Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia)

Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia) nebst Raupe und Puppengespinst, natürliche Größe.
Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia) nebst Raupe und Puppengespinst, natürliche Größe.

[381] Die ersten umfassendsten Versuche bezogen sich auf den in Assam Erya genannten Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia), welcher meines Wissens zuerst 1854 von der Pariser Gesellschaft verbreitet worden ist. Den Unterschied, welchen man in letzterer Zeit zwischen einer Cynthia und Arindia aufrecht erhalten will, von denen jene Ailanthus glandulosa (Götterbaum), diese Ricinus communis fressen soll, kann ich nicht anerkennen. Ich habe durch den Berliner Akklimatisationsverein Eier der Saturnia Cynthia erhalten, die Raupen mit beiden Pflanzen gefüttert und gefunden, daß sie bei letzterer fast besser gedeihen; auch will mir der Unterschied nicht einleuchten, welcher im Ansehen zwischen beiden Schmetterlingen stattfinden soll. Der Ailanthus-Spinner also, den uns sammt Raupe und Puppengespinst obenstehende Zeichnung vorführt, entwickelt sich sehr schnell und läßt im Jahre bequem drei Bruten zu, wenn man nur im Stande ist, Futter zu besorgen, was freilich ein Treibhaus voraussetzt. Meist im Juni, oder erst im Juli kriechen die Raupen der zweiten Brut aus; nehmen wir einen späteren Zeitpunkt, den 14. Juli an, so erfolgt den 19. die erste, am 28. die zweite, den 8. August die dritte und am 14. die vierte Häutung. Diese Zeitpunkte sind ermittelt, sollen aber nur die [381] ungefähren Zwischenräume angeben, da Unterschiede von einigen bis acht Tagen nach meinen Erfahrungen stets vorkommen. Die Raupen sind grünlichgelb gefärbt und haben außer den sechs Reihen fleischiger Zapfen schwarze Pünktchen, zwei auf jedem Ringe zwischen den drei oberen Zapfenlinien, drei um das schwarz besäumte Luftloch zwischen den äußersten Reihen und außerdem noch zwei übereinander auf jeder Fußwurzel. Nach der letzten Häutung bekommen sie einen weißen, häufiger noch einen außerordentlich zarten blauen Anflug. Die Raupen wurden mehr oder weniger erfolgreich auch mit Weberkarde gefüttert. Im Herbst 1864, als die frühen Nachtfröste eintraten, welche beide erstgenannten Futterpflanzen zu Grunde richteten, gerieth ich in die größte Verlegenheit, indem ich viele hundert Raupen mühsam bis über die dritte Häutung, viele bis zur vierten gebracht hatte. Die letzteren ließen sich theilweise durch die Blätter des Essigbaums (Rhustyphina), welche mit denen des Götterbaumes einige Aehnlichkeit haben und weniger stark vom Froste gelitten hatten – täuschen; sie fraßen dieselben, und ich erhielt einige dreißig, allerdings dürftige Puppengehäuse. Dieselben wurden über Winter in einem kalten Zimmer aufbewahrt, und vom 12. Mai des nächsten Jahres an erschienen einige Schmetterlinge, welche eben nicht zu den größten gehörten. Wird durch erniedrigte Temperatur das Ausschlüpfen nicht verzögert, so dauert die Puppenruhe nur wenige Tage über drei Wochen. Die Eier brauchen ungefähr vierzehn Tage, bis die Räupchen daraus hervorbrechen, wenn man sie nicht absichtlich durch möglichst niedrige Temperatur daran hindert. Ueber den schönen Spinner sei nur bemerkt, daß die Grundfarbe in einem lebhaften, sammetartigen Rehbraun besteht, die Binden weiß, die Hinterränder der mondförmigen Glasfenster gelblich und die Augen vorn nach außen schwarz sind. Die weißen Haarschöpfchen des Hinterleibes nehmen sich sehr zierlich aus. Die beiden Futterpflanzen des eben besprochenen Seidenspinners, der Götterbaum und der Wunderbaum, gedeihen zwar im Sommer sehr wohl bei uns, sind aber eingeführt und grünen viel zu spät im Jahre, um sich im großen für mehrere Raupenbruten zu eignen. Dies sah man wohl auch bald ein und schaffte zwei andere Spinner herbei, deren Raupen sich mit Eichenlaub erziehen lassen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 381-382.
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