Baumwolle

1. Aus der besten Baumwolle wird, das glaube mir, ohne Spinnmaschine kein Kasimir.

Eine gute Verfassungsurkunde ohne die erforderlichen organischen Gesetze und den Bau guter Applicationsmaschinen (Behörden, welche sie ausführen) ist das hülfloseste Ding auf Erden.


*2. Baumwolle ist Königin.

Sprichwort der Baumwollenjunker in den Sklavenstaaten der nordamerikanischen Union, ein Königthum, das zur Zeit auf schwachen Füssen steht.

Engl.: Cotton is king.


*3. Er mag die Baumwolle aus den Ohren nehmen.


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zu2.

Auf die Baumwolle gründet sich ein grosser Theil der englischen Aristokratie; sie ist eine der gewaltigsten Ursachen der ungeheuern Kapitalsbewegung der neuern Zeit, sie hat alle andern Bekleidungsstoffe in den Hintergrund gedrängt und ist einer der mächtigsten Gegenstände des kolossalen Verkehrs geworden, der auf Wasser- und Eisenstrassen die Welt durchzieht. Lange Zeit beherrschte die englische Baumwollindustrie unumschränkt den Markt Europas, und erst seit 1845 begann der Einfluss deutschen Fleisses sich bemerkbar zu machen. In England ziehen vier Millionen Menschen aus der verschiedenartigen Bearbeitung der Baumwolle ihren Unterhalt. (Vgl. den Artikel Spinnmaschine in der Schlesischen Zeitung, 1867, Nr. 184.)


4. Alte Baumwolle gibt keine guten Fäden.Ausland, 1872, S. 1205.


5. Aus Baumwolle wird kein Eisendrath.


*6. Einen mit Baumwolle angreifen.


*7. Er hat Baumwolle in den Ohren.

Wol hören, aber nicht hören wollen.

Holl.: Hij heef katoen in de ooren. (Harrebomée, I, 389b.)


*8. Er spinnt Baumwolle.

Hat einen starken Rausch. – Zur Bezeichnung der verschiedenen Grade des Trinkens und der Trunkenheit stelle ich hier nach Frischbier, I, 445 unter Weglassung der bereits in frühern Artikeln enthaltenen und zur Ergänzung derselben die Redensarten zusammen, die in Ostpreussen üblich sind. Es sind deren eine hübsche Zahl, und sie beweisen, dass die dortigen Trinker gegen die in andern deutschen Landen nicht zurückstehen. Von einem Trunkenen heisst es: Seine Brille ist fett. Er ist bekümmelt, beludert, benält, beneckelt (Danziger Nehrung), benippt, benutscht, beschnapst, beschwuchtet, beseelt, besogen betuntelt, bezieset, bezippelt. Er lässt die Buddel nicht los. (S. Ansehen 29, Boden 38, Hieb 16, Mass 94, Lampe 30, Laden (Verb.) 10, Molum, Palme, Odem 1, Schuss 28, Schatten 42.)


*9. Man sollt' ihn in Baumwolle packen. (Nürtingen.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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