Laßiren

[676] Laßiren. (Mahlerey)

Dieses Kunstwort ist vielleicht aus dem übel verstandenen französischen Wort glacer entstanden, und sollte glaßiren heißen;1 beyde bedeuten eine Farbe [676] mit einer andern durchsichtigen Farbe bedeken. Indem die untere Farbe durch die darüber liegende durchscheinet, entsteht aus beyder Vereinigung eine dritte Farbe, die ofte schöner und allemal saftiger ist, als sie seyn würde, wenn beyde schon auf der Pallette untereinander gemischt worden wären. Wenn man die Purpurfarbe mit Himmelblau laßirt, so bekommt man ein schöneres Violet, als durch die Mischung der Farben entsprungen wäre. Dieses ist also der Grund warum die Mahler bisweilen laßiren. Die untere Farbe muß stark und durchdringend, die obere, womit laßirt wird, schwach seyn, und nicht deken. Daher man zum laßiren nur solche Farben brauchen kann, die nicht körperlich genug sind, um für sich zu stehen.

Das Laßiren thut eine doppelte Würkung. Die eigenthümlichen Farben werden dadurch schöner und saftiger, daher es vorzüglich bey seidenen Gewändern gebraucht wird; und denn kann es auch dienen, ganzen Massen eine vollkommnere Harmonie zu geben. Man findet, daß einige Künstler um dieses zu erreichen, ihre Hauptparthien schon so angelegt haben, daß sie dieselben ganz mit einer sehr dünnen Farbe überlaßiren konnten. Es ist allemal nothwendig, daß der Mahler schon beym Anlegen auf das laßiren denke, um kräftige und starke Farben unter zu legen.

1Der Hr. v. Hagedorn braucht auch das Wort Glaßiren. Ich habe vielfältig von Mahlern das Wort laßiren gehört, vermuthe aber, daß jenes das eigentliche sey, und habe hier nur deswegen das schlechtere genommen, weil dieser Artikel aus Uebereilung im 1 Th. im Art. Anlegen schon citirt ist.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 676-677.
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