Glas, das

[695] Das Glas, des -es, plur. die Gläser. 1. Ein jeder glänzender Körper. In dieser weitesten Bedeutung war es ehedem sehr gewöhnlich, verschiedene Körper dieser Art zu bezeichnen. Daß die alten Deutschen den Bernstein Gles genannt haben, erhellet aus dem Tacitus und Plinius. Die alten Schweden nannten das Gold Gliis, Gläs, Bargläses, so wie die Phrygier aus eben dieser Ursache Gleros, Gliros. Auch das Latein Glacies, Eis, gehöret hierher. Im Deutschen kommt diese Bedeutung nur noch in den Zusammensetzungen Glaskopf, Glaserz, Spießglas u.s.f. vor, wo es so viel als Glanz bedeutet. 2. In engerm Verstande, ein feiner, derber, glänzender, durchscheinender, im Feuer beständiger Körper, der aus der Zusammenschmelzung erdiger Theilchen bestehet, und unter manchen Umständen auch eine Schlacke genannt wird. Das Sonnenfeuer verwandelt die meisten Körper in Glas. Bley läßt sich am leichtesten in Glas verwandeln. Daher die Zusammensetzungen Bleyglas oder Glätte, Kupferglas, Zinnglas. In beyden Bedeutungen ist der Plural nur von mehrern Arten üblich. 3. In der engsten Bedeutung, ein aus Sand oder Kieseln mit einem Alkali und Salz zusammen geschmelzter durchsichtiger glänzender Körper, welcher im gemeinen Leben zu mancherley Bedürfnissen gebraucht wird. 1) Eigentlich, wo der Plural gleichfalls nur von mehrern Arten gebraucht wird. Glas machen. Glas schleifen. Venetianisches Glas. Weißes, grünes, rothes Glas. Fensterglas, Spiegelglas, Frauenglas u.s.f. Zu Glas werden. Glas färben. Auf Glas mahlen. Figürlich wird auch die Hornahut im Auge der Pferde im gemeinen Leben Glas genannt. 2) Figürlich, aus diesem Glase bereitete Dinge, Diminut. das Gläschen, Oberd. Gläslein. Daher die Zusammensetzungen: Tintenglas, Essigglas, Uringlas, Trinkglas, Stundenglas, Brennglas, Fernglas, Vergrößerungsglas, Augenglas, Bierglas, Weinglas, Spitzglas u.s.f. theils Gefäße, theils andere Werkzeuge aus Glas zu bezeichnen. Im gemeinen Leben wird das Stundenglas nur schlechthin das Glas genannt. Ein Glas Tropfen, ein kleines Fläschchen. Am häufigsten ist ein aus Glas verfertigtes Trinkgeschirr unter dem Nahmen des Glases üblich. Die Gläser ausspülen. Ein Glas Bier, ein Glas Wein, ein Glas voll Bier oder Wein. Ein Glas Wasser trinken. Die vollen Gläser leeren. Ein Glas Wein oder ein Gläschen Wein trinken, im täglichen Umgange oft auch, so viel Wein trinken, als man eben bedarf oder zu bedürfen glaubt.

Anm. Glas, Glis, Gliz kommt in den mittlern Zeiten häufig für Glanz überhaupt vor, S. Glanz und 1. Gleißen. In der dritten eingeschränktesten Bedeutung lautet es schon bey dem Willeram Glas, im Isländ. Glaer, im Schwed. Glas, im Engl. Glass, im mittlern Lat. Glacia, Im Franz. Glace, im Dän. Glar, Glas, im Angels. Glaes.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 695.
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