Konrad von Würzburg

[410] Konrad von Würzburg, mittelhochd. Dichter, war bürgerlicher Abkunft, lebte, nachdem er die Heimat verlassen, eine Zeitlang in Straßburg und hierauf bis zu seinem Tode, 31. Aug. 1287, in Basel. K. ist wegen der sprachlichen Zierlichkeit und Reinheit wie der außerordentlichen metrischen Korrektheit seiner Dichtungen als der bedeutendste Vertreter der mittelhochdeutschen Spätlingsdichtung zu betrachten. Er war in der lyrischen, epischen und didaktischen Dichtung tätig und behandelte ebensowohl die heimisch-volkstümliche wie die ausländisch-ritterliche Sage; weltliche, geistliche und ausschließlich religiöse Stoffe fesselten ihn abwechselnd. Auch nach dem ältern größern Ritterepos griff er zurück, ohne die im Zeitgeschmack liegenden kleinern novellenartigen Erzählungen zu vernachlässigen. Sein größtes Werk (überhaupt die umfangreichste mittelhochdeutsche Dichtung): »Der trojanische Krieg«, der etwa 40,000 Verse von Konrads Hand enthält und von ihm selbst mit dem »unendlichen Meer« verglichen wird, ist von einem weit unbedeutendern Dichter zu Ende geführt worden (hrsg. von A. v. Keller, Stuttg., Literar. Verein 1858; Anmerkungen von Bartsch, das. 1877; vgl. Klitscher, Die Fortsetzung zu Konrads v. W. »Trojanerkrieg«, Bresl. 1891). Gleichfalls unvollendet hinterließ K. die nach dem Französischen verfaßte Erzählung »Partonopier und Meliur« (hrsg. von Bartsch, Wien 1870), eine mittelalterliche Version der Sage von Amor und Psyche. »Die goldene Schmiede«, eine Verherrlichung der Jungfrau Maria, ist dasjenige Werk Konrads, in dem er, wie nirgends anderswo, »den Glanz seiner Diktion, die Fülle seiner Rede, den Schimmer seiner Bilder« entfaltet hat (hrsg. von W. Grimm, Berl. 1840; ins Neuhochdeutsche übertragen von B. Arens, Köln 1904). Von Konrads sonstigen Werken sind hervorzuheben: Legenden vom »Papst Silvester« (hrsg. von W. Grimm, Götting. 1841) und von dem Römer »Alexius« (hrsg. von Henczynski, Berl. 1898); »Der Welt Lohn«, worin Wirnt von Gravenberg, der Dichter des »Wigalois«, über die Nichtigkeit der Welt durch die Erscheinung eines schönen Weibes, dessen Kehrseite voll Unflat ist, belehrt wird (hrsg. von Roth, Frankf. 1843; auch inv. d. Hagens »Gesamtabenteuern«, Bd. 3, Stuttg. 1850, und in Lambels »Erzählungen und Schwänken«, 2. Aufl., Leipz. 1883); »Engelhart und Engeltrut«, vielleicht die schönste Erzählung Konrads (hrsg. von Haupt, Leipz. 1844, 2. Aufl. 1890); »Kaiser Otto« oder »Otto mit dem Barte« (hrsg. von Hahn, Quedlinb. 1838; von Lambel in »Erzählungen und Schwänke«, 2. Aufl., Leipz. 1883); »Klage der Kunst«, eine Allegorie (hrsg. von Joseph, Straßb. 1885), und »Der Schwanritter«, in dem die Sage von Lohengrin aus dem Gebiete des Grals in das der Karlssagen[410] verlegt ist (hrsg. von W. Grimm in den »Altdeutschen Wäldern«, Bd. 3, Frankf. 1815; von Roth, das. 1861; auch in Müllenhoffs »Altdeutschen Sprachproben«, 2. Ausg., Berl. 1871). Ein derber Schwank, der unter seinem Namen geht, ist »Die halbe Birne« (hrsg. von Wolff, Erlang. 1893). Konrads Lieder weltlicher und geistlicher Art, überreich an Reimspielereien, sind abgedruckt inv. d. Hagens Sammlung der »Minnesinger« (kritisch hrsg. von Bartsch in der Ausgabe der »Partonopier«, Wien 1870; vgl. Wode, Anordnung und Zeitfolge der Lieder Konrads v. W., Diss., Marb. 1902). Neudeutsche Übersetzungen kleinerer Dichtungen von K. besorgten Pannier (Sondersh. 1879) und Kräger (in Reclams Universal-Bibliothek, 1891). Vgl. Grimms Einleitung zur »Goldenen Schmiede«; F. Pfeiffer in der »Germania«, Bd. 12 (1867)

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 410-411.
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