Verletzung

[491] Verletzung (lat. Laesio), 1) Beschädigung; 2) die Wirkung der einem Lebenden zugefügten Gewaltthätigkeiten, bes. Wunden; 3) die Unterbrechung der Ruhe od. Heiterkeit des Gemüthes eines Menschen dadurch, daß man dessen Rechte beeinträchtigt; 4) die Zuwiderhandlung gegen eine mit seinem Amte verbundene Pflicht od. die Störung eines öffentlich garantirten Rechts, so: V. der Amtsverschwiegenheit, s.u. Amtsverbrechen III. F); V des Briefgeheimnisses, s.u. Brief II. B) b). 5) V. über die Hälfte (Laesio enormis, L. ultra dimidium), beim Kauf der Fall, wenn der Kaufpreis noch nicht einmal die Hälfte des wahren Werthes der Sache erreicht. In diesem Falle ist dem Verkäufer, auch ohne Voraussetzung einer Unredlichkeit des Käufers, gemeinrechtlich das Recht gegeben die Wiederaufhebung des Vertrages zu verlangen, falls nicht der Käufer bereit ist den Kaufpreis bis zum wahren Werthe zu erhöhen. Diese Bestimmung ist sodann durch eine constante Praxis nicht nur auf Käufe, sondern auch auf andere gegenseitige Rechtsgeschäfte analog angewendet worden. Das Französische Civilgesetzbuch gibt das Recht nur dem Verkäufer einer Immobilie binnen zwei Jahren, das Preußische Landrecht dagegen gerade umgekehrt nur dem Käufer, indem es bei Verletzung der Hälfte durch zu hohen Kaufpreis die rechtliche Vermuthung eines den Vertrag entkräftenden Irrthums aufstellt. Die meisten neueren Rechtslehrer erklären sich gegen die Zweckmäßigkeit der Bestimmung überhaupt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 491.
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