Nichtigkeit

[620] Nichtigkeit (Nullität), in der Rechtssprache die völlige Ungültigkeit einer Rechtshandlung, so daß sie rechtlich als nicht geschehen anzusehen ist. Die Folge davon ist, daß die N. für und gegen jeden ihre Wirkung ausübt, daß sie vom Richter von Rechts wegen zu berücksichtigen ist, auch wenn die Partei, der sie zugute kommt, sich nicht darauf beruft, und daß sie auch durch Wegfall des Nichtigkeitsgrundes nicht behoben werden kann. Von schwebender N. spricht man, wenn ein Geschäft anfechtbar ist (s. Anfechtbarkeit), von relativer N., wenn ein Geschäft gewissen Personen gegenüber gültig, andern gegenüber nichtig ist, von teilweiser N., wenn ein Nichtigkeitsgrund nur einen Teil des Geschäftes trifft. In diesem letztern Fall bestimmt § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuches, daß das ganze Geschäft als nichtig anzusehen ist, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschaft den Erfordernissen eines andern, so gilt dieses, falls anzunehmen ist, daß es bei Kenntnis der N. von den Vertragschließenden gewollt wäre. Die Gründe der N. sind überaus zahlreich, ebenso natürlich auch die Rechtsgeschäfte. Von solchen seien hier genannt: Willenserklärungen Geschäftsunfähiger oder Unzurechnungsfähiger, die Scheingeschäfte, d.h. Geschäfte, von denen beide Teile sich darüber klar sind, daß sie ihre Erklärung nur zum Schein abgegeben haben, Rechtsgeschäfte. die gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (Wuchergeschäfte), Rechtsgeschäfte, die der vorgeschriebenen Form ermangeln, Verträge auf unmögliche Leistungen, letztwillge Anordnungen, durch die der Erblasser den beider Testamentserrichtung als Richter, Notar, Gerichtsschreiber oder Zeugen mitwirkenden Personen oder deren Ehegatten oder nahen Verwandten und Verschwägerten Zuwendungen macht. Von einer Bestätigung nichtiger Rechtsgeschäfte kann man richtigerweise überhaupt nicht sprechen, der Ausdruck wird jedoch dann gebraucht, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft nochmals vorgenommen wird, und zwar in einer Weise, daß der die N. bedingende Umstand dabei in Wegfall kommt. Über N. der Ehe, s. Eherecht, S. 405.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 620.
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