Akkumulatoren

[116] Akkumulatoren, elektrische (Sammler, Speicher), (accumulators; accumulateurs; accumulatori), aus mehreren hintereinander geschalteten Zellen bestehende Apparate zur zeitweisen Aufspeicherung elektrischer Energie. Jede Zelle enthält einen flüssigen Elektrolyten, in den eine Anzahl von parallelen Metallplatten ganz eintaucht; ein Teil davon ist positiv (Anoden), der andere negativ (Kathoden). Bei Einleitung eines Stromes von den positiven zu den negativen Platten wird elektrische Energie unter physikalischen und chemischen Umwandlungsprozessen aufgenommen (Ladung) und bleibt aufgespeichert; sie kann später unter Auftreten eines entgegengesetzt gerichteten Stromes zum größten Teil wieder entnommen werden (Entladung).

Man unterscheidet A. mit saurem Elektrolyten (schlechtweg »Bleiakkumulatoren«) und solche mit alkalischem Elektrolyten.

Die Bleiakkumulatoren enthalten verdünnte Schwefelsäure (16–27%) und entweder massive Bleiplatten oder Bleigitter (Rahmen) mit eingepreßten Bleiverbindungen. Solche Sammler wurden von Plante (dem Erfinder des A.), Faure, Tudor u.s.w. gebaut. Bei Verwendung massiver Bleikerne werden die positiven Platten durch »Formieren« (wiederholtes Laden und Entladen) in Bleisuperoxyd[116] verwandelt, die negativen bleiben Blei. Bei der Entladung wird beiderseits Bleisulfat gebildet, bei der Ladung tritt Rückbildung der ursprünglichen Stoffe ein. Bei Gitterplatten werden Bleioxydgemenge als »aktive Masse« eingestrichen und dann formiert.

Für die Zwecke der mit mechanischen Erschütterungen und stark wechselnder Stromentnahme verbundenen elektrischen Traktion auf Bahnen und Straßen werden besonders leichte und feste transportable Sammler gebaut.

Das Laden geschieht entweder bei unveränderter Batterie unter entsprechender Spannungserhöhung (Zusatzgeneratoren) oder bei unveränderter Netzspannung nach Umschaltung der Batterie in zwei oder drei zum Teil parallel geschalteten Gruppen.


Für jede Zelle beträgt die Ladespannung ansteigend von 2∙15–2∙7 (2∙8) Volt; die Entladespannung sinkt von 2 Volt je nach der Entladedauer bei mittleren Typen bis auf 1∙83 (1∙75) Volt. Von der eingeleiteten, in Amperestunden gemessene Strommenge können 90–95%, von der Energiemenge je nach dem Entladestrom 70–75% (bei vorsichtigem Laden und Entladen bis hinauf zu 90%), zurückgewonnen werden. Je langsamer und gleichmäßiger die Entladung, desto größer die Kapazität und die Lebensdauer der Sammler. Bei 10stündiger Entladung ist die Kapazität etwa um 1/31/2 größer als bei 3stündiger, bei dieser etwa um 40% größer als bei 1stündiger Entladung. Die spezifische Kapazität in Wattstunden per Kilogramm Zellengewicht beträgt bei ortsfesten Sammlern etwa 8, bei transportablen Sammlern mit Gitterplatten 27 (bei schwacher Belastung höchstens 32).

Zu den größten ortsfesten Sammlern gehören durch ihre Zellengröße diejenigen des Hamburger Kraftwerkes (140 Zellen mit 15.229 Amperestunden bei 3stündiger, 18.685 Amperestunden bei 71/2stündiger und 10.431 Amperestunden bei Schnellentladung) und wegen ihrer Leistung die in Buenos Aires (298 Zellen für 11.988 Amperestunden bei 3stündiger und 8550 KW. bei 5stündiger Entladung); zu den größten transportablen Sammlern zählen die Batterien für Unterseebote (7400 Amperestunden bei 5stündiger Entladung; Zellengewicht 1150 kg bei den Abmessungen 731 × 462 × 1065 mm).

Bleiakkumulatoren werden gebaut von der Akkumulatorenfabrik-A.-G. (Berlin und Wien), Boese & Co. (Berlin), Akkumulatorenwerke System Pollak (Frankfurt), G. Hagen (Kalk), Gülcher (Berlin), Electrical Power Storage Co., Gould Storage Battery Co. (Amerika) u.s.w.


Die verdünnte Schwefelsäure nimmt an den chemischen Umwandlungen selbst teil und ändert hierbei ihre Konzentration; um die damit verbundenen Spannungsschwankungen niedrig zu halten, muß verhältnismäßig viel Flüssigkeit, also zusammen mit den Bleiplatten viel Zellengewicht aufgewendet werden.

Das Streben nach Gewichtsverringerung, namentlich für Fahrzeugsammler, führte zur Erfindung der zweiten Gruppe der alkalischen A. Hier sind Platten aus Metallen oder höheren Metalloxyden in eine (20% ige) wässrige Kalilauge eingetaucht, die sich in den chemischen Prozessen nicht verändert. Die ersten derartigen Zellen stammten von Lalande (1882, Kupferoxyd und Eisen), spätere von Morrison und Schmidt, Michalowski, Wolf, Pollak, Auer, Jungner und Edison (Nickeloxyd und Eisen). Die aktive Masse wird in kleine Täschchen aus feingelochten Blechen eingepreßt, die Zellen werden mit Glas- oder Gummiventilen luftdicht verschlossen. Die positiven Platten des Edisonsammlers enthalten Nickeloxyd mit Zusätzen aus Flockengraphit zur Erhöhung der niedrigen Leitfähigkeit, die negativen bestehen aus Eisenverbindungen mit Zusätzen.


Die Ladespannung steigt von 1∙6–1∙78 Volt; die Entladespannung hängt stärker als bei Bleisammlern von der Entladestromstärke ab und sinkt bis auf 1∙1–0∙6 Volt per Zelle. Der mittlere Wirkungsgrad der Energieumsetzung schwankt zwischen 30 und 75% (im Mittel 52). Die spezifische Kapazität ist etwa 26 Wattstunden per Kilogramm Zellengewicht (Edisonzelle); bei den neuesten amerikanischen Typen soll sie höher liegen.

Zu den größten bisher gebauten alkalischen Zellen gehören Typen mit 280 Amperestunden bei 75 Ampere Entladestrom.

Alkalische Sammler werden von G. Hagen (Kalk), der Akkumulatorenfabrik-A.-G., der Edison Storage Battery Co. u.s.w. gebaut.


A. werden im Eisenbahnbetriebe zu folgenden Zwecken verwendet:

1. Bei Stationsbeleuchtungs- und Werkstättenbetrieben: a) zum Ausgleich von Spannungsschwankungen bei ungleichförmigem Gang der Generatoren; b) als Ausgleichbatterien, um in den Stunden des stärksten Betriebs die bahneigenen Generatoren oder die stromliefernden Netze zu entlasten bzw., bei schwachem Betrieb diese Stromquellen abschalten zu können (Personalersparnis, Vermeidung von Maschinenüberlastungen, wirtschaftlicher Kraftwerksbetrieb); c) als stets betriebsbereite Reserve im Falle von Störungen. Diese Funktionen sind meistens vereinigt.

2. Bei der elektrischen Zugförderung, im Netz: als Pufferbatterien zur Aufnahme der dem Bahnbetrieb eigentümlichen Belastungsspitzen in Kraftwerken oder Unterwerken. Durch die Vergleichmäßigung der Maschinenbelastungen wird dabei die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerksbetriebe erhöht und bei Wasserkraftwerken mit begrenzter Höchstleistung Überlastung vermieden. Solche Sammler werden vornehmlich im Gleichstrombahnbetrieb, aber auch bei Wechselstrombahnen (badische Wiesenthalbahn) unter Zwischenschaltung von Maschinenumformern verwendet.

3. Bei der elektrischen Zugförderung, in den Treibfahrzeugen: a) zum Antrieb von Lokomotiven (meist im Verschubdienst),[117] Treibwagen und Gerüstwagen; b) zur Speisung der Steuerstromkreise von Treibfahrzeugen. Ursprünglich auf Straßenbahnen verwendet, von welchen sie ebenso wie von einzelnen Lokalbahnen (Mailand-Monza, Bologna-San Felice) wegen der Unmöglichkeit der Bewältigung zeitweiser starker Verkehrssteigerungen und wegen der hohen Kosten fast verschwunden sind, werden die Sammler seit einigen Jahren in wesentlich verbesserter Ausführung zum Antrieb von Zügen auf schwach befahrenen Nebenbahnen mit wirtschaftlichem Erfolg verwendet, die eine Elektrifizierung mit Fahrleitungen wirtschaftlich noch nicht vertragen (über 100 Stück in Verwendung bei den Preußischen Staatsbahnen auf rund 2500 km Streckenlänge; rund 100 km Fahrt eines Wagens zwischen zwei Ladungen);

4. zur Wagenbeleuchtung, selten allein, meist in Verbindung mit besonderen, von den Wagenachsen angetriebenen Generatoren (s. Zugsbeleuchtung).

Literatur: Zentralblatt für Akkumulatorentechnik und verwandte Gebiete (im ganzen). – Elektrotechn. Ztschr., Berlin (1896, Heft 53, Schröder; 1899, S. 632, Feußner, und S. 730, Brandt; 1900, S. 79, Kohn, ferner S. 269, Heim, und S. 881, Rossander u. Forsberg; 1905, S. 769, Dr. Schoop; 1908, S. 627, Strauß). – Electrical World, 1903, S. 271, Marsh. – Elektrische Bahnen, 1904, S. 163, Passauer. – L'Eclairage Eléctrique, 1905, S. 46. – Elektrotechnik und Maschinenbau, 1906, S. 507, Dr. Roloff; ebendort 1910, S. 93, Werkner. – Hilfsbuch für die Elektrotechnik, von Grawinkel und Strecker. – Heim, Die Akkumulatoren für stationäre elektrische Beleuchtungsanlagen (Leipzig 1906). – Schoop, Handbuch der elektrischen Akkumulatoren (Stuttgart 1898). – Zacharias, Die Akkumulatoren (Jena 1901).

Hruschka.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 116-118.
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