Amt, das

[251] Das Amt, des -es, plur. die Ämter, Diminutiv. Ämtchen, Oberdeutsch Ämtlein, ein altes Wort, welches ehedem so wohl gewisse Dienstleistungen, als auch diejenigen Personen bedeutete, die dazu verbunden waren. Heut zu Tage bezeichnet es,

1. Überhaupt.

1) Den ganzen Umfang derjenigen Obliegenheiten, wozu jemand von einem Höhern angewiesen ist. Seinem Amte ein Genüge thun, demselben nachkommen, wohl vorstehen. Das ist mein Amt, mein Amt bringt es so mit sich. Das ist meines Amtes nicht, lieget mir nicht ob. Einem in sein Amt greifen, sich eine Verrichtung anmaßen, die einem andern oblieget. Die Freude, welche Ältern über ihre Kinder empfinden, belohnet sie für das mühsame Amt der Auferziehung, Gell. Von Amts wegen, aus einer in dem Amte gegründeten Pflicht. Ingleichen auch wohl einzelne Verpflichtungen und Befugnisse zu gewissen Verrichtungen in dem gesellschaftlichen Leben. In dieser Bedeutung sagt man auch in einzelnen Fällen, ein Amt auf oder über sich nehmen, des andern Amt verrichten. Einem ein Amt, (eine einzelne Verrichtung) auftragen. In der Theologie hat man das Mittleramt Christi, wozu dessen prophetisches, hohepriesterliches und königliches Amt gerechnet wird.

2) Die damit verbundene Würde und Vortheile. Ein geistliches, weltliches, obrigkeitliches, öffentliches Amt. Ein ansehnliches, mittelmäßiges, einträgliches Amt. Ein Ehrenamt. Ein Hofamt, Erzamt, Erbamt. Das Predigtamt. Nach einem Amte streben, ein Amt suchen, sich um ein Amt bewerben, um ein Amt anhalten. Ein Amt bekommen, erhalten. In ein Amt kommen. In einem Amte sitzen. Ein Amt verwalten, bekleiden. Ein Amt antreten. Er stehet schon zehen Jahre in einem öffentlichen Amte. Ein Amt niederlegen. Einen seines Amtes entsetzen. Das Amt ist erlediget. Ein[251] Amt eingehen lassen. Sprichw. Es ist kein Amt so klein, das nicht den Galgen verdienet. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand. Das Amt macht wohl satt, aber nicht allemahl klug.

2. Ins besondere und in eingeschränkter Bedeutung, einzelne Arten von Ämtern in der zweyten Bedeutung.

1) In der protestantischen Kirche das Predigtamt, welches im gemeinen Leben auch nur schlechthin das Amt genannt wird. In das Amt kommen. In welcher Bedeutung schon Apostelgesch. 6, 4. der Ausdruck, das Amt des Wortes, vorkommt. Ingleichen verschiedene gottesdienstliche Amtsverrichtungen. So wird in der Römischen Kirche die feierliche Messe, welche vor dem hohen Altare gehalten wird, das hohe Amt, oder das Hochamt genannt. So auch, das Amt halten, oder singen, Messe lesen. Das Meßamt. Das Choramt, die Haltung der kanonischen Stunden. Das Seelenamt, die gottesdienstlichen Übungen für die Seele eines Verstorbenen. Auch bey den Protestanten heißt das Amt halten, an einigen Orten so viel, als das Abendmahl austheilen. Das Amt der Schlüssel, die Gewalt die Sünde zu vergeben oder zu behalten.

2) Die Handhabung der Rechtspflege, und die Verwaltung der landesherrlichen Einkünfte eines Ortes oder einer Gegend, und eine solche Gegend selbst. In diesem Verstande wird das Wort Amt, wenn es schlechthin gesetzt wird, am häufigsten genommen, und da gibt es in verschiedenen Gegenden Deutschlandes Ämter, Kammerämter, Kreisämter, Oberämter, Chatoullen-Ämter u.s.f. Die meisten dieser Deutschen Ämter mit ihren Zubehören sind noch Überbleibsel der alten Curten, Bürge, oder kaiserlichen Schlösser, welche aus bekannten Ursachen nach und nach in die Hände des Adels oder der Landesherren gekommen sind. Dieß ist die einzige und wahre Ursache, warum die meisten landesfürstlichen Amthäuser in Deutschland alle diejenigen Hoheitsrechte besitzen, welche ehedem auf einer alten Deutschen Burg hafteten, und ein wesentliches Kennzeichen derselben sind. Noch in der Hildesheimischen Stiftsfehde von 1630 wurden die Hildesheimischem Ämter Schlösser genannt. S. auch Amtmann und Amtsaß. In andern, besonders Oberdeutschen Gegenden, sind Statt des Nahmens Amt die Benennungen Pflege, Pflegeamt, Kellerey, Vogtey, Ort, u.s.f. üblich. Oft wird im gemeinen Leben auch die Wohnung des Vorgesetzten eines solchen Amtes, das Amt genannt, für Amthaus.

3) Ein Collegium gewisser zu einer Verrichtung bestimmter Personen, und das Gebäude, wo selbige ihre Sitzungen halten. In diesem Verstande sagt man so wohl das Amt, für diejenigen Personen, die die Gerichtspflege in einem Amte in der zweyten Bedeutung verwalten, als auch das Postamt, das Bauamt, das Marschallamt, das Steueramt, das Kirchenamt, in Schlesien, das Consistorium, u.s.f.

4) Innungen alter und zahlreicher Handwerker, welche einige besondere Vorrechte genießen, zum Unterschiede von den schwächern und geringern Zünften, welche nur Werke oder Gilden genannt werden. In dieser Bedeutung ist das Wort am meisten in Niedersachsen, und besonders in den alten Hanseestädten üblich, wo einige Zünfte, z.B. der Schlösser, Schuster, Schneider, Drechsler u.s.f. das Recht haben, sich Ämter zu nennen. Indessen muß dieser Gebrauch auch in Oberdeutschland nicht ganz fremd seyn, denn Henisch hat Ambacht gleichfalls für Zunft, und Ambachtsmann für Handwerksmann. Das Holländ. Ambacht, und Schwed. Aembete, werden in gleichem Verstande gebraucht. Zuweilen führet auch wohl die Werkstätte eines Handwerksmannes den Nahmen eines Amtes. So kommt an einigen Orten Niedersachsens der Ausdruck Barbieramt für Barbierstube vor. Das[252] Amt berufen, das Handwerk zusammen kommen lassen. In das Amt freyen, durch Heirath eine Stelle in einer geschlossenen Innung erhalten.

Anm. 1. Die älteste Schreibart dieses Wortes, nicht nur bey den Alemannen, sondern auch bey den Angelsachsen ist Ambacht, und schon zu Cäsars Zeiten bedeutete Ambactus einen Clienten, Vasallen. Gemeiniglich hält man dieses Wort für Gallisch, welches sich doch aus Cäsars Stelle nicht erweisen läßt. Zwar versichert Festus, daß Ennius das Wort Ambactus gebraucht, welches in der Gallischen Sprache einen Knecht bedeute; allein Salmasius hat schon gezeigt, daß die Stelle im Festus verderbt ist, und weiter nichts sagt, als das Servus ambactus so viel als circumactus bedeute. Das Wort mag nun echt Römisch oder Gallisch seyn, so kommt es doch mit dem noch jetzt so wohl in den Niederlanden, als in Oberdeutschland üblichen Ambacht sehr genau überein, und erst in den spätern Zeiten zogen die Franken, Niedersachsen und Nördlichen Mundarten dieses Wort in Ambete, Embede, Ampt, und Amt zusammen. Ampt ist hierunter die unrichtigste Schreibart, weil, wenn ja ein Lippenbuchstabe beybehalten werden soll, es Ambt heißen müßte. Bey den Gothen lautete dieses Wort Andbahts. Sogar bey den Letten ist Ammats, und bey den Finnen Anmatti eine Verbindlichkeit, ein Amt, und im Isländ. bedeutet Ambact eine Magd; aus welchem weiten Umfange das hohe Alter dieses Wortes hinlänglich erhellet; daher sich auch von dessen Abstammung nichts als Muthmaßungen vorbringen lassen, bey welchen ich mich daher nicht aufhalte. Ursprünglich bedeutete Ambacht einen jeden Diener oder Bedienten, hernach einen Diener von höherer Art, einen Vasallen, und dann auch den Dienst und die damit verbundene Würde, welche letztere Bedeutung nunmehr die erste ganz verdränget hat. Von der Gerichtspflege kommt dieses Wort schon 1083 vor, wo es in einer Urkunde bey dem Haltaus heißet: judiciariam potestatem in Alemere quae ambaht vocatur. Der Oberdeutsche Plural heißt Amte, und diesen hat Luther 2. Chron. 23, 18. und Dan. 3, 12 beybehalten. Das Zeitwort amten, ein Amt verwalten, wirklich bekleiden, der amtende Bürgermeister, der regierende, ist bis auf das davon abgeleitete Beamter veraltet. Indessen war ambahten bey den Alemannen und Franken, andbahtjan bey den Gothen, und embehtan bey den Angelsachsen für dienen üblich. Einige Neuere haben dagegen den Zwitter amtiren, ein Kammeramt verwalten, einführen wollen.

Anm. 2. Amt gehet bloß auf die Dienste oder vorgeschriebene Verrichtungen, Würde aber nur auf den äußerlichen Vorzug, wenn solcher gleich zu keinen Verrichtungen verpflichtet. So sagt man wohl die adelige Würde, die Würde eines Hofrathes, aber nicht das adelige Amt. Die R.A. Kraft meines tragenden Amtes, ist theils unrichtig, weil das Partic. Act. hier keinen begreiflichen Verstand haben kann, theils pleonastisch, weil das Pronomen mein den Begriff, welchen das tragen haben soll, bereits hinlänglich ausdruckt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 251-253.
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