln sucht, ein geistreiches, willkürliches Spielen mit Worten und Begriffen, welchem das Streben zu Grunde liegt, den Gehalt einer Schrift als bloße Form für einen andern, von ihr ganz unabhängigen Gehalt zu fassen. In diesem Sinn ist die a. A. schon von spätern griechischen Philosophen zur Erklärung Homers und andrer Dichter der Vorzeit, ganz besonders aber von den alexandrinischen Juden zur Erklärung der Heiligen Schrift angewendet worden. In der christlichen Theologie ist sie durch Origenes herrschend geworden und ist heute noch nicht völlig überwunden, obgleich die Reformatoren grundsätzlich nur die grammatisch-historische Auslegung für zulässig erklärten, nachdem schon in der alten Kirche die antiochenische Schule (s. d.) an die Stelle der allegorischen Auslegung die Anwendung des grammatischen Schriftsinns für erbauliche Betrachtung gesetzt hatte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 344.
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