Leerfahrten

[73] Leerfahrten. Die Eisenbahnfahrzeuge lassen sich nicht so verwenden, daß jede mit ihnen vorzunehmende Bewegung für den eigentlichen Zweck der Beförderung unmittelbar nutzbar wird. Es sind vielmehr zahlreiche Bewegungen oder Fahrten mit unbelasteten Fahrzeugen nötig, die im Gegensatz zu den Nutzfahrten, L. genannt werden. Bei den Personen- oder Güterwagen spricht man von Leerläufen, bei den Zügen von Leerzügen und bei Lokomotiven, die ohne angehängte Wagen verkehren, von leerfahrenden Lokomotiven. Die Aufwendungen für die Fortbewegung der Fahrzeuge bilden in der Regel den größten Teil der Betriebskosten. Es ist daher eine wichtige Aufgabe der Betriebsleitung, die L., u.zw. besonders die kostspieligen Lokomotivleerfahrten, soweit wie irgend möglich einzuschränken (s. Betriebsökonomie). Zu dem Zweck werden diese überall da, wo es erforderlich erscheint, besonders überwacht. Ob und bis zu welchem Grade eine Einschränkung der L. möglich ist, hängt allerdings im allgemeinen[73] von den Verkehrsaufgaben der Bahn und von den örtlichen Streckenverhältnissen sowie im besonderen von der Lage des Einzelfalles ab. Wird zur Überwindung einer Steigung oder zur Bewältigung einer außergewöhnlichen Verkehrsmenge die Anwendung von Vorspann- oder Schiebelokomotiven nötig, so müssen diese leer zur Heimatstation zurückfahren. Ebenso können L. nicht vermieden werden, wenn der Verkehr in der einen Fahrrichtung – der Lastrichtung – größer ist oder die Einstellung von mehr Zugkräften erfordert, als in der anderen Richtung nötig sind. – Auch im Personenverkehr lassen sich L. sowohl einzelner Wagen, als ganzer Züge nicht vermeiden.

Was das Verhältnis der L. zu den Nutzfahrten betrifft, so ist dasselbe in den einzelnen Ländern nicht gleichmäßig.

Nach der deutschen Reichseisenbahnstatistik betrug im Jahre 1912 die Zahl der Leerfahrt km 59,564.586 gegen 794,589.364 Nutz km, d.i. 7% der letzteren.

Für die österreichischen Eisenbahnen wurden im Jahre 1912 15,426.249 Leerfahrt km gegen 209,924.076 Nutz km, d.i. 7∙3% der letzteren ausgewiesen.

Bei den schweizerischen Eisenbahnen wurden für 1912 1,461.780 Leerfahrt km gegen 45,737.645 Nutz km, d.i. 3∙2% der letzteren ausgewiesen.

Die als L. verkehrenden Züge werden in gleicher Weise, wie dies für die Sicherung der Fahrten allgemein für Züge vorgeschrieben ist, durch Betriebsbeamte begleitet (s. Zugbegleitpersonal). Mindestens ist ein begleitender Beamter – der Zugführer – erforderlich. Bei L. von Lokomotiven kann von der Stellung eines besonderen Begleiters in der Regel ab gesehen werden, weil in diesem Falle der Dienst des Zugführers vom Lokomotivführer mit wahrgenommen werden darf (s. Fahrbericht und Lokomotivzüge).

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 73-74.
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