Capelle (Musik)

[192] [192] Capelle. (Musik)

Aus der eigentlichen vorher erklärten Bedeutung dieses Worts, ist die uneigentliche entstanden, nach welcher man die Gesellschaften der Tonkünstler, die von Grossen gehalten werden, um in ihren Capellen die Kirchenmusik zu machen, Capellen nennt. Man giebt so gar diesen Namen auch solchen Gesellschaften, die nur zur Schaubühne oder zur Cammermusik bestellt sind. Der Vorsteher oder das vornehmste Glied einer solchen Gesellschaft wird der Capellmeister genennt. Seine Verrichtung ist, alles, was aufgeführt werden soll, herbey zu schaffen, es sey, daß er die Sachen selbst componirt, oder anderswo hergenommen habe; ferner liegt ihm ob die ganze Ausführung der Musik zu dirigiren; daher er insgemein die Orgel- oder das Hauptclavier dabey spielt. Also muß er, wenn er seinem Amte genüge thun soll, ein starker Componiste seyn und alle Theile der Musik dergestalt inne haben, daß er jedem einzeln Glied der Capelle, er sey Sänger oder Spieler, Vorschriften und Unterricht, zu vollkommner Aufführung des Ganzen zu geben im Stand sey. Matheson hat in seinem vollkommenen Capellmeister1, einem zwar schlecht und etwas pöbelhaft geschriebenen, aber sehr viel gutes enthaltenden Werk, alle Eigenschaften eines guten Capellmeisters, gründlich angegeben, die des schlechten Vortrags, und der verschiedentlich eingestreuten unnützen Anmerkungen ungeachtet, jedem, der ein solcher zu seyn glaubt, zu ernstlicher Ueberlegung zu empfehlen sind.

Zu einer guten Capelle gehören Sänger von allen Arten der Stimmen, so wol Solosänger, als andre zu Besetzung der vielstimmigen Sachen, und eine hinlängliche Anzahl guter Spieler für alle gewöhnliche Instrumente. Mithin wird eine gut besetzte Capelle aus nicht viel weniger, als hundert Personen bestehen können.

Wer die besondre Einrichtung einer Capelle näher zu wissen verlangt, kann in Herrn Marpurgs historisch critischen Beyträgen zur Aufnahm der Musik, die Listen verschiedener Capellen, besonders die von der Salzburgischen, im 3ten Stük des III Bandes nachsehen.

1Hamburg 1739. Fol.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 192-193.
Lizenz:
Faksimiles:
192 | 193
Kategorien: