Amīcus und Amēlius

[438] Amīcus und Amēlius, ein berühmtes Freundespaar der mittelalterlichen Sage. Sie treten in der aufopferndsten Weise füreinander ein, wobei ihnen ihre außerordentliche Ähnlichkeit zu gute kommt. Amicus besteht an Stelle des schuldigen Amelius einen gottesgerichtlichen Zweikampf, und Amelius heilt den später zur Strafe für seinen Betrug aussätzig gewordenen Amicus durch das Blut seiner Kinder. Durch ein Wunder werden diese wieder lebendig. Der Ursprung der Sage ist im Orient zu suchen. Sie liegt uns im Mittelalter unter andern in verschiedenen lateinischen Prosafassungen vor, in den Bruchstücken eines lateinischen hexametrischen Gedichts, in einer altfranzösischen chanson de geste (hrsg. von K. Hofmann, 2. Aufl., Erlang. 1882), einem altfranzösischen roman d'aventure aus dem Anfang des 13. Jahrh. (hrsg. von Kölbing, Heilbr. 1884), verschiedenen französischen Prosatexten aus dem 13. und 14. Jahrh., dramatisch behandelt in einem französischen miracle, in dem deutschen Gedicht »Engelhart und Engeltrut« von Konrad von Würzburg, verschiedenen deutschen Prosatexten aus dem 14. und 15. Jahrh., einer mittelenglischen Romanze von etwa 1300 (hrsg. von Kölbing, Heilbr. 1884), einer altnordischen Prosasaga und einer altnordischen Reimdichtung (hrsg. von Kölbing, das.), einer keltischen Fassung in dem sogen. Roten Buche von Hergest. Vgl. Kölbing in den »Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur«, Bd. 4 (Halle 1877).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 438.
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