Schwarzglänzender Aaskäfer (Silpha atrata)

[62] Die siebenundsechzig bekannten Arten sind mit wenigen Ausnahmen ganz schwarz, und infolge ihrer Ernährungsweise vorherrschend an den Boden gefesselt; sie bewohnen außer Australien alle Erdtheile. Der schwarzglänzende Aaskäfer (Silpha atrata) gehört zu den verbreitetsten und insofern zu den interessanteren Arten, als seine Larve bisweilen den Zuckerrübenfeldern höchst nachtheilig geworden ist. Der Käfer findet sich den ganzen Sommer hindurch auf Aeckern, Wegen, unter Steinen, Erdschollen, am liebsten freilich unter einer Thierleiche, ist elliptisch im Umrisse, oben mäßig gewölbt und durchaus glänzend schwarz; der senkrecht nach unten gerichtete Kopf wird, wie bei allen seinesgleichen, von oben her durch das grob punktirte Halsschild bedeckt. Dieses bildet einen reichlichen Halbkreis mit aufgeworfenem Rande, außer an der Hinterseite, greift mit dieser etwas über die Wurzel der Flügeldecken über und übertrifft dieselben ein wenig an [62] Breite. Die Flügeldecken sind an dem Außenrande stark aufgebogen, hinten gerundet, so zwar, daß sie sich an der Naht kaum merklich verkürzen. Ueber die Fläche einer jeden laufen drei stumpfe Längskiele in gleichen Abständen unter sich und mit der ebenso leistenartig erhabenen Naht. Die Zwischenräume sind runzelig grob punktirt. Kurz beborstete Schienen und fünf Fußglieder kennzeichnen die Beine, filzige Sohlen außerdem die Vorderfüße der Männchen. Bei Beachtung dieses Laufpasses wird man die in Rede stehende Art nicht wohl mit zwei sehr ähnlichen (Silpha laevigata und reticulata) verwechseln können.

Die oben schwarze, am Bauche lichte Larve besteht aus zwölf Schildern, welche vom Kopfe nach der Mitte hin an Breite wachsen, dann aber sich allmählich stark verschmälern; die bedeutende Breite in der Mitte entsteht durch die lappig erweiterten Seitenränder der Schilder, die in derselben Weise sich bei anderen Silphenlarven nicht zu wiederholen braucht. Das Endglied trägt an der Spitze zwei fleischige Anhänge. Die über sie hinausgehende Fortsetzung ist der ausstülpbare After, welcher beim Kriechen zum Nachschieben dient. Am verstecken Kopfe bemerkt man dreigliederige, ziemlich lange Fühler und hinter ihrer Wurzel vier, weiter unten noch zwei Nebenaugen.


1 Schwarzglänzender Aaskäfer (Silpha atrata) nebst Larve. 2 Mist-Stutzkäfer (Hister fimetarius, S. 65), natürl. Größe.
1 Schwarzglänzender Aaskäfer (Silpha atrata) nebst Larve. 2 Mist-Stutzkäfer (Hister fimetarius, S. 65), natürl. Größe.

Für gewöhnlich hält sich die Larve, wie diejenigen der übrigen Arten, verborgen unter todten Thieren und wächst unter mehrmaligen Häutungen schnell heran, kommt aber vorübergehend in so großer Menge vor, daß ihr die gewöhnliche Nahrung mangeln würde, und sie merkwürdigerweise pflanzenfressend wird und in den ersten Blättern der jungen Rübenpflanzen einen Ersatz sucht. In Gegenden, wo der Rübenbau zu Gunsten der Zuckerfabriken große Flächen einnimmt, hat man die sonst versteckte Larve in so großen Mengen frei und dem Sonnenlichte ausgesetzt an den jungen Pflanzen gefunden, daß diese durch dieselben eine schwarze Farbe annahmen und schließlich durch ihren Zahn so ziemlich vollständig verschwanden. Bei ihrer großen Gefräßigkeit wächst die Larve schnell, häutet sich dabei viermal und kriecht vollständig weiß aus ihrer alten Haut, aber schon eine Stunde später hat sie auf dem Rücken ihre frühere schwarze Farbe wieder angenommen. Sie ist sehr beweglich und sucht sich zu verbergen, sobald sie bemerkt, daß sie verfolgt wird. Wenn sie erwachsen ist, gräbt sie sich ziemlich tief in die Erde ein, fertigt eine Höhlung und wird zu einer weißen, fragezeichenförmig gekrümmten Puppe, welche durch ihr großes Halsschild und den darunter versteckten Kopf ihre Silphennatur nicht verleugnet. Nach etwa zehn Tagen Ruhe kommt der Käfer zum Vorscheine. Dieser, welcher möglichenfalles zwei Bruten im Jahre haben kann, überwintert im vollkommenen Zustande. Das große Wasser anfangs April 1865 schwemmte bei uns die in Rede stehende Art und die Silpha obscura in überaus großen Mengen lebend an. Nach dem Erwachen im ersten Frühjahre erfolgt die Paarung und gleich darauf das Eierlegen unter moderndes Laub oder unter die oberste Erdschicht, wozu der Hinterleib wie eine Legröhre weit vorgestreckt werden kann. Das Geschäft nimmt längere Zeit in Anspruch, daher kriechen die Larven zu verschiedenen Zeiten aus, daher folgt weiter, daß man im Sommer Larve und Käfer gleichzeitig antreffen kann.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 62-63.
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