Kabinetkäfer (Anthrenus museorum)

[71] Ein dritter im Bunde ist der Kabinetkäfer (Anthrenus museorum, S. 69, Fig. 1, 2), ein kleiner runder Käfer, unten grau durch Behaarung, oben dunkelbraun mit drei undeutlichen, aus graugelben Härchen gebildeten, daher häufig stellenweise abgeriebenen Binden über den Decken. Seine Fühler sind achtgliederig, die beiden letzten Glieder in einen Knopf verdickt. Der Kopf kann vollständig von der Vorderbrust aufgenommen werden, so daß nur die Oberlippe frei bleibt, und die Vorderbrust zum Theile in die quere, gespaltene Mittelbrust. Auch hier steht ein Punktauge auf dem Scheitel. Dieses 2,25 Millimeter lange Thierchen findet sich gleichfalls, wie schon bemerkt, auf Blumen und in unseren Behausungen, hier vorzugsweise in den Insektensammlungen, die nicht sehr sorgfältig vor seiner Zudringlichkeit bewahrt und nicht häufig genug nachgesehen werden. Der Käfer möchte noch zu ertragen sein, aber seine etwas breitgedrückte, braun behaarte, durch einen langen, abgestutzten Haarbüschel geschwänzte Larve ist ein böser Gesell. Wegen ihrer anfänglichen Winzigkeit ist sie einestheils schwer zu entdecken, anderentheils wird es ihr leicht möglich, in die feinsten Fugen und Ritze einzudringen und in Räumen zu erscheinen, welche man für vollkommen verschlossen hielt. Mögen die Insektenkästen noch so gut verwahrt sein, dann und wann zeigt sich doch ein solcher Feind, sei es nun, daß er als Ei mit einer anrüchigen Insektenleiche eingeschleppt wurde, sei es, daß er sich sonst wie einzuschleichen wußte, und die Verheerungen, die eine einzige dieser gesräßigen Larven hier anrichten kann, weiß derjenige am besten zu beurtheilen, dem das Leid zugefügt worden ist. In der Regel lebt sie im Inneren des Thieres, spaziert aber auch mit ausnehmender Gewandtheit auf dessen Oberfläche umher, so daß an allen Theilen der Fraß zu erkennen ist. Im ersteren Falle verräth ein braunes Staubhäufchen unter dem bewohnten Insekt, im anderen das Lockerwerden der Beine, Fühler und sonstigen Theile sowie deren theilweises Herabfallen die Gegenwart des Feindes, der bisweilen seine Beute spurlos von der Nadel verschwinden läßt. Starke Erschütterung, wie Anklopfen des Kastens auf eine Tischkante, bringt den Verborgenen leicht hervor; mäßige, den Thieren der Sammlung bei gehöriger Vorsicht nicht nachtheilige Hitze tödtet ihn. Auch in dem Pelze der ausgestopften Säugethiere fressen die Larven platzweise die Haare weg, zernagen die Schäfte der Federn, die Haut um die Nasenlöcher und an den Beinen der Vögel, und führen sich ebenso auf, wie die vorher erwähnten. Faßt man eine derselben in der Mitte ihres Leibes mit einer Pincette, um sich ihrer zu bemächtigen, so gewährt die so geängstete einen eigenthümlichen und überraschenden Anblick: der Schwanzbüschel bläht sich ungemein auf, und jederseits an seiner Wurzel treten drei äußerst zarte, durchsichtige Haarfächer hervor. Man findet die [71] Larve beinahe das ganze Jahr, was auf eine sehr ungleichmäßige Entwickelung oder mehrere Bruten im Jahre schließen läßt; im Mai oder mit Beginn des Juni erfolgt nach mehrmaligen Häutungen die Verpuppung in der letzten Larvenhaut. Die Zeiträume, welche zwischen je zweien von diesen liegen, haben sich merkwürdig ungleich erwiesen; denn man hat Unterschiede von vier bis sechzehn Wochen beobachtet. Die vielen Bälge, welche ich bisweilen neben einem einzigen todten Käfer in einem gut schließenden Insektenkasten gefunden habe, scheinen auf eine größere Menge von Häutungen hinzudeuten, als man sonst anzunehmen gewohnt ist; ob dem so ist, muß sorgfältiger Beobachtung vorbehalten bleiben. Der ausgeschlüpfte Käfer theilt die Gewohnheit mit seinen Verwandten, wochenlang in den schützenden Häuten sitzen zu bleiben.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 71-72.
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