Hofmann, Heinrich Albert

[484] Hofmann, H. A. Heinrich Albert Hofmann, geboren 8. 3. 1818, gestorben 19. 8. 1880, seit 1843 Mitinhaber des Kunstverlags von Meyer & Hofmann in Berlin, begründete nach Austritt aus dieser Firma 1845 in Berlin eine Sortiments- und Verlagsbuchhandlung unter der Firma A. Hofmann & Comp.

Das Verlagsgeschäft gewann besondere Bedeutung mit der im Mai 1848 erfolgten Begründung der politisch satyrischen Wochenschrift »Kladderadatsch«, die sich auf dem Boden des vormärzlichen Berlin mit seinem scharfen kritischen Verstand, seinem kaustischen, originellen Witz, seiner angeborenen Unverfrorenheit und seiner politischen Unzufriedenheit entwickelte. Mit dem vollständigen Manuskript der ersten Nummer betrat eines Morgens David Kalisch – bekannt als der Hauptvertreter des eigenartigen Berliner Witzes und Vaters der norddeutschen Posse – das noch recht bescheidene Geschäftslokal A. Hofmanns und bot ihm das neue Unternehmen an. Nach einigen Tagen Bedenkzeit erklärte sich Hofmann zur Uebernahme des Kommissionsverlages bereit, Kalisch sollte die Kosten für Druck und Papier tragen, das Honorar wurde auf ein Friedrichsdor pro Nummer festgesetzt. Das Blatt fand bald kolossalen Anklang, ja, sogar Friedrich Wilhelm IV. war ein eifriger Leser und Gönner desselben; als das Staatsministerium das Blatt seiner unverbesserlichen Haltung wegen unterdrücken wollte, telegraphierte er an den Minister von Manteuffel nach Berlin: »Kladderadatsch nichts zuleide thun!« – allein die Feinde blieben doch nicht aus. Zu Kalisch hatten sich als Mitarbeiter Rudolf Löwenstein und Ernst Dohm und der geistreiche Zeichner der »Rütli-Zeitung« Wilhelm Scholz gesellt, wodurch das Blatt an Mannigfaltigkeit, Abwechselung und innerem Gehalte gewann. Während des Berliner Verlagerungszustandes wanderte Hofmann – die Mitarbeiter waren der Verfolgung entflohen – mit seinem Verlagskinde nach Leipzig, wo ihm der spätere Gartenlaubenbegründer Ernst Keil Unterschlupf gewährte. Kaum zurückgekehrt, erfolgte im Januar 1849 ein neues Verbot des Blattes, so erschien es eine Zeit lang in Eberswalde, wo es in der[484] Buchdruckerei von E. Müller gedruckt wurde, dann konnte es sich frei entfalten. Seine stehenden Figuren als Schultze und Müller, Zwückauör und Karlchen Mießnick sind weltbekannt geworden. Bis 1883 wurde das Blatt, daß zu seinen Mitarbeitern Glaßbrenner, Dove, Kossack, G. Herwegh, Alb. Wolff, den späteren Figaroredakteur, Prutz, Dingelstedt u. a. zählte, von Ernst Dohm redigiert, bis 1886 von Rudolf Löwenstein, dann von Johannes Trojan. Von Zeichnern sind namentlich zu nennen Alb. Wolff, Carl Reinhard, Löffler, Steinitz, Trützel, Schröder, C. von Grimm, Jüttner, Retemayer, Brandt und Stutz. – Ueber das Verhältnis Bismarcks zum »Kladderadatsch« unterrichtet das 1895 erschienene Bismarckalbum des Kladderadatsch. So bietet die leider hier nicht weiter zu verfolgende Geschichte des berühmten, täglich, mit Ausnahme der Wochentage, erscheinenden Blattes eines der interessantesten Kulturbilder der Neuzeit.

Dem Kladderadatsch schloß sich eine große Gefolgschaft im humoristischen Genre an; abgesehen von den vielerlei Schultze und Müller »am Rhein, im Harz, Riesengebirge, Paris etc.«, Almanach zum Lachen 1851 uff., namentlich Schriften von Ad. Glaßbrenner – A. Brennglas – (Buntes Berlin, mit Illustrationen von Hosemann); E. Kossak; D. Kalisch (Berliner Volksbühne, Berliner Leierkasten, Tannhäuser) und humorist. satyr. Kalender des Kladderadatsch, herausgegeben von den Gelehrten des Kladderadatsch, 1849 uff.

1852 begann Hofmann mit dem nach und nach auf 77 Bände angewachsenen großen Unternehmen der »Classiker des In- und Auslandes«, die er allerdings zu so ungewöhnlich billigen Preisen auf den Markt brachte, wie sie der deutsche Buchhandel bisher nicht kannte.

Neben Jugendschriften von R. Löwenstein, C. Reinhardt, J. Trojan, J. Reymhold und C. A. Görners Kindertheater verlegte Hofmann auch Prachtwerke (Immermann, Oberhof und Tulifäntchen, Tegner, Frithjofssage, H. v. Kleists Zerbrochener Krug mit den unvergleichlichen Illustrationen von Adolph Menzel); ferner Berthold Auerbachs Volkskalender 1859-1862; Schriften von Fanny Lewald; H. von Winterfeldt und H. Wachenhusen.

Von den neueren Verlagsartikeln der Firma A. Hofmann und Comp. seien genannt die Werke von Paul Cassel, K. Th. Gaedertz, D. Duncker, Schmidt-Cabanis u. a. 1886 begann das von Dr. K. Kehrbach, herausgegebene große Sammelwerk Monumenta Germaniae Paedagogica, umfassend Schulordnungen, Schulbücher,[485] paedagog. Miscellaneen und zusammenfassende Darstellungen aus den Laden deutscher Zunge. Am 1. Jan. 1890 kam ein großer Teil des älteren Verlages an die Firma Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. in Hamburg (vergl. Artikel Richter-Hamburg).

Im Herbst 1873 begründete A. Hofmann den »Allgemeinen Verein für deutsche Litteratur«, dessen Protektorat Großherzog Carl Alexander von Sachsen und Prinz Georg von Preußen übernahmen und dessen Publikationen Hofmann unter der Firma A. Hofmanns Separatkonto vertrieb.

Nach dem Tode des Begründers am 19. 8. 1880, folgte ihm in der Geschäftsleitung sein Sohn Rudolf Hofmann, geb. 26. 5. 1854. Dieser hat 1884 die Leitung des »Vereins für deutsche Litteratur« und den Verlag der bis dahin erschienenen 48 Vereinspublikationen an Dr. Herm. Paetel abgegeben.

Quellen: Verlagskatalog 1856, 1862, 1867, 1873, 1876, 1886, vergl. auch Brockhaus, Konv.-Lexikon, 14. Aufl.; der Kladderadatsch und seine Leute, Berlin 1898; Zeitschrift für Bücherfreunde 1898 (Ring, Zobeltitz).

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 484-486.
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