Glas

[86] Glas, ein Kunstprodukt, bestehend aus kieselsaurem Kali oder Natron oder aus beiden zugleich mit einem od. mehren kieselsauren Salzen, wie kieselsauren Kalk, Bittererde, Baryt, Strontian, Alaunerde, Manganoxydul, Eisenoxydul und Oxyd und Bleioxyd. Der Quarz, Feuerstein und Sand liefern hiezu die Kieselsäure; die Potasche u. Holzasche das Kali; die künstliche und natürliche Soda, Glaubersalz mit Kohle, Kochsalz, das Natron; Schwerspath mit Kohle den Baryt; gebrannter gelöschter Kalk, Kreide, den Kalk; Bleiglätte, Mennige etc. das Blei u.s.w. Diese Ingredienzien gepulvert und nach den richtigen Verhältnissen gemengt, geben den G.satz od. die G.fritte. Diese wird gewöhnlich zu erst im Frittenofen einer gelinden Hitze ausgesetzt, wobei das Wasser nebst einem Theil Kohlensäure entweicht, hierauf in die G.häfen gebracht, welche in dem G.ofen auf Bänken ruhend durch Flammenfeuer einer steigenden Hitze ausgesetzt werden, bis nach circa 12 Stunden die G. masse frei von Blasen, Quarzkörnern und Streifen ist. Chlorkalium, Chlornatrium, schwefelsaures Kali u. Natron, schwimmen als eine dünne geschmolzene Schichte über der G. masse und werden als G.galle abgeschöpft. Hierauf wird das G. geformt, dann im Kühl- oder Temperirofen von der Glühhitze an möglichst langsam abgekühlt. Die Form des Hohl- und Tafel-G.es wird mittelst eiserner Röhren (Pfeifen), an deren einem [86] Ende sich ein runder Knopf befindet, durch Blasen gegeben. Das Fenster- u. Spiegel-G. verfertigt man durch Ausgießen der glühenden G. masse auf metallene Tafeln. Ein Zusatz von Beinasche ertheilt dem G.e Trübung u. liefert das Bein-G. Ein Zusatz von Kupferoxydul liefert blutrothes; Goldpurpur, karminrothes; Braunstein, violettrothes; Kobalt und Kupferoxyd, blaues; dieselben mit Eisenoxyd, Chronoxyd, grünes; Spießglanz-G., Eisenoxyd, gelbes G. Durch Zusammenschmelzen des gestoßenen G.es mit Kupfer- und Eisenfeile erhält man das Aventurin-G. Goldhaltiges Rubin-G. erhält man, indem man das in Königswasser gelöste Gold mit reinem gestoßenen Quarz vermischt, sodann Salpeter, Soda, kohlensauren Kalk, arsenige Säure, Mennige u. Antimonoxyd beifügt, u. das Gemenge in einem G.hafen 3 Stunden lang der Weißglühhitze aussetzt. Das schönste weiße G. liefern die Glashütten Englands, besonders berühmt ist ihr Flint und Crown-G., in neuerer Zeit zu Benediktbeuern in Bayern eben so schön u. gut verfertigt; Frankreich hat schönes Krystall- u. Spiegel-G.; Böhmen schönes weißes G.; Rußland und Venedig besonders Spiegel-G. – Die Erfindung des G.es ist sehr alt u. wird den Phöniziern zugeschrieben. Aus dem Oriente kam die G.macherkunst mit den Römern nach Griechenland und Italien; im Mittelalter und noch später waren die G.hütten Venedigs die berühmtesten in Europa.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 86-87.
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