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Text (aus Ziza).
Variante. (Aus Tinos.) – Es war einmal ein Drake, der die Schafe auf der Weide fraß, und daher beschloß ein bartloser Schäfer, ihn zu töten. Er fing zu dem Ende zwei Rebhühner und tat sie in einen Sack, steckte dazu auch einen frischen Handkäse1, ging damit zum Drakos und forderte ihn heraus, mit ihm zu ringen. Dieser versetzte: »Erst wollen wir sehn, wer besser werfen kann, dann wollen wir miteinander ringen,« und nahm einen schweren Stein und warf ihn vierzig Klafter weit. Der Hirt aber nahm ein Rebhuhn aus dem Sacke und warf es in die Luft, und dieses wurde alsbald unsichtbar; der Drakos aber hatte nicht bemerkt, daß es ein Rebhuhn sei, sondern es für einen Stein gehalten, und wunderte sich sehr, daß er den Stein nicht niederfallen hörte. Darauf nahm der Drakos einen andern Stein und drückte2 ihn zu lauter Mehl, der Hirt aber nahm den Handkäse und drückte ihn, daß alles Wasser, was darin war, ihm von den Händen tropfte. Da dachte der Drakos bei sich: Der ist stärker als ich. – Als der Hirt merkte, daß der Drakos nachdenklich war, sagte er zu ihm: »Ich habe dir gezeigt, daß ich besser werfen und besser drücken kann als[343] du, nun komme her, nun wollen wir zusammen ringen.« Der Drakos aber sagte: »Nein, das wollen wir nicht tun, sondern wir wollen lieber Brüderschaft miteinander machen.« Der Bartlose war es zufrieden und sie machten also Brüderschaft miteinander3.
Nun folgt der Zug des Wasser- und Holzholens, wie im Märchen vom Herrn Lazarus Nr. 23. Dann der Versuch des Drakos, den Schäfer totzuschlagen, wie im Text. Darauf bittet der Drakos den Schäfer, daß er ihm sagen möge, wie es sein Vater gemacht habe, als er ihn färbte und ihn dadurch so stark machte, und der Schäfer erwidert: »Mein Vater begann damit, daß er ein Loch in die Erde grub und es so tief machte, bis ich nicht mehr imstande war, daraus auf die Erde zu springen. Darauf sprach er, daß ich ihm ein Ohr hinhalten solle, und ließ darauf einen Tropfen warmer Farbe fallen und wies mich an, sooft ein Tropfen auf das Ohr fiel, Jalowafos, Gurulowafos4 zu rufen, und das tat er so lange, bis ich so stark wurde, daß ich aus dem Loche springen konnte.«
Anmerkungen. – S. Formel Nr. 34. – Der Wettkampf des Bartlosen mit dem Drakos im Werfen und Steindrucken der Variante entspricht genau dem Wettkampf des deutschen Schneiderleins mit dem Riesen in Grimm Nr. 20 (vergleiche auch Zingerles Riese und Hirte Nr. 29).
Dieser Zug ist eine Parodie auf die deutsche Wurfwette des starken Hans von Wetzel mit dem Teufel. Der Teufel wirft einen kirchgroßen Felsen so hoch, daß er erst am Abend wieder zur Erde fällt, Hans wirft einen dreimal[344] größeren in die Luft, der gar nicht mehr zurückkommt, denn er war in den Mond gefallen (Grimm III, S. 161).
Noch näher steht unsere Parodie der Wette des starken Hansl mit dem Teufel bei Zingerle Nr. 18: Der Teufel wirft einen schweren eisernen Hammer bis zu den Wolken. Hansl legt sich hierauf auf den Rücken und schaut gen Himmel, um eine leere Stelle zu finden und keinen Stern herabzuwerfen. Dann will er das Hüfthorn des Teufels mit einer riesigen Fichte als »Wiede« umwinden, damit es nicht springe, wenn er hineinstoße. Beide Male fürchtet sich der Teufel, und mit Grund, und läßt es nicht zur Ausführung kommen.
Der verfehlte Versuch des Drakos, den Bartlosen, der bei ihm übernachtet, zu töten, wiederholt sich in Nr. 23 und findet sich gleichfalls bei Grimm Nr. 20 und in einem englischen Märchen bei Grimm III, S. 316, s. auch dessen Erinnerung an die eddische Sage von Thor und Utgardloki.
Die griechische Erzählung des Textes von der Art und Weise, wie der Bartlose den Wildeber fängt, entspricht der Einhornjagd des tapferen Schneiderleins Grimm Nr. 20.
Die drei Züge des Brunnenholens, des Waldholens und der Eberjagd, welche dem Riesen vor dem Schneiderlein Furcht einjagen, finden sich vereint, jedoch in sehr abgeblaßter Form bei Grimm Nr. 183.
Die serbischen Formen bei Wuk Nr. 1 und Grimm III, S. 338 stimmen im wesentlichen und besonders auch darin überein, daß der Held auch ein Bartloser ist. S. weiteres in Anmerk. zu Nr. 23.
1 μία τζαντίλα τυρὶ.
2 τὸν ἐζιούπησε.
3 ἔγειναν βλάμιϑες.
4 –βαφὸς heißt gefärbt, die vorgesetzten Wörter haben keinen Sinn.