Naumann, Carl Gustav

[716] Naumann, C. G. Am 5. 1. 1802 gründete Joh. Christoph Weber in Leipzig eine Buchdruckerei, aus welcher bis gegen Ausgang der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ausschließlich fremdsprachige Wörterbücher in Perlschrift hervorgingen, die sich durch Sauberkeit empfahlen und lange eine günstige Aufnahme fanden. Als durch den Tod des Verlegers dieser Werke Hemmungen eintraten, sah sich Weber zur Anschaffung anderweiter Typen veranlaßt, aber seine Mittel waren beschränkt. Da ihm aber auf dieser neu betretenen Bahn kein Glück erwuchs, faßte er den Vorsatz, seine Druckerei zu verkaufen. So kam das Geschäft, welches eine Holzdruckpresse und etliche 30 Zentner Schriften besaß, durch Verkauf am 6. 1. 1824 an Carl Gustav Naumann, der es, wie er schreibt, nie zu bereuen hatte. Weber starb bald nachher.

Die vorhandenen Lettern waren zwar gut und neu, aber noch fehlten die gangbarsten Schriftgrade oder sie fanden sich in so unbedeutender Menge vor, daß fast jeder neue Auftrag nötigte, den Schriftgießer zu Hilfe zu rufen. Ein aus jener Zeit noch vorhandenes interessantes Schriftprobenblatt, mit im ganzen nur 27 Schriften nebst 18 Einfassungen, erinnert in seiner Anspruchslosigkeit recht treffend an die oft gerühmte gute alte Zeit. Aus obigem Grunde blieb zunächst die Haupttätigkeit des neuen Besitzers dem Werkdruck zugewandt, nur traten an Stelle der Wörterbücher jetzt belletristische und wissenschaftliche Werke. Es waren meist Buchhändleraufträge, welche die Pressen und so auch die im Jahre 1843, also für damalige Verhältnisse ziemlich früh, angeschaffte erste Schnellpresse, beschäftigten. Allmählich mehrten sich auch die Accidenzarbeiten, und die günstige Lage des Geschäftslokals begünstigte solchen Zuwachs. In dem Revolutionsjahre 1848 gingen aus der Offizin außer anderen Zeitschriften die alltäglich erscheinende Staatsbürgerzeitung hervor. Naumann starb 1862.[716]

Durch Erbe kam nun das Geschäft an die Ehegattin Louise Naumann. Am 2. 1. 1869 übernahmen dasselbe die jetzigen Besitzer E. Th. Naumann und Const. Gg. Naumann. Begünstigt durch den geschäftlichen Aufschwung der 70er Jahre entwickelte sich die Firma als ein Spezialgeschäft für den Accidenzdruck. Nach wiederholten Umzügen erfolgte Oktober 1882 der Bau des eigenen Fabrikgebäudes, welches 4227,58 qm umfaßt. Die anfänglich sehr splendiden Räume füllten sich bald und obschon 1885 ein ganzer Flügel angebaut wurde, so ist doch fast jedes Jahr ein stetiges Wachstum der Firma nachweisbar. Während z. B. im Jahre 1864 das Personal aus nur 10 Arbeitern bestand, ist die Zahl der jetzt beschäftigten Personen auf 160 gestiegen und außer vielen Gehilfen verdanken an 200 Prinzipalssöhne des In- und Auslandes derselben ihre technische Ausbildung. Der Schriftenschatz weist die stattlische Zahl von 1432 einzelnen Sorten auf, deren Gesamtgewicht sich auf ca. 45000 Kilogramm beläuft.

Die Firma hat sich auch mit dem Verlag beschäftigt und ist als Verlegerin von Friedrich Nietzsches Werken wohl überall bekannt geworden. Es erschienen außerdem in ihrem Verlage Schriften von Adalbert Svoboda und Eugen Dühring (Die Größen der modernen Literatur). Der medizinische Verlag hat in dem Sammelunternehmen der »Medizinischen Bibliothek für praktische Ärzte« einen großen Umfang angenommen, bis jetzt sind mehrere Dutzend Nummern erschienen. Unter dem Sammeltitel »Kennst Du das Land?« erschien eine »Büchersammlung für die Freunde Italiens«, welche großen Anklang gefunden hat.

Quellen: Verlagskatalog 1900.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 716-717.
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