Dreizehntes Kapitel.
Die Schönheit des Gesetzes.

[406] Technik und Kunst. Es war unvermeidlich, daß mich im Zusammenhange mit den Farben gleichzeitig technische und künstlerische Fragen beschäftigten.

Wie sich die Hingabe an farbige Eindrücke bei mir in Versuchen auslebte, diese mit Hilfe der Malerei zu erfassen, habe ich im Laufe dieser Berichte an vielen Einzelheiten geschildert. Hierdurch wurde ich unausweichlich auf allgemeine Kunstfragen geführt, die mir außerdem, wenn auch nicht so dringend auch aus den anderen Künsten erstanden waren, insbesondere der Ton- und der Wortkunst. Und die zunehmende Erkenntnis, daß der Wissenschaft nichts unzugänglich ist, zwang mich, die Wissenschaft der Kunst ins Auge zu fassen.

Wie alle, die von der praktischen Seite zur Kunst gelangten, fand ich in den zahlreichen Werken über Ästhetik keine irgendwie befriedigende Auskunft. Schon die Notwendigkeit, welche diese Verfasser empfinden, in hohen Tönen von solchen Problemen zu reden und jede nüchterne Untersuchung als »Beckmesserei« zu verdächtigen, war mir ein Beweis, daß sie tatsächlich nicht viel zu sagen wußten, was mit nüchternen Worten ausgesprochen werden kann, d.h. nicht viel Vernünftiges oder Wissenschaftliches.[407]

Man kann nämlich mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß jedesmal, wenn der Schriftsteller eine Sache in gehobenem, feierlichen, rührenden, schwungvollen Ton behandelt, er wahrscheinlich auf Logik und Klarheit verzichtet. Und mit fast ebenso großer Sicherheit läßt sich beobachten, daß gerade solche Stellen (oder ganze Bücher) auf den durchschnittlichen Leser einen stärkeren Eindruck machen und ihm besser im Gedächtnis bleiben, als die scharfsinnigsten und klarsten Darbietungen desselben Verfassers. Was weiß der »Gebildete« von Kant? Den Vergleich des moralischen Gewissens mit dem Sternhimmel und allenfalls die schwungvolle Tirade über die Pflicht. Tatsächlich decken beide bedenkliche logische Lücken im Aufbau von Kants Philosophie.

Ich sah mich daher auf mich selbst zurückverwiesen und habe immer wieder versucht, mir begrifflich Klarheit über Kunst, insbesondere Malerei zu verschaffen. Am meisten half mir in solcher Hinsicht die Musik mit ihrem gut, wenn auch noch unvollständig entwickelten praktisch-wissenschaftlichen Unterbau. Der alten Kompositionslehre von Lobe verdanke ich hier höchst förderliche Belehrung, die mir Goethes Wort bestätigte, daß der Anteil des klar Aussprechbaren und daher Lehr- und Lernbaren in aller Kunst viel größer ist, als man gemeiniglich annimmt.

Eine große Abneigung entwickelte sich gleichzeitig in mir gegen die zahllosen Kunstschreiber, welche ohne zureichende Kenntnis jener erlernbaren Grundlagen unabsehbare Mengen Papier mit gedankenlosen mystischen oder metaphysischen Redensarten über Kunst und Kunstwerke verderben. Fast noch schädlicher, weil in den Mantel scheinbarer Wissenschaftlichkeit gehüllt, sind die Kunsthistoriker, wenn sie über gegenwärtige und künftige Kunst auf Grund ihrer geschichtlichen Kenntnisse ein Urteil beanspruchen. Solche Urteile sind nur in dem[408] Grade möglich, als das fragliche Gebiet von der Wissenschaft erobert, d.h. in seine naturgesetzlichen Beziehungen aufgelöst ist, denn nur die Wissenschaft in diesem genaueren Sinne ermöglicht auf Grund der erkannten Gesetze die Zukunft vorauszusehen. Aber gerade solche Arbeit vermißt man bei der größten Anzahl der Kunstgelehrten und fruchtbare Ansätze, wie sie von Fechner und Morelli (Lermolieff) geschaffen wurden, sind unentwickelt geblieben.

Immerhin war das Interesse an diesen Fragen nicht lebhaft genug, um ihnen innerhalb meiner mannigfaltigen laufenden Arbeiten und auf deren Kosten einen Platz zu schaffen. Erst als ich durch die Bearbeitung der Farbenlehre einen wissenschaftlichen Boden für die Lichtkunst neu gewonnen hatte, der dem der Tonkunst vergleichbar war, traten jene alten Wünsche und Fragen nach den Grundlagen der Malerei wieder in den Vordergrund. Als mir dann im Verfolg meiner Ordnungsarbeiten zur Farbenlehre unerwartet und ungerufen Schönheit entgegentrat, sah ich mich plötzlich einer solchen Fülle in der Stille gereifter Früchte gegenüber, daß Pflicht und Neigung mich mit gleicher Stärke zur Ernte riefen.

Das erste Licht. Unter den verschiedenen Anordnungen der Farbnormen hatte ich 1917 auch die nach Hauptschnitten durch den Farbkörper anschaulich ausgeführt. Solche bestehen aus zwei farbtongleichen Dreiecken in Gegenfarben, welche sich mit ihren grauen Seiten berühren und insgesamt eine Raute bilden. Wie wunderschön! rief ich aus, als ich sie zuerst sah, und: wie wunderschön! rief jeder aus, dem ich sie zeigte.

Nun gehöre ich, wie das in dieser Erzählung immer wieder zutage getreten ist, zu dem Geschlecht des Jünglings von Sais, zu denen, die nicht Ruhe geben, bis sie der Isis hinter den Schleier geguckt haben. Und die Priester, die uns das verwehren wollen, erscheinen uns[409] nicht als solche, sondern als Pfaffen, mit all den unschönen Eigenschaften dieser Klasse. Auch hatte ich, wenn ich es wieder einmal getan hatte, mich keineswegs »besinnungslos und bleich« wie jener Jüngling am anderen Morgen vorgefunden, sondern im Gegenteil höchst munter und zu neuen Taten willig.

So ließ ich es mir auch nicht genügen, mich an der Schönheit der Hauptschnitte hingebungsvoll zu erquicken, sondern begann ein heftiges Nachdenken. Ich hatte die Tafeln selbst geklebt, nachdem ich die Farben einzeln nach dem Gesetz der Normen (III, 401) eingestellt hatte, ohne irgendeine Absicht, Schönes zu erzeugen, und es war mir unter den Händen Schönheit entstanden, wie dem Chemiker, in dessen Schale unversehens entzückende Kristalle anschießen. Welche Quelle der Schönheit hatte ich da unbeabsichtigt an den Tag gebracht?

Um die Antwort zu finden, fragte ich mich: was habe ich denn eigentlich gemacht? Ich habe die tongleichen Farben nach dem Fechnerschen Gesetz gleichabständig geordnet, antwortete ich. Dies ergab die Schönheit. Und durch zufällige Verwechslungen beim Aufkleben habe ich mich überzeugt, daß die Schönheit schwindet, sobald das Gesetz nicht streng befolgt wird.

Also ist die Schönheit dadurch bedingt, daß das Gesetz erfüllt wird!

Farben und Töne. Der Schluß erschien ebenso unvermeidlich wie absurd. In tausend Abwandlungen hatte ich immer wieder gehört und gelesen, daß die Kunst und der Künstler frei ist, daß jede Bindung die Kunst zerstört, daß dort, wo die Natur zufällig Regelmäßigkeit zeigt, der Künstler Freiheit, d.h. Unregelmäßigkeit hineinbringen müsse. Ich habe schon (II, 115) erzählt, wie wenig meine eigenen Erfahrungen beim Malen mit diesen gebräuchlichen Ansichten stimmen wollten. Da ich mir zudem die Angst vor dem Absurden allmählich[410] abgewöhnt, dagegen ein unbegrenztes Zutrauen zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung angewöhnt hatte, so zuckte ich zusammen, wie ein Jagdhund, der eine Rebhühnerspur kreuzt, und schaute nach den neuen Möglichkeiten aus.

Diese gewährten keinen sehr einladenden Anblick. Die Tatsache, daß man in der Tonkunst seit Pythagoras die Gesetze der Harmonie kennt und mit deren Hilfe einen unermeßlichen Schatz von Schönheit anhäufen konnte, hat von jeher die Farbforscher angeregt, auch für die Farben Harmoniegesetze aufzustellen, und es gibt eine ziemlich ausgedehnte Literatur darüber. Keiner dieser Versuche, Goethes Kapitel über die sinnlichsittliche Wirkung der Farben eingeschlossen, hat aber jemals zu einem zuverlässigen »Generalbaß der Farben« geführt, den Goethe forderte und suchte. Es findet sich mit anderen Worten in jener Literatur keine einzige Anweisung, mit deren Hilfe man sicher Farbharmonien erzeugen kann, wie man nach bekannten Vorschriften sicher Tonharmonien bewirkt. Es sah also aus, als liefe ich Gefahr, hier in dasselbe Loch zu fallen, in welchem alle meine Vorgänger stecken geblieben waren.

Doch konnte ich mir andererseits sagen, daß inzwischen die Sachlage sich von Grund aus geändert hatte. Alle Vorgänger ohne Ausnahme hatten als selbstverständlich stillschweigend angenommen, daß ähnlich wie bei Tönen die Schwingzahl, so bei Farben der Farbton für die Harmonie allein maßgebend sei. Daß die Töne eine einfaltige Ordnung haben, die Farben dagegen eine dreifaltige, von der die Farbtöne nur eine Seite festlegen, hatte keiner dieser Theoretiker in Betracht gezogen. Durch den Farbton wird ja nicht eine einzelne Farbe bestimmt, sondern ein ganzes farbtongleiches Dreieck mit den hellsten und dunkelsten, den reinsten und den trübsten Abkömmlingen desselben Farbtons.[411]

Dieses Loch hatten die Vorgänger nicht vermieden, weil sie die Farbordnung nicht kannten, wie sie durch die Messung der Elemente sich ergibt. Ich aber kannte sie und lief nicht Gefahr, den gleichen Fehler zu machen.

Was ist schön? So ging ich frisch daran, die Quellen der Schönheit mit den mir geläufigen Mitteln der Wissenschaft genauer zu untersuchen. Hier lagen unübersehbare Massen ästhetischer Literatur vor. Ich hatte, wie erwähnt, häufig versucht, aus solchen Schriften mir Belehrung zu verschaffen, aber ganz vergeblich. Darin stand ich nicht allein. Denn ich habe niemals in den zahlreichen Künstlerbiographien und -briefen, die ich gelesen habe, die Angabe gefunden, daß einer aus dieser Gemeinde sich in seiner Arbeit durch irgendeines dieser Werke gefördert gesehen hätte. Wohl aber mit großer Regelmäßigkeit die entgegengesetzte Nachricht, daß ihm solche Werke nie das geringste genützt hätten. So mußte ich wieder einmal selbst zu machen versuchen, was ich von anderer Seite nicht bekommen konnte, und die Quellen der Schönheit aufgraben.

Ich fand deren zwei. Die eine besteht in der künstlichen Wiedererweckung früher erlebter willkommener Gefühle durch irgendeine, sinnlich vermittelte Erinnerung. Das Bildnis eines lieben Menschen z.B. erweckt solche Gefühle, gleichgültig ob das Gesicht schön oder unschön ist. In der Poesie ist es die Bedeutung der Wörter und Sätze, welche die willkommenen Gefühle hervorruft.

Die andere Quelle ist eine unmittelbare, zwecklose oder spielerische Betätigung der Muskeln oder Sinnesorgane, wie sie sich am reinsten im Tanz auswirkt, in Harmonie und Rhythmus der Musik, in Versmaß und Reim der Poesie. Diese Betätigung muß rhythmisch sein, d.h. in der Wiederholung gleicher (oder ähnlicher) Teile bestehen, sonst erzeugt sie nicht die willkommenen Gefühle, welche die Schönheit kennzeichnen.[412]

Sieht man genauer zu, so erweist sich nur die eben gegebene allgemeine Auffassungsweise als neu. Sachlich handelt es sich um die altbekannten Bestandteile der Kunstwerke, die meist Inhalt und Form genannt werden. Daß sie sich an verschiedene Gebiete des Geistes wenden, hat Goethe mit ruhiger Genauigkeit bezeichnet in den Versen:


Der Gehalt in deinem Busen

Und die Form in deinem Geist.


Der Gehalt wird also dem Gefühl, die Form dem Verstande zugewiesen.

Nun war es nicht mehr schwer, die Frage zu beantworten, was die Gesetzlichkeit mit der Schönheit zu tun hat. Gesetz bedeutet Wiederholung, denn es hat die allgemeine Form: immer, wenn A da ist, findet sich auch B. Wiederholung aber ergibt Rhythmus, und alle künstlerische oder schöne Form beruht auf Rhythmus im allgemeinsten Sinne, d.h. Wiederholung. Das Gerede von der künstlerischen Freiheit ist also nur ein mißverstandenes und mißverständliches Geschwätz. Es ist vielmehr umgekehrt: der Künstler sucht bei der Arbeit mit äußerstem Bemühen jene einzigartige Gestaltung, durch welche sein Werk schön wird, und er weiß, daß er es verdirbt, wenn er statt dessen etwas Willkürliches hinsetzt. Denn es handelt sich hier wieder um den ausgezeichneten Fall (III 378), und dieser duldet keine Willkür.

Zugang zur Farbharmonie. Es ist also der Anteil des Kunstwerks, der durch die Form bestimmt wird, wo sich das Gesetz als Quelle der Schönheit betätigt. Der Gehalt wird dadurch nicht, oder nur mittelbar berührt. Die Formenschönheit aber, und das ist das Gesamtergebnis meiner Untersuchungen, beruht immer und durchaus auf Gesetzlichkeit. Hierbei ist unter Form keineswegs nur[413] die räumliche Gestalt verstanden, sondern auch die zeitliche und die begriffliche Ordnung.

Nun ist das Kunstwerk als Ganzes durch die gleichzeitige und sich gegenseitig unterstützende Wirkung von Form und Inhalt gekennzeichnet. Hier ist aber nicht eine Lehre vom Kunstwerk beabsichtigt, sondern nur eine Lehre vom Schönen. Für den allgemeinen Begriff des Schönen genügt einer jener beiden Faktoren. Mit der Schönheit des Inhalts haben wir uns hier nicht zu befassen; die Untersuchung soll sich auf die Schönheit der Form beschränken, die wir im weiten Einklang mit dem Sprachgebrauch Harmonie nennen können. Für diese gilt nun allgemein: Gesetzlichkeit bewirkt Harmonie.

Dies war der gesuchte Schlüssel für die Aufklärung der an den Hauptschnitten des Farbkörpers gemachten Beobachtung, daß dort ausgeprägte Schönheit entstanden war, ohne von einem Künstler geschaffen zu sein. Nicht ohne Absicht habe ich oben diesen Vorgang mit dem Entstehen eines Kristalls verglichen. Denn alle Kristalle sind schön, unabhängig von den Stoffen, aus denen sie sich bilden. Auch ihre Schönheit beruht ausschließlich auf der Gesetzlichkeit, nach der sich ihre kleinsten Teilchen zu den Gestalten ordnen, die wir bewundern. Mir waren von meinen mikrochemischen Arbeiten her die Erscheinungen bekannt, welche die Kristallisationen unter dem Mikroskop zeigen und die Fülle mannigfaltigster Schönheit, die sich dort unter den einfacheren Verhältnissen kleinster Mengen freier und übersichtlicher darbietet, als bei den Vorgängen unter gewöhnlichen Bedingungen, hatte mich immer wieder erfreut. Das Harmoniegesetz gab mir Aufklärung über die an sich höchst merkwürdige Tatsache, daß alle Kristalle schön sind.

Auf die Frage nach der Harmonie der Farben gibt das Gesetz die Auskunft: harmonisch werden alle[414] Farben wirken, zwischen denen ein gesetzlicher Zusammenhang besteht. Also nicht nur der Farbton bedingt die Harmonie, sondern an ihrem Zustandekommen sind alle drei Elemente beteiligt: der Farbton, der Weiß- und der Schwarzgehalt. Erst wenn alle drei gesetzlich geordnet sind, kann von einer Harmonie die Rede sein. Und zwar wird die Harmonie um so verständlicher sein, je einfacher das Gesetz ist, welches die Farben verbindet.

Damit hatte sich mir wieder einmal ein Neuland aufgetan, das eine überaus reiche Welt dem Blick offenbarte, der sich beim Versuch, es zu überschauen, in unabsehbare Fernen verlor.

Graue Harmonien. Eingedenk dessen, daß ich den Zugang zur Zerlegung der Buntfarben nur auf grund der vorangegangenen Erforschung der unbunten hatte finden können, gedachte ich alsbald, das versuchsweise aufgestellte Harmoniegesetz in der einfacheren grauen Welt zu erproben. Dies war um so einladender, als bis dahin von grauen Harmonien überhaupt noch niemand etwas gewußt oder gesagt hatte. Ich begab mich also auf meinen gewohnten Nachdenkeweg, die Landstraße von Groß-Bothen nach Grimma, welche über Höhen geht und weite Fernblicke darbietet, deren Einfluß die Erfassung weiter Gedanken erleichtert.

Nach welchem Gesetz kann man graue Farben ordnen? Da sie nur eine Veränderliche haben, die Helligkeit oder den Weißgehalt, so muß es eine Beziehung an dieser sein. Stelle ich zwei verschiedene graue Farben zusammen, so liegen zwei verschiedene Helligkeiten vor, die in einem bestimmten Verhältnis stehen. Dieses ist eine einzelne Zahl, kann also kein Gesetz darstellen, denn ein Gesetz verbindet zwei Werte (oder noch mehr). Also können graue Harmonien erst zwischen drei grauen Farben auftreten. Das einfachste Gesetz[415] wäre, daß die erste zur zweiten in demselben Verhältnis steht, wie die zweite zur dritten. Das ist aber die Definition der geometrischen Reihe.

Geometrische Reihe! Nach dieser hatte ich ja die Normen a c e g i l n p geordnet, um gemäß dem Fechnerschen Gesetz gleiche Abstände für die Empfindung zu erhalten. Also was kam heraus? Daß die grauen Normen miteinander verbunden unmittelbar Harmonien ergeben sollten!

Im ersten Augenblick war ich verblüfft. Dann aber kam mir in den Sinn, wie meine Untersuchungen über den ausgezeichneten Fall mich hatten erkennen lassen, daß allgemein ein Fall, der in einer Hinsicht ausgezeichnet ist, es auch in anderen Hinsichten ist. Die Normen waren willkürfrei nach dem einfachsten Gesetz gleicher Abstände gewählt worden, stellten also einen ausgezeichneten Fall dar. Somit konnte man an ihnen auch den ausgezeichneten Fall für die Harmonie erwarten.

Ungeduldig kehrte ich auf meinem Wege um, um alsbald die Sache durch den Versuch zu prüfen. Denn ich hatte ja von der Normung her die eingestellten grauen Tünchen vorrätig. Unterwegs überlegte ich die vorhandenen Möglichkeiten und fand ein ganzes Dutzend grauer Harmonien zwischen je drei unbunten Farben. Man kann sich vorstellen, mit welcher Spannung ich den ersten Versuch anstellte. Es war ein Chinesisches Ornament aus einem Atlas, das ich auf solche Weise in Farbe setzte.

Das Ergebnis fiel ganz zweifellos zugunsten der Theorie aus. Nicht nur ich, sondern auch die Hausgenossen fanden die Zusammenstellung schön. Besonders überzeugend war aber folgende Erfahrung. Ähnliche Bilder, die absichtlich mit Farben ungleichen Abstandes ausgeführt waren, wurden nicht abgelehnt, wenn ich sie zuerst vorzeigte. Denn jedermann ist an den Anblick[416] der gewöhnlichen Grau-in-Grau-Bilder gewöhnt, welche fast immer unharmonisch sind.

Wenn aber das Auge einige Male den Eindruck der grauen Harmonien erfahren hatte, so fühlte sich der Beschauer von der Disharmonie geradezu abgestoßen, denn jetzt erlebte er den Unterschied zwischen beiden. Seitdem habe ich diese Versuche hundertfältig mit den verschiedenartigsten Menschen durchgeführt, und immer mit dem gleichen Erfolge. Um genau zu sein, muß ich indessen hinzufügen, daß einmal der Versuch versagte. Der Beschauer fand das unharmonische Bild ebenso schön wie die harmonischen. Es war ein Kunstgelehrter.

Die Gesamtheit meiner Erfahrungen kann ich dahin zusammenfassen, daß fast alle Menschen, vor allem die Frauen, fähig und willig sind, die Schönheit der gleichabständigen grauen Harmonien zu empfinden. Wer solche nie vorher gesehen hatte, lernt beim Anschauen einiger solcher Bilder überraschend schnell, sich des wohltuenden Eindrucks bewußt zu werden, der von ihnen ausgeht. Und dann pflegt er auch bald imstande zu sein, Disharmonien zu erkennen. Insbesondere fand ich, daß bunte Harmonien viel weniger schnell und leicht empfunden oder »verstanden« werden, als die einfacheren grauen. Dies ist leicht zu erklären, denn da bisher niemals rein gestimmte Farbharmonien hergestellt werden konnten, so hat niemand Gelegenheit gehabt, sie kennen zu lernen und gegebenenfalls wiederzuerkennen. Das Verhältnis ist ganz dasselbe, wie das eines Chinesen oder Japaners zur Europäischen Musik. Auch der Asiate muß erst lernen, wie die einfachsten Tonharmonien klingen, ehe er sie erkennen und genießen kann. Man wird es mir gern nachfühlen, wie glücklich mich das Ergebnis machte. Die allgemeine Gleichung Harmonie = Gesetz war mir mit dem Anspruch entgegengetreten, ein ganz allgemeines Grundgesetz der Schönheitslehre zu sein. Ich stellte es[417] alsbald auf eine besonders scharfe Probe, indem ich mit seiner Hilfe Schönheit dort er zeugte (im grauen Gebiet), wo sie niemals vorher vermutet war. Die völlig eindeutige und zweifellose Bestätigung, welche dieses verwegene Experiment ergab, war in der Tat ein Glücksfall. Denn es lag ja noch die Möglichkeit vor, daß die Menschen überhaupt keine Empfänglichkeit für diese Harmonien zeigen würden, da sie nie früher welche hatten erleben können. Daß der Versuch dennoch gelang, muß ich dem Umstande zuschreiben, daß es sich hier um die allereinfachsten Harmonien handelt, die es im Farbgebiet überhaupt gibt, so daß die Aufgabe die Leistungsfähigkeit des durchschnittlichen Europäers wirklich nicht überstieg.

Kalik. Ich bin der Meinung, in dem Satz Harmonie = Gesetz ein Grundgesetz der Schönheitslehre entdeckt und dieser damit die Möglichkeit einer exaktwissenschaftlichen Entwicklung als eines Teils der Psychologie eröffnet zu haben. Wann diese Entwicklung eintreten wird, kann ich nicht voraussagen, doch wird es voraussichtlich noch sehr lange dauern. Denn es handelt sich hier um die bis zum tiefsten Grunde reichende Wendung eines Faches, welches bisher nur historisch, d.h. mittelalterlich-scholastisch betrieben worden ist. Derselbe Haß, welchen Galilei durch seine Widerlegung der Aristotelischen Irrtümer über die Grundsätze der Mechanik bei der christlichen Priesterschaft hervorrief, wird von der Priesterschaft der heutigen Kunstscholastik gegen das Eindringen der Wissenschaft in das bisher von ihnen beherrschte Gebiet betätigt werden, wenn das bisher mit militärischer Pünktlichkeit geübte Totschweigen versagen wird. Mir werden diese Erscheinungen eine Bestätigung dessen sein, daß man auch im »geisteswissenschaftlichen« Gebiet den Ablauf der Vorgänge in der Gruppenseele mit recht erheblicher Sicherheit wenigstens qualitativ voraussagen kann.[418]

Da mir indessen daran liegt, daß meine Bestrebungen genau von denen der bisherigen Ästhetik unterschieden werden, will ich für die von mir geplante Wissenschaft den Namen Kalik benutzen. Das Wort ist aus dem griechischen Kalos (schön) gebildet nach dem Vorbilde von Physik, Optik, Akustik, und ist mit dem Ton auf der ersten Silbe auszusprechen. Es handelt sich, wie man sieht, um die Entwicklung der vor einem halben Jahrhundert vergeblich von Fechner geforderten »Ästhetik von unten«, gemäß der Einsicht jenes genialen Forschers, daß die übliche »Ästhetik von oben« die Sache verkehrt anfängt, wodurch sich die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen erklärt.

Bunte Harmonien. Nun war auch die Erklärung der Schönheit der Hauptschnitte (III, 409) gefunden. Die Farbfelder der Dreiecke waren nicht nur nach den Gesetzen der nächsten Verwandtschaft (Weißgleiche, Schwarzgleiche, Reingleiche) in Reihen parallel den Dreieckseiten geordnet, sondern auch ihre Abstände entsprachen dem einfachsten Gesetz, dem der Gleichheit. Die ganze Erscheinung war allseitig mit einfachster Gesetzlichkeit durchtränkt und dabei doch so neu, daß diese Einfachheit nicht langweilig wirkte.

Wie eben angedeutet, sind in der Ordnung des farbtongleichen Dreiecks drei Arten gesetzlicher Reihung enthalten. Zwischen den Gliedern dieser Reihen kann man offenbar in ganz derselben Weise Dreierharmonien herstellen, wie zwischen den Gliedern der Graureihe. Dies ergibt drei Klassen farbtongleicher Harmonien.

Solche Reihen waren schon seit Jahrhunderten, ja Jahrtausenden durch die Künstler entdeckt und verwendet worden. Zunächst zum Ausdruck der verschieden starken Beleuchtung je nach Lage der Fläche zur Lichtquelle: zum Schattieren. Sodann in der Ornamentik zu Ton-in-Ton-Gebilden. Um sie zu erhalten, wurde einfach der reine[419] Farbstoff für die tiefsten Schatten benutzt und für die helleren abgestufte Mischungen mit Weiß. Noch heute ist es fast unbekannt, daß auf diese Weise ganz fehlerhafte Schatten erhalten werden, die viel zu reine Farben am dunklen Ende haben. Es ist eine der bedeutendsten Entdeckungen des großen Lionardo da Vinci, diesen Fehler gefunden und den Weg zu einer Abhilfe gezeigt zu haben. Aber ich möchte den Kunsthistoriker kennen lernen, der diese fundamentale Tatsache weiß. Und wie viele Maler wissen davon? Auch ich habe davon nichts gewußt und in meinen früheren Bildern oft genug jenen Fehler gemacht, bis die Herstellung richtiger Schattenreihen auf Grund der messenden Farbenlehre mich aufklärte.

Ich setzte alsbald eines meiner grauen Muster nach den drei gesetzlichen Reihen in Farbe und erhielt Blätter von ungeahnter Schönheit und von grundverschiedenem künstlerischen Charakter, je nachdem Schattenreihen, weiß- und schwarzgleiche Reihen benutzt wurden. Unmittelbar verständlich waren die Harmonien aus den Schattenreihen, mit denen wir ja aus täglicher Erfahrung vertraut sind. Doch wirkte sich ihre Richtigkeit gegenüber der fehlerhaften Schattierung, die man zu malen pflegt, in einer sehr starken Erhöhung ihrer Schönheit aus. Viel neuartiger sahen die weißgleichen Harmonien aus, doch konnte ich sie gleichfalls noch »verstehen«. Am schwierigsten erwiesen sich die schwarzgleichen, für die daher in absehbarer Zeit eine besonders eigenartige Seite in der bewußten Herstellung farbharmonischer Gebilde zu erwarten ist.

Wertgleiche Harmonien. Die nächste Frage war: welche andere einfache gesetzliche Beziehung besteht zwischen den Farben? Die Antwort ergab sich aus der Betrachtung des Farbkörpers.

Geht man von irgendeinem bestimmten Punkt im Farbkörper aus, so kann man durch ihn und durch die Achse eine Ebene legen, welche eine Gruppe der nächsten Verwandten[420] und damit die harmonischen Farben enthalten wird. Dabei entsteht ein Hauptschnitt, und wir haben gesehen, welche reiche Ernte man dort findet. Aber man kann auch durch denselben Punkt einen Kreis mit dem Mittelpunkt in der Achse des Doppelkegels legen. Dieser kennzeichnet einen Farbenkreis, in welchem jede zugehörige Farbe denselben Gehalt an Weiß und Schwarz hat. Nur der Farbton wechselt. Wir nennen solche Farben wertgleich; der erwähnte Kreis ist also ein wertgleicher Kreis, und die zwischen seinen Farben vorhandenen Gesetzlichkeiten beziehen sich auf Zusammenstellungen verschiedener Farbtöne.

Hier sind wir endlich an der Stelle angelangt, die bisher ausschließlich von den Farbharmonikern untersucht aber nicht aufgeklärt worden ist, und wir erkennen die Ursache ihrer Mißerfolge. Die Frage, ob z.B. Rot und Seegrün harmonisch sind, ist gänzlich unbestimmt und daher unbeantwortbar. Auch wenn man die Farbtöne genau angibt und z.B. Gegenfarben annimmt, wie etwa das erste Rot 7 und das erste Seegrün 19, hat man immer noch 28 an Weiß und Schwarz verschiedene erste Rot (wenn man sich auf die Normen beschränkt; sonst sind es Tausende) und ebensoviele Seegrün, was insgesamt 378 verschiedene Paare ergibt, von denen nur wenige harmonisch sind. Erst nachdem man über Weiß und Schwarz Verfügung getroffen hat, liegt ein bestimmtes Paar vor.

Die einfachste Gesetzmäßigkeit ist hier die Forderung der Wertgleichheit. Wir haben also die Zusammenstellung der Farben aus einem wertgleichen Kreise zu untersuchen und nur hier können wir die ersten bunten Harmonien zu finden hoffen.

Die Ergebnisse sind hier nicht so einfach, wie bei den grauen Harmonien, entsprechend der viel größeren Mannigfaltigkeit. Denn wir haben im Farbkörper 28 verschiedene wertgleiche Kreise, entsprechend den 28 Feldern[421] des farbtongleichen Dreiecks, und dieselben Farbtonverbindungen wirken sehr verschieden, je nach dem Kreise, aus dem sie genommen wurden. So machen Gegenfarbenpaare aus den reinfarbigen Kreisen pa oder na einen sehr lauten Eindruck, der von manchen schreiend oder brutal genannt wird, während dieselben Paare aus trüben Kreisen wie ge oder li sanft und doch lebendig wirken.

Immerhin kann man allgemein sagen, daß man gute Harmonien bekommt, wenn man den Kreis in eine kleine Zahl, nämlich 2, 3, 4, 6, 8 gleiche Teile zerlegt und die entsprechenden Farben verbindet. Sie haben in unserem 24-teiligen Kreise die Abstände 12, 8, 6, 4 und 3. Am verständlichsten sind die »Gegenfarben« mit dem Abstand 12 der Farbtonzahlen. Dann kommen die von der Drittelung des Kreises herrührenden mit dem Abstand 8. Es sind dies die Triaden, die auch in der sehr ungenauen Einstellung der Maler des 16. Jahrhunderts als sichere Harmonien eine große Rolle gespielt haben. Aber auch die folgenden Abstände 6, 4, 3 ergeben verständliche Harmonien, namentlich wenn nur zwei oder drei Farben verbunden werden, unter Fortlassung der übrigen.

Im übrigen stellte sich heraus, daß man ohne eigentlichen Mißklang jede Farbe eines wertgleichen Kreises mit jeder anderen verbinden kann. Die Gleichheit der unbunten Anteile wirkt also als ausreichende Gesetzlichkeit. Auch hier hat die Praxis der Künstler schon früh die Hauptsache in gewisser Annäherung erreicht, denn die wertgleichen Farben sind das, was sie Farben gleicher »Valör« nennen, allerdings ohne imstande zu sein, sie sicher zu bestimmen. Auch hier mußte das Gefühl aushelfen, das man mitbringen muß, um solche Farben zu finden. Wieder zeigt sich der Fortschritt vom unterbewußten Gefühl des Künstlers zum bewußten Wissen und Können des Wissenschaftlers.

Bunt mit Grau. Ich möchte nicht unterlassen, auf eine weitere Klasse von Harmonien hinzuweisen, die man[422] bisher nicht als solche kannte, wenn auch einzelne Fälle nicht selten gefühlsmäßig gefunden wurden. Es sind dies die graubunten Harmonien.

In der praktischen Farbharmonik, die im Gebiet der weiblichen Kleidung eine so wichtige Rolle spielt, wird oft der Satz als zutreffend angesehen: Weiß und Schwarz verderben keine Farbe, d.h. sie lassen sich mit allen Buntfarben ohne Dissonanz verbinden. Fragen wir uns, was das Grundgesetz hierzu sagt, so erhalten wir eine ganz andere, sehr bestimmte Auskunft, die uns zu einer sehr großen Gruppe köstlicher Wohlklänge führt.

Es sei irgendeine Buntfarbe gegeben, z.B. 8 ie. Wir analysieren: 8 ist das zweite Rot, etwa Karmin; i ist ein mittlerer Weißgehalt: das Rot ist also halbwegs zwischen blaß und tief; e ist ein merklicher Schwarzgehalt: es ist deutlich trüb. Also insgesamt, was man etwa Weinrot nennt. Kann man ein solches Rot wohl mit schwarzem Samt verbinden? Die Dame von Geschmack wird es nicht tun, weil es darauf fad aussieht. Oder vielleicht mit weißer Seide? Auch nicht, denn es wirkt damit schmutzig. Wohl aber gibt es gewisse Schattierungen von Grau, denen es sich gern und gut gesellt. Kann man dieses Grau genauer bestimmen?

Die Antwort ergibt sich, wenn man fragt, welche grauen Farben mit 8 ie in gesetzlichem Zusammenhange stehen. Es sind i und e, denn i hat ebensoviel Weiß wie 8 ie und e ebensoviel Schwarz. Und bringt man 8 ie mit Grau i oder e, oder mit beiden zusammen, so hat man ruhige, schöne Harmonien. Kein anderes Grau gibt eine gleich gute Wirkung.

Also wieder eine Entdeckung von Neuland mit Hilfe des Grundgesetzes. Nach so viel Bestätigungen darf man es wohl als erwiesen betrachten.

Was hier in aller Kürze angedeutet wurde, um ein Bild von der Art und dem Umfang der neuen farbharmonischen Entdeckungen zu geben, welche auf Grund der Farbmessung[423] und -ordnung möglich geworden waren, gab in entwickelter Gestalt den Inhalt eines kleinen Buches, das ich 1918 unter dem Titel »Die Harmonie der Farben« veröffentlichte. Es erweckte keinen Widerhall in der ganzen der Kunst gewidmeten Presse, ausgenommen einige möglichst kurz und unauffällig gehaltene Ablehnungen. Trotzdem war die erste, reichlich bemessene Auflage bald vergriffen. Inzwischen hatte ich vielfältige Versuche angestellt, um zu erproben, ob die errechneten Harmonien tatsächlich angenehm auf das Auge wirkten. Dies war durchaus der Fall, und ich konnte mich jahrelang des Gedankens erfreuen, daß meinem beglückten Auge farbige Wohlklänge sich entschleierten, die niemals vor mir ein sterbliches Auge gesehen hatte.

Dieses neue Erfahrungsmaterial nebst einigen begrifflichen Fortschritten von Belang arbeitete ich in eine neue Auflage hinein, von der gleichfalls jährlich rund ein Tausend verkauft wurde. Hieraus kann ich entnehmen, daß das Buch stille aber eifrige Leser gefunden hat, vermutlich vorwiegend in technischen Kreisen. Aus diesen aber erfährt man nicht so leicht, ob und wie der Inhalt in Gebrauch genommen worden ist, denn hat der Färber, der Musterzeichner, der Tapetenfabrikant damit Erfolg gehabt, so schweigt er sich sorgfältig darüber aus, um die liebe Konkurrenz nicht auf die Spur zu leiten.

Immerhin kann ich bei meinen alljährlichen Besuchen Karlsbads sowohl in den Auslagen der Läden wie an dem, was die Damen tragen, eine schnelle Zunahme in der Anwendung berechneter Harmonien feststellen. Etwa um 1925 zählte ich einmal auf einem halbstündigen Spaziergang fünf richtige Triaden wertgleicher Farben, ungerechnet viele kleine Einzelanwendungen. So bin ich darüber beruhigt, daß dies neue Arbeitsmittel sicheren Fuß an der Stelle gefaßt hat, auf die es mir am meisten ankommt, nämlich dem Kunstgewerbe im weitesten Sinne, um der Deutschen[424] Industrie die Herstellung von Edelwaren zu erleichtern. Ob und wann die Künstler diesen grundlegenden Fortschritt übernehmen werden, ist eine Frage, die mir geringe Sorge macht und die ich diesem eigenwilligen Völkchen zu beantworten überlasse. Nachdem der wüste Subjektivismus der letzten Jahrzehnte seine Rolle ausgespielt hat, ist nach dem Wellengesetz der Geschichte eine wesentlich entgegengesetzte Richtung zu erwarten, welche in der Zeichnung zu genauer Arbeit und betonter Rhythmik, in der Farbe zu klaren Harmonien führen wird. Da diese letzteren nur im Rahmen der Gesetzlichkeit möglich sind, so handelt es sich um die hier angedeuteten Harmonien. Sie vermittels eines reinen Farbgefühls zu finden, ist keineswegs unmöglich, aber eine mühevolle und langsame Arbeit, und das Ergebnis ist notwendig nur angenähert gut. Der Künstler dagegen, der die »Farborgel« zu meistern gelernt hat, verfügt frei über den ganzen Umfang der denkbaren und möglichen Harmonien und kann sein Werk bald zur reinen Höhe bringen. Denn Harmonien kann man nicht schaffen, sondern nur entdecken und anwenden.

Diese Bemerkungen sind nicht nur Zukunftsmusik. Abgesehen von vielen hundert Blättern, die ich selbst hergestellt habe, arbeiten bereits einige namhafte Künstler bewußt mit der neuen Lehre und sie werden nicht müde, mich zu versichern, wie groß die Förderung dabei ist. Von den älteren, namhaften nenne ich den Dresdener Meister Wolfgangmüller. Die jüngeren nenne ich lieber nicht, nachdem ich sie in ihrem eigenen Interesse gebeten habe, die Tatsache lieber geheim zu halten, daß sie sich meiner Lehre bedienen.

Das Problem der Form. Daß Schönheit aus Gesetzlichkeit entsteht, konnte ich sehr bald darauf in einem neuen Gebiet erproben. Um zu prüfen, ob zwei oder mehr Farben harmonisch wirken, hatte ich irgendwie gestaltete Flächen in diesen Farben nebeneinander zu stellen. Ich versuchte[425] dies und jenes, was sich darbot und konnte bald erkennen, daß der Erfolg der Farbenverbindungen eine starke Abhängigkeit von den benutzten Gestalten aufwies. Hier gab es nun wieder keinen anderen Weg, als den einer wissenschaftlichen Untersuchung.

Daß hier Aufgaben vorhanden waren, deren Lösung mir eine große Freude gemacht hätte, war mir schon während meiner Dorpater Assistentenjahre erkennbar geworden. Unter den mancherlei Dingen, mit sich Öttingen beschäftigte, kam gelegentlich auch Kunstgewerbliches vor. Er hielt allgemeinverständliche Vorträge darüber und benutzte hierfür die auf der Universitätsbücherei vorhandenen Tafelwerke, unter anderen die Grammatik der Ornamente von Owen Jones, deren zahlreiche bunte Tafeln ich mit großer Hingabe betrachtete. Hierbei war mir aufgefallen, daß unter den Ornamenten der primitiven Völker sich eines von dem ungefähren Umriß eines Menschen mit gespreizten Beinen befand, mit der merkwürdigen Eigenschaft, daß die senk- und wagerecht nebeneinander gestellten Gestalten die Ebene restlos ausfüllten. Ich sagte mir, daß diese Eigenschaft (ich habe solche Formen später raumschlüssige genannt) ihre bestimmten geometrischen Ursachen haben mußte. Da diese mir aber bei der Betrachtung des Musters nicht gleich klar werden wollten, ließ ich die Sache auf sich beruhen, doch mit dem stillen Vorbehalt, darauf zurückzukommen, wenn die Zeit erfüllt war.

Nun war sie erfüllt, und zwar in einem Umfange, der jene Einzelfrage weit überstieg. Denn ich sagte mir: ist die Gleichung Gesetz = Harmonie gültig, so müssen ja alle gesetzlichen Gestalten schön sein. Jenes raumschlüssige Muster, das mich so lebhaft und angenehm angesprochen hatte, sollte demnach eben dieser Gesetzlichkeit seine Schönheit verdanken, und wenn ich die geometrischen Bedingungen herausfand, welche solche raumschlüssige[426] Muster ergeben, so hatte ich damit eine Quelle vielfältiger räumlicher Formenschönheit aufgedeckt.

Ich hatte im Anschluß an meine Farbenstudien mir wieder Tafelwerke verschafft, welche verschiedene Gebiete der bunten Flächenkunst behandelten. Aus Japanischen Farbenholzschnitten lernte ich, wie man Naturformen künstlerisch verwerten kann: nicht durch getreue Nachahmung der Gegenstände, sondern durch eine umgestaltende Anpassung an die Bildfläche, die offenbar bestimmten Gesetzen folgte. Diese mußten sich als Sonderfälle jenes allgemeinen Harmoniegesetzes begreifen lassen. Das ältere Werk von Racinet über bunte Ornamente hatte ich mir schon früher beschafft, andere erhielt ich aus öffentlichen Büchereien. Ich fragte mich, ob alle diese Tausende von Ornamenten sich unter den Begriff der Gesetzlichkeit einordnen lassen und kam zu dem Ergebnis, daß dies ausnahmslos der Fall ist.

Einigermaßen kam mir diese Entdeckung unwillkommen, denn ich war mitten in der Farbharmonielehre darin und empfand den Einbruch dieses neuen Gedankenstroms als störend, fast zerstörend. Doch mußte ich mich darein ergeben, denn es ging ebensowenig an, diesen heftig sprudelnden Quell ungefaßt zu lassen, wie das bei einem eben angebohrten Naftaquell tunlich ist. Außerdem brauchte ich die Ergebnisse für die Farbstudien.

Die Harmonie der Formen. Im Winter 1921/22 gab ich mich völlig der neuen Arbeit hin. Ich beschleunigte die Ausreifung der Grundgesetze durch eine überdurchschnittliche Willensanstrengung, da mir daran lag, recht bald die Sache so weit in Ordnung zu bringen, daß ich gesicherte Unterlagen für meine farbharmonischen Studien hatte. Meine ordnungswissenschaftlichen Vorarbeiten kamen mir hierbei wieder zustatten und ermöglichten eine ziemlich schnelle erste Gesamtübersicht mit genügender Ausarbeitung der Einzelfälle. Der Gedankengang war folgender.[427]

Was ist das allgemeine Kennzeichen des Gesetzes? Antwort: die Wiederholung. Wieder war ich zuerst etwas verblüfft über diese bestimmte Antwort, aber ich konnte mich bald überzeugen, daß sie richtig und erschöpfend ist.

Denn ein jedes Gesetz, ob obrigkeitlich oder natürlich, hat die Form: wenn A vorhanden ist, so ist B die Folge, wo A und B bestimmte Begriffe sind, von größerem oder geringerem Umfang. Ob es sich um Vergehen und Strafe, Erwerb und Steuern, Nahrung und Assimilation, Erwärmung und Verdampfung, Reibung und elektrische Ladung handelt: immer wiederholt sich das Eintreten von B, wenn A irgendwie erscheint.

Also besteht auch die Gesetzlichkeit und somit die Harmonie der Form in der Wiederholung, gleich oder ähnlich. Oder streng genommen: mehr oder weniger ähnlich. Denn genau gleich sind niemals zwei Dinge unserer Welt; zumindest sind sie nach Zeit und Raum verschieden.

Welche Arten der Wiederholung gibt es? Antwort: drei Arten, nämlich Schiebung, Drehung und Spiegelung. Auf diese drei Grundvorgänge lassen sich alle Einzelfälle zurückführen. Hierbei kann man die einzuhaltende Gesetzlichkeit von der strengsten bis zur freiesten abstufen. Geschichtlich erweist sich, daß die strengen Formen, deren Gesetzlichkeit die einfachste ist, zuerst auftreten, und daß die freieren und mannigfaltigeren Formen erscheinen, wenn die einfachen Reize verbraucht sind. Hat die Entwicklung in solchem Sinne eine gewisse Höhe erreicht, so tritt leicht der Irrtum auf, daß die Gesetzlichkeit überhaupt entbehrlich sei und der Künstler nur in unbedingter Freiheit oder Gesetzlosigkeit gedeihen könne. Es ist lehrreich und erheiternd zu beobachten, wie solche Auswüchse eines unwissenschaftlichen Wollens (denn von Denken ist ja hier nicht die Rede) sich alsbald überschlagen und dann von einer Welle abgelöst werden, in welcher die strenge Gesetzlichkeit wieder ganz in den Vordergrund gestellt wird.[428]

Die Lehre von den gesetzlichen oder schönen Formen faßte ich dann in einem kleinen Buche: Die Harmonie der Formen zusammen, welches 1922 erschien. Die große Summe neuer Erkenntnisse, welche es enthielt, wirkte so verblüffend auf die Vertreter der bisherigen »Kunstwissenschaft«, daß soweit meine Kenntnis geht, keiner sich getraut hat, diesem unheimlichen Gebilde näher zu treten. Die sehr wenigen Äußerungen, welche die Fachblätter dazu brachten, waren von der Art, die Goethe kennzeichnet:


Sie sagen: es spricht nicht mich an,

Und meinen, sie hätten es abgetan.


Persönlich kann ich aber berichten, daß mir selbst diese Arbeit schon bis jetzt, binnen etwa fünf Jahren, von unabsehbarem Nutzen gewesen ist. Zunächst für die Auffassung der vorhandenen Ornamentik und Bildkunst; tatsächlich ist mir seitdem jedes derartige Gebilde in seiner Form so weit verständlich geworden, daß es mir nicht schwer fällt, beliebig viele neue Formen desselben Geschlechts hervorzubringen. Zweitens als Quelle neuer Formengenüsse. Der Vergleich der vorhandenen Ornamente mit den theoretisch möglichen, welche die Ordnungslehre herzustellen lehrt, läßt erkennen, wie klein der Teil ist, den die Künstler aller Zeiten und Völker bisher mit ihrem zufällig-empirischen Verfahren (die Kunstschreiber nennen es Inspiration) entdeckt haben, verglichen mit den unabsehbaren Gebieten, welche die Wissenschaft mit einem Schlage zugänglich gemacht hat.

Ich habe einen Teil dieser neuen Gebiete zeichnerisch bearbeitet und bisher (1927) vier Mappen mit 240 Tafeln herausgegeben. Durch den Umstand, daß zwischen großen Gruppen dieser Zeichnungen Kombinationen von zwei oder mehr Mustern sowie Ableitungen anderer Art möglich sind, nimmt die Anzahl der aufweisbaren Formen ungeheuerliche Werte an, welche in die Hunderttausende gehen. Hierbei hat sich erwiesen, wie sehr auch diese Seite der[429] Kunst durch die naturalistische Entwicklungsrichtung verkümmert ist, denn die Ornamente, welche die Gegenwart erzeugt, erscheinen im Lichte dieser Übersichten als höchst primitiv und stehen weit hinter denen zurück, welche z.B. die Inder und Araber, insbesondere die Mauren erzeugt hatten. Darum kennt auch der heutige Europäer nicht den Genuß, der aus der Versenkung in die Mannigfaltigkeit eines etwas entwickelteren Ornaments gewonnen werden kann, und der an die Freuden erinnert, die wir der Tonkunst verdanken.

Farbige Ornamente. Eine Welt neuer Schönheit erschließt sich, wenn man die Harmoniegesetze der Farben mit denen der Formen zusammenwirken läßt. Durch die Erfindung und Ausbildung technischer Erleichterungen kann ich mittels der Farborgel mit derselben Freiheit und gleichsam mit derselben Schnelligkeit meine Einfälle zur Anschauung bringen, wie der Tonkünstler seine Fantasien zu Gehör. Muß ich dabei auf die zeitliche aufeinanderfolgende Ausgestaltung der Gedanken verzichten, die dem Tonkünstler zu Gebote steht (ich habe in früheren Jahren viel und zuweilen recht hübsch auf dem Klavier und dem Harmonium fantasiert), denn das Bild, wie es heute ist, steht unveränderlich da, so habe ich doch den Vorteil, daß das einmal geschaffene Gebilde fortbesteht und immer wieder seine Wirkung üben kann.

Die mangelnde Zeitfolge kann dann einigermaßen durch die Bildreihe ersetzt werden. Dies ist ein Kunstmittel, welches in früheren Jahrhunderten reichlich angewendet wurde, insbesondere um biblische Geschichten und Legenden zu erzählen. Auch noch heute übt es seine starke Wirkung aus. Als M. von Schwind unerwartet breite Erfolge mit seinen Märchenbildreihen Die sieben Raben und Die schöne Melusine erzielte, war er gar nicht zufrieden. Denn er steckte in dem Künstleraberglauben, daß nur in Freskobildern auf großen Wänden der Künstler[430] sein Bestes leisten könne und hielt jene Arbeiten für geringwertiger. Er hatte offenbar die große Vertiefung der Wirkung durch die Reihung sich gar nicht zum Bewußtsein gebracht. Und von dem noch weiteren volkstümlichen Erfolg, den Wilhelm Busch mit seinen Zeichnungen erzielte, sind reichlich dreiviertel dadurch bedingt, daß er keine Einzelbilder gab, sondern Reihen, und oft recht lange.

Die Zeitlichtkunst. Vergleicht man die Wirkungen der besten Werke der Tonkunst und der Malerei, so erweist sich eine gewaltige Überlegenheit der Tonkunst. Diese kann die Gefühle der Menschen in ihrem ganzen Umfange auf das stärkste erregen und sie stundenlang fesseln. Das Bild dagegen kann bestenfalls einen augenblicklichen starken Eindruck bewirken; sehr bald aber verklingt das Gefühl und nach kurzer Frist hört das unmittelbare innige Verhältnis zwischen dem Kunstwerk und seinem Beschauer auf.

Die Ursache ist, daß jedes Gefühlserlebnis in der Zeit abläuft. Es beginnt schwach oder stark, ändert sich in mancherlei Sinn und schließlich klingt es entweder sanft aus oder endet mit einer Explosion. Dieses wesentliche Nacheinander kann ein Bild nicht darstellen (sehr unvollkommen eine Bildreihe) und deshalb kann es auch keinen entsprechenden Gefühlsverlauf im Empfänger durch Zuordnung hervorrufen. Ton- und Dichtkunst können es, denn sie sind Zeitkünste. Daraus ergibt sich die Frage: kann denn die Lichtkunst nicht auch eine Zeitkunst werden?

Die Antwort ist: sie ist eben im Begriff dazu. Das Laufbild verdankt seine unwiderstehliche Anziehungskraft ausschließlich seiner Eigenschaft, dem Auge einen zeitlichen Ablauf zu bieten. Es ist kennzeichnend für die unfruchtbare Scholastik der gegenwärtigen Kunstwissenschaft, daß sie völlig unfähig gewesen ist, den großen Fortschritt zu begreifen, den die Bildkunst durch das Laufbild erlebte. Weil die Griechen und Römer kein Kino gehabt haben, erschien ihnen diese gänzlich unhistorische Kunst als etwas völlig[431] Minderwertiges, womit sich ein wissenschaftlicher Mensch überhaupt nicht abgibt. Da unsere Gebildeten sich in eine widerstandslose Hörigkeit von diesen Pfaffen der Kunst begeben haben, ließen sie sich von den neuen Dingen fernhalten, so daß die unteren Schichten der Großstadtbevölkerung die Art der Werke bestimmten, welche beim Laufbild Erfolg hatten. Und wenn endlich mancherlei Gutes und Erfreuliches hier seinen Ausdruck gesucht und gefunden hat, so haftet doch jener Mangel der Kinderstube noch heute dem ganzen Kunstzweig unverkennbar an.


Hier ist es nun, wo ich eine neue Bildkunst kommen sehe. Jene künstlerischen Nachteile des heutigen Laufbildes beruhen darauf, daß es vermöge seiner Entstehung durch Fotografie an die Darstellung gegenständlicher Vorgänge gebunden ist. Man kann sich aber eine Lichtkunst vorstellen, welche ebensowenig naturalistisch ist, wie die Musik, welche also Licht, Farben, Formen in ganz allgemeiner Weise benutzt, um Gefühlsvorgänge zeitlich nachzubilden und dadurch im Beschauer gleich hervorzurufen, ganz ebenso, wie die Musik die Töne in solcher Weise benutzt.


Das dies nicht schon längst geschehen ist, liegt an zwei wesentlichen Hindernissen. Erstens gab es für die Farben und Formen noch nicht die Unterlage formaler Gesetze, wie die Tonkunst sie in der Harmonielehre usw. seit langem besitzt. Zweitens ist die technische Aufgabe noch nicht gelöst, eine Lichterscheinung in jeder Hinsicht, also nach Stärke, Farbe, Form mit vorgeschriebener Geschwindigkeit stetig oder sprunghaft so umzugestalten, daß ein Abbild eines Gefühlsvorganges dadurch hergestellt wird.


Von beiden Hindernissen ist gegenwärtig eines beseitigt. Es gibt eine Harmonielehre der Farben und Formen, und insofern könnte man heute ganz wohl ein Lichtgedicht oder eine Lichtsymphonie ersinnen und sogar aufschreiben,[432] so daß es jederzeit wiederholt werden könnte, wie man ein Gedicht jederzeit aus dem Buch vorlesen kann.

Was die andere Aufgabe, die optische anlangt, so muß man sich gegenwärtig halten, daß sie wesentlich verschieden ist von der des bisherigen Laufbildes, weil es sich ja nicht um gegenständliche Formen handelt, sondern um allgemeine, meist ornamentale. Es sind also neue optisch-technische Gedanken nötig, welche der neuen Aufgabe angepaßt sind. Auch hier glaube ich sagen zu dürfen, daß ich die Lösung noch erleben werde.

Dies sind, wie man sieht, sehr weite Aussichten. Nimmt man hierzu, daß durch die bisher bereits erzielten Ergebnisse die Hoffnung, den Weg zu einer allgemeinen Schönheitslehre gefunden zu haben, sich bereits in die Forderung zu verwandeln beginnt, diesen Weg nun auch zu beschreiten, so wird man einigermaßen die wunderlichen Gefühle nachempfinden, die mich hier ergreifen. Die Physiologie stellt mir nur noch eine kleine Anzahl von Jahren in Aussicht, die zudem mit einer beständigen Abnahme der freien Energie und somit Arbeitsmöglichkeit behaftet sein werden; ich kann also nicht entfernt daran denken, von dieser Erntefülle einen wesentlichen Anteil in meine Scheuern zu bringen.

Aber auch dies Wenige wird noch dadurch in Frage gestellt, daß ich nicht absehen kann, welche unerwarteten neuen Gebiete sich mir noch bei der Weiterverfolgung dieser unerschöpflich fruchtbaren Gedanken auftun werden. Mir ist zumute, wie es Moses gewesen sein mag, der seine widerborstigen Juden unter stets erneuten Mühen bis an die Grenze des gelobten Landes geführt hatte, das er von der Höhe aus vor sich liegen sah, und von dem er wußte, daß er es selbst nicht betreten würde. Wird man es mir verzeihen, daß ich diesen Zustand durchaus nicht tragisch zu nehmen imstande bin, sondern denke: wie ich das Volk kenne, werden meine Nachfolger es nicht leichter haben!

Quelle:
Ostwald, Wilhelm: Lebenslinien. Eine Selbstbiographie. Berlin 1926/1927, S. 406-433.
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