5. Sippe: Aeugler, Satyrinen

[360] Die Aeugler (Satyridae) bilden eine artenreiche Sippe, welche sich mehr durch Färbung und Zeichnung als durch den Schnitt der Flügel sowie durch einige andere Merkmale bestimmt abgrenzt und in Europa vorherrschend vertreten zu sein scheint. Die heller oder dunkler braune Oberseite der Flügel kann fast einfarbig sein, wird aber meist von einzelnen runden Pünktchen, »blinden« oder gekernten Augenflecken gezeichnet, welche in geringer Menge oder auch zahlreicher, aber dann immer in einer Reihe und zwar nahe dem Saume stehen; öfters und vorzugsweise bei dem Weibchen auf dem Vorderflügel in einem lichteren Flecke. Die Unterseite der Flügel, vorn meist der oberen entsprechend, hinten vorherrschend braun marmorirt, trägt die Augenflecke schärfer und vollständiger, so daß die der Oberseite nur die mehr oder weniger vollkommen entwickelten Fortsetzungen dieser zu sein scheinen. Dieselben sind in der Regel schwarz und haben einen weißen, bisweilen auch einen metallisch glänzenden Mittelpunkt, nicht selten überdies einen lichteren, wohl auch metallischen Außenring. Neben der soeben beschriebenen Flügelzeichnung und dem gesonderten Austreten von Rippe 6 und 7 aus der Mittelzelle der Hinterflügel kommen allen Satyriden noch zu: ein behaarter Körper, gespaltene oder gekerbte Fußklauen, mäßig lange, von einander abstehende Taster, welche aufgerichtet und abstehend dicht behaart sind. Die meisten von ihnen erreichen nur mittlere Größe. Manche Formen kommen ausschließlich im hohen Norden vor und sind durch lichtere Grundfarbe und ein auffallend dünnes und durchsichtiges Schuppenkleid ausgezeichnet; andere sind den Alpen und übrigen höheren Gebirgen eigenthümlich, welche zahlreiche Arten, wenn auch nicht immer ausschließlich, ernähren. Zu diesen gehören die dunkelsten, auf der Unterseite mit fein geadertem Marmor gezeichneten. Sie tummeln sich besonders auf Wiesen und Grasplätzen umher. – Die Raupen der Aeugler laufen am verdünnten Ende in zwei Schwanzspitzchen aus, welche die Stelle der fehlenden Nachschieber vertreten, sind glatt oder runzelig, sehr häufig sammetartig behaart und heller oder dunkler der Länge nach gestreift. Sie leben fast ausschließlich an Gräsern und zwar sehr versteckt; weil sie des Nachts fressen, verbergen sie sich bei Tage am Grunde ihrer Futterpflanzen in oder an der Erde. Die bräunlichen Puppen runden sich mehr ab, als die der meisten übrigen Tagfalter und finden sich flach unter der Erde oder unter Steinen, andere aufgehängt.

Man hat die zahlreichen Arten je nach der Beschaffenheit einiger Längsrippen, ob sie dicke Schwielen bilden oder nicht, je nach dem Längenverhältnisse der Mittelschienen zu ihrem Fuße, je nach den geknopften oder allmählich in eine Keule übergehenden Fühlern, je nach der Gestalt der Hinterflügel, ob sich dieselben am Innenrande ausschweifen oder nicht, in eine Reihe von Gattungen zerlegt, von denen Erebia (Randbandäugler), Chionobas (durchsichtige Aeugler), Satyrus (Breitbandäugler), Epinephele (düstere Aeugler, Ochsenaugen), Pararge (scheckige Aeugler), Coenonympha (kleine Aeugler) die verbreitetsten sind.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 360-361.
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