Purkinje, Johannes Evangelista

Purkinje, Johannes Evangelista Ritter von
Purkinje, Johannes Evangelista Ritter von

[1328] Purkinje, (Purkynê), Johannes Evangelista Ritter von P., berühmter Physiolog, geb. 17. Dez. 1787 zu Libochowitz bei Leitmeritz, trat, 18 Jahre alt, in den geistl. Piaristen-Orden und beschäftigte sich 3 Jahre lang mit öffentlichem Jugendunterricht, verliess aber den Orden noch vor abgelegtem Gelübde und begann in Prag das Studium der Med., seinen Lebensunterhalt durch Erteilen von Unterricht bestreitend, wurde 1819 Assistent der Anat. und Physiol. unter Rottenberger und Ilg, promovierte in demselben Jahre mit der Diss. »Beiträge zur Kenntniss des Sehens in subjectiver Hinsicht«, einer Aufsehen erregenden Arbeit, welche dem Verf. die Freundschaft und Protection Goethe's verschaffte, folgte 1823 einem Ruf als ord. Prof. der Physiol. u. Pathol. nach Breslau, bei welcher Gelegenheit er die »Commentatio de examine physiologico organi visus et systematis cutanei« veröffentlichte, und wirkte hier 26 Jahre lang als Lehrer und Forscher, erwarb sich auch ein spezielles Verdienst durch Gründung des physiol. Instituts daselbst, bis er 1849 als Prof. der Physiol. nach Prag zurückberufen wurde, wo er gleichfalls[1328] ein physiol. Institut gründete und bis zu seinem 28. Juli 1869 erfolgten Tode leitete. – P. war einer der genialsten Forscher der Neuzeit. Seine sehr zahlreichen, durchweg den Stempel der Vollendung tragenden Arbeiten und Entdeckungen, die sich auf alle Gebiete der Physiologie und mikroskopischen Anatomie beziehen, sind von epochemachender Bedeutung gewesen, speziell die die physiol. Optik und die Entwicklungsgeschichte betreffenden. Unter anderem ist P. der Entdecker des Keimbläschens im Vogelei, 1825 in der Gratulationsschrift zur Feier von Blumenbach's Jubiläum: »Symbolae ad ovi ovium historiam ante incubationem« (Leipzig 1830) veröffentlicht, sowie der Flimmerbewegung (»De phaenomeno generali et fundamentali motus vibratorii continui in membranis tum externis tum internis animalium plurimorum et superiorum et inferiorum ordinum obvii«) (Breslau 1835, zus. mit Valentin); auch sprach er schon 2 Jahre vor Schwann in einem auf der Naturforscher-Versammlung in Prag 1837 gehaltenen Vortrage in der zoologischphysiol. Sektion: »Über die Magendrüsen und die Natur des Verdauens im Magen« die Hauptidee von der Zellentheorie öffentlich aus. Von seinen optischen Arbeiten: »Beobachtungen und Versuche zur Physiologie der Sinne« (Berlin 1823 bis 26, 2 Bde.) sind besonders die kühnen Beobachtungen des eigenen Gesichtsfeldes mit der Entdeckung der subjektiven Gesichtsbilder, der 3 Lichtbildchen, der Aderfigur, der[1329] rosettenförmigen Figur bei Digitalisgebrauch, der galvanischen Lichtfigur etc. später der Anstoss zur Erfindung des Augenspiegels geworden Fernere Arbeiten betreffen Untersuchungen über die Histologie der Haut, Struktur der Knochen, Knorpel, Arterien und Venen, Morphogenesis der Zähne, mikroskop. Entdeckungen in der Neurologie (Nervenplexus, Axencylinder, Typologie der Nerven), Entdeckung der Ganglienkörper und eines eigentümlichen Epithels an dem Gefässplexus im Gehirn, die mikroskopische Technik (Kompressorium, Doppelmesser, Anwendung von chromsaurem Kali, Holzessig), Untersuchungen über Herz- und Uterusmuskulatur etc. etc. Ein genaues Verzeichnis der Arbeiten P.'s bis zum Jahre 1859 nebst Publikationsort gab Eiselt in Prager Vierteljahrsschr. 1859.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1328-1330.
Lizenz:
Faksimiles:
1328 | 1329 | 1330
Kategorien: