Agamemnon

Fig. 9: Agamemnon
Fig. 9: Agamemnon

[14] Agamemnon, (Gr. M.), König von Mycenä, durch den trojanischen Krieg berühmt, galt für einen Sohn des Atreus; sein wirklicher Vater aber war dessen Sohn Plisthenes, seine Mutter Aërope, seine Geschwister Menelaus und Anaxibia. Als A. erwachsen war, trug sein Vater ihm auf, seinen Oheim Thyestes, Atreus Bruder aufzusuchen, den Atreus zuvor wegen seines Ehebruches mit Aërope aus dem Lande vertrieben hatte, nunmehr aber, um sich noch härter an ihm zu rächen, wieder zu sich zu locken suchte. A. führte diesen Auftrag aus, und Atreus wollte nun den Thyest durch dessen eigenen Sohn Aegisthus ermorden lassen. Diess führte zur Entdeckung des Verbrechens, welchem Aegisth das Dasein verdankte; die Mutter gab sich den Tod, und der Sohn ermordete nicht, wie er gesollt, den Vater, sondern denjenigen, der ihm den Auftrag gegeben, den Atreus. Nunmehr aber verjagte A. die beiden Männer des Unglücks von seinem Hofe, und darauf, allein Herrscher, begann er die Völker rings umher sich zu unterwerfen. Der Bruder A.s, Menelaus, Gemahl der wunderschönen Helena, erbat sich bald darauf seine Hilfe zur Wiedergewinnung der von Paris nach Troja Entführten. A.s Macht und sein Gold brachten den Feldzug zu Stande, und bewirkten auch, dass man ihn zum Führer des ganzen Heeres wählte. An der Spitze von 1000 Schiffen verliess er seine Gattin Clytämnestra und seine drei Kinder Iphigenia, Electra und Orest. - Als die Schiffe sich in Aulis versammelt hatten, sandte Diana, welche[14] auf A. zürnte, weil er in ihrem heiligen Haine eine Hirschkuh erlegt und übermüthige Reden gegen die Göttin geführt hatte, eine völlige Windstille und eine Pest über das Heer, und der Seher Calchas erklärte, Diana habe diese Strafe geschickt, weil A. gegen sie gefrevelt, und nur seiner Tochter Iphigenia Leben sei vermögend, die zürnende Göttin zu versöhnen. Den sich Sträubenden überredet Ulysses, und er lässt es sich gefallen, dass man seine Tochter unter dem Vorwande, sie mit Achilles zu vermählen, in's Lager hole; nun soll sie geopfert werden, aber dem Opferstahle entrückt die Göttin selbst das Mädchen, und führt Iphigenia durch die Lüfte nach Tauris. - Die Pest liess nach, frischer Wind erhob sich, das Heer segelte nach Troja. Im zehnten Jahre entspann sich der Streit zwischen Achilles und A. Letzterer hatte die Tochter des Chryses, eines Priesters des Apollo, geraubt. Apollo schickte eine Pest unter das Heer, und A. musste seinen Raub zurückgeben; dafür verlangte er die Briseïs, die Geliebte des Achilles, dem sie aus der Beute des Krieges als Ehrengeschenk zu Theil geworden war - ja, er liess sie durch Herolde von ihm holen. - Hierüber erzürnt, zieht Achilles sich vom Kampf zurück. Erst nachdem Hector Achills geliebtesten Freund Patroclus getödtet hatte, lässt sich Achill durch A.s Geschenke und durch die Rückgabe der Briseïs versöhnen, zieht in den Kampf, erlegt den Hector und Troja fiel. - Die Beute wird vertheilt, und dem A. fällt Cassandra zu, mit welcher er glücklich in der Heimath anlangt. - Hier wartet seiner das traurigste Loos. Betrogen von der Gattin, wird er ein Raub des Todes, denn Aegisth, sein Nahen befürchtend, hat schon seit Jahren eine Wache im Hafen, damit sie ihn sogleich von der Ankunft des Völkerfürsten A. benachrichtige. Bei der Nachricht hievon eilt Aegisth mit Clytämnestra dem Gefürchteten entgegen. Ein Schmaus wird ihm zu Ehren gegeben; bei demselben überfällt eine gedungene Mörderrotte den Helden, und er erliegt unter ihren Messern. Nach Anderen soll Aegisth im Bade ein Netz über ihn geworfen, Clytämnestra ihn mit einer Axt vor die Stirne geschlagen und Aeglath ihn sodann erdolcht haben. Auf obenstehendem Bilde sehen wir Clytämnestra, wie sie mit einem Beile, das sie in beiden Händen schwingt, eben den tödlichen Streich auf A. führt. - A. war auch ein Beiname des Jupiter, unter welchem er in Sparta verehrt wurde.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 14-15.
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