Hippodamia

[250] Hippodamia (Gr. M.),

1) Tochter des Oenomaus, Königs von Elis, und der Plejade Asterope, war von höchster Schönheit und lockte reiche Freier an den Hof ihres Vaters; doch diesem war prophezeihet worden, dass sein Schwiegersohn ihn umbringen würde, und so wollte er denn seine Tochter nicht vermählen. Um nun die Bewerber abzuschrecken, machte er ihnen die Bedingung, dass jeder mit ihm einen Wettlauf halten müsse, welcher dem Sieger die schöne H., dem Besiegten aber den Tod von der Hand des Königs eintragen solle. Diess konnte Oenomaus um so eher thun, weil er Pferde von Pfeilschnelligkeit hatte; er liess darum in der Rennbahn den Freiern jedesmal so viel Vorsprung, als Zeit nöthig war, damit er dem Neptun, der ihm die Rosse geschenkt, ein Opfer bringen konnte, dann stellte er sich mit erhobener Lanze in seinen Wagen, und sein Wagenlenker Myrtilus fuhr so rasch und zügelte die Rosse so geschickt, dass er den voraneilenden Freier noch im Laufe mit der Lanze durchbohren konnte. Auf diese Weise fielen als Freier der Hippodamia neunzehn ausgezeichnete Helden. Diess schreckte endlich die Freier zurück, und es wollte sich Keiner mehr melden; endlich erschien Pelops; dieser sah bald, dass mit List allein zu siegen sei, versprach daher dem Myrtilus, welcher selbst die schöne H. liebte, wenn er ihm zum Siege verhelfen wolle, wolle er ihm gestatten, eine Nacht bei jener zuzubringen; und so steckte dieser statt der eisernen Nägel vor die Axen Stücke von schwarzem Wachs, und siehe, auf der Hälfte der Bahn rollten die Räder davon; Pelops kam glücklich zum Ziele, aber die Prophezeiung ging an Oenomaus sogleich in Erfüllung: er ward nämlich durch die wilden Rosse zu Tode geschleift. Myrtilus, der nun seine Ansprüche geltend machen wollte, ward von Pelops in's Meer gestürzt, wofür jedoch Mercur, dessen Sohn der Ermordete war, ihn und seine Familie immerwährend verfolgte, obwohl er ihm ein Heroon baute und Todtenopfer weihete, was er übrigens auch für alle die Gebliebenen jährlich mit grosser Feierlichkeit hielt. H. war in ihrer Ehe höchst glücklich und dankte dafür der Juno als Beschützerin der Ehen dadurch, dass sie einen Wettlauf von Mädchen anordnete; später aber zeigte sie sich als böse Stiefmutter und veranlasste den Tod des Chrysippus (eines Sohnes ihres Gatten von der schönen Danaïs), durch ihre beiden Söhne, Atreus und Thyestes, wesshalb Pelops sie verstiess; sie floh nach Midea in Argolis, woselbst sie auch starb (nach Einigen durch[250] eigene Hand). Ihre Gebeine wurden nach Elis zurückgebracht, und sie dort durch ein Heroon geehrt.

2) H., vermählte sich mit Pirithous; auf ihrer Hochzeit fiel der Streit der Lapithen und Centauren vor, in welchem die Letztern fast ausgerottet wurden.

3) H., hies eigentlich die berühmte Briseis, welche von ihrem Vater Birses diesen letztern Namen hatte.

4) H., die Gattin des Königs Amyntor. Dieser hatte eine Geliebte, Clytia, von ausserordentlicher Schönheit. Eifersüchtig, beredete H. ihren Sohn Phönix, zu versuchen, ob er des Mädchens Liebe nicht gewinnen könne, und diess gelang dem jungen Manne. Als sein Vater es erfuhr, verfluchte er seinen Sohn, und bat Jupiter, ihm Nachkommen zu versagen; Phönix floh zu Peleus nach Phthia, und erzählte dann vor Troja dem Achilles, dass der Fluch seines Vaters an ihm in Erfüllung gegangen.

5) H., Gattin des Autonous und von ihm Mutter von fünf Kindern, darunter ein Sohn, Acanthus, von den wilden Rossen seines Vaters zerrissen wurde. Acanthis, ihre Tochter, härmte sich darüber so ab, dass Apollo aus Mitleid alle in Vögel verwandelte.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 250-251.
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