Lachsforelle (Salmo trutta)

[223] Die nächste Verwandte der Seeforelle ist die Lachsforelle, bezeichnender vielleicht Meerforelle genannt (Salmo trutta, truttula, eriox, Cumberlandi und Goedenii, Trutta salmonata und trutta; Abbildung auf Seite 214). Ihre große Aehnlichkeit mit der Seeforelle erschwert, scharfe Unterscheidungsmerkmale für beide Arten anzugeben. Der Leib der Meerforelle ist verhältnismäßig gedrungen gebaut und fast rund, der Kopf vorn abgestumpft, das Maul nicht [223] weiter als bis unter die Augen gespalten; die Schuppen sind größer, die Zähne schwächer als bei der Seeforelle; diejenigen, welche auf der Vorderplatte und dem Stiele des Pflugscharbeines stehen, ordnen sich im wesentlichen in derselben Weise wie bei der verwandten Art. In der Färbung stimmt die Meerforelle, laut Siebold, mit der unfruchtbaren Seeforelle fast überein. Ihr blaugrauer Rücken sowie ihre silberigen Seiten sind nur mit wenigen schwarzen Flecken besetzt, zuweilen ganz ungefleckt, die Unterseite ist reinweiß; die paarigen Flossen und die Afterflosse zeigen sich farblos, die Brustflossen bei älteren Stücken grau, Rücken- und Schwanzflosse dunkelgrau gefärbt; erstere sind durch einzelne schwarze Flecke ausgezeichnet. So lange die jungen Lachsforellen noch nicht fortpflanzungsfähig geworden sind, erscheinen ihre Flossen weingelb gefärbt; auch bemerkt man an den Körperseiten verschiedene orangegelbe Flecke wie bei der Bachforelle. Früher verkannte man die verschiedenen Alterskleider und unterschied namentlich in England verschiedene Arten, bis Shaw, dank der künstlichen Fischzucht, zuverlässige Beobachtungen anstellen und in Erfahrung bringen konnte, daß ein und derselbe Fisch verschiedene Kleider anlegt. Wahrscheinlich gibt es auch unter den Lachsforellen unfruchtbare Stücke; wenigstens hält man diejenigen dafür, welche sich durch silberhelle Färbung, tief ausgeschnittene Schwanzflosse und die leicht abfallenden Schuppen von den übrigen unterscheiden. In der Rückenflosse stehen drei und neun bis elf, in der Brustflosse ein und zwölf bis dreizehn, in der Bauchflosse ein und acht, in der Afterflosse drei und acht bis neun, in der Schwanzflosse neunzehn Strahlen. Die Länge kann, laut Yarrell, bis zu einem Meter, das Gewicht bis zu funfzehn Kilogramm ansteigen.

Die Lachsforelle ist dasselbe für die See, was die Seeforelle für die großen Binnengewässer. Das Meer beherbergt sie während des Spätsommers, und von ihm aus steigt sie in die Ströme und Flüsse empor, um zu laichen. Ihr Verbreitungskreis erstreckt sich dementsprechend noch bedeutend weiter als der ihrer Verwandten. Sie bewohnt die Ostsee, das nördliche Atlantische Meer, einschließlich der Meerengen und Kanäle um Großbritannien, die Nordsee und das Eismeer bis zum Weißen Meere hin, tritt an den deutschen Küsten nicht selten, an den skandinavischen, englischen, schottischen, irischen, lappländischen und russischen Gestaden und bezüglich in den betreffenden Flüssen in außerordentlicher Menge, hier und da in so großer Anzahl auf, daß sie einem englischen Lachsfischer sein Vergnügen vollständig verderben kann, weil sie an Stelle des geschätzten Lachses nach dem Köder schnappt und somit erst Hoffnungen und dann bittere Enttäuschungen zu bereiten vermag. Ihre Nahrung besteht aus denselben Thieren, denen andere größere Edellachse nachstellen. Die Laichzeit fällt in den November und December. Das Aufsteigen in die Flüsse geschieht gewöhnlich im Mai, Juni und Juli; die Rückkehr findet nach dem Aufthauen des Eises statt. Sie besucht alle deutschen Ströme, geht aber nicht so weit zu Berge wie der Lachs und gehört dementsprechend im oberen Laufe der Flüsse zu den Seltenheiten. Die Fortpflanzung geschieht genau in derselben Weise wie bei anderen Arten ihrer Sippschaft.

Bei uns zu Lande scheint man das Fleisch der Lachsforellen nicht so hoch zu würdigen, als es verdient, bezahlt es mindestens nirgends so theuer wie das des Lachses; in ganz Skandinavien dagegen hält man es, und meiner Ansicht nach mit vollstem Rechte, für vorzüglicher als das des letztgenannten Fisches. Der Fang ist deshalb von Bedeutung und der durch ihn erzielte Nutzen keineswegs gering. Hierzu kommt, daß die Lachsforelle fast ebenso leicht wie die Bachforelle in größeren Seen oder selbst tiefen Teichen sich ansiedeln oder durch die künstliche Fischzucht hier einbürgern läßt, also wahrscheinlich mit der Zeit größere Bedeutung erlangen wird, als der Lachs sie noch besitzt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 223-224.
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